Noch ganz dicht?
Zur Poetologie der Moderne zwischen Ästhetik und
Selbstfindung
»The
experience of a poem is the experience both of a moment and of a lifetime.« (Die
Erfahrung eines Gedichts ist die Erfahrung eines Augenblicks und gleichzeitig
die eines ganzen Lebens)
(T.S.
Elliot)
„In der dichtung – wie in aller
kunst-bethätigung ist jeder der noch von der sucht ergriffen ist etwas
"sagen" etwas "wirken" zu wollen nicht einmal wert in den
vorhof der kunst einzutreten.“
(Stefan
George, Blätter für die Kunst, Folge 2, Bd. 4, 1894, Oktober, S. 122.)
"Ein Gedicht entsteht überhaupt
sehr selten – ein Gedicht wird gemacht."
„Ich verspreche mir nichts davon,
tiefsinnig und langwierig über die Form zu sprechen. Form, isoliert, ist ein
schwieriger Begriff. Aber die Form ist ja das Gedicht. Die Inhalte eines
Gedichtes, die hat ja jeder, aber Lyrik wird daraus nur, wenn es in eine Form
gerät. Eine isolierte Form, eine Form an sich, gibt es ja gar nicht. Sie ist
das Sein, der existentielle Auftrag des Künstlers, sein Ziel."
"Artistik ist der Versuch der
Kunst, innerhalb des allgemeinen Verfalls der Inhalte sich selber als Inhalt zu
erleben und aus diesem Erlebnis einen Stil zu bilden, es ist der Versuch gegen
den allgemeinen Nihilismus der Werte eine neue Transzendenz zu setzen: die
Transzendenz der schöpferischen Lust.“
„Im Grunde also meine ich, es gibt
keinen anderen Gegenstand für die Lyrik als den Lyriker selbst.“
(Gottfried
Benn in Probleme der Lyrik, am 21.4.1951 in Marburg gehaltener Vortrag)
„Die Metaphern sind völlig verschwunden,
die Worte haben jede Verkleidung, Verhüllung abgelegt, kein Wort fliegt mehr
einem anderen zu, berauscht ein anderes. Nach einer schmerzlichen Wendung,
einer äußerst harten Überprüfung der Bezüge von Wort und Welt, kommt es zu
neuen Definitionen.“
(Ingeborg
Bachmann in ihrer 2. Frankfurter Poetikvorlesung)
„Je größer der Druck, dem das Gedicht
sich ausgesetzt sieht, desto schärfer drückt es diese Differenz aus. Sein
politischer Auftrag ist, sich jedem politischen Auftrag zu verweigern und für
alle zu sprechen noch dort, wo es von keinem spricht, von einem Baum, von einem
Stein, von dem was nicht ist.“
„Das Gedicht, das sich, gleichviel ob
aus Irrtum oder Niedertracht, verkauft, ist zum Tode verurteilt.“
(Hans
Magnus Enzensberger)
„Im Universum der Psychen, dem wir
trotz aller technischen Fluchtversuche immer noch angehören, ist sie [die
Poesie] das einzige Navigationsinstrument, das durch die laufenden Katastrophen
leitet, auch wenn sie niemals aus ihnen herausführt“
(Durs
Grünbein. Werkstatttagebuch, Das erste Jahr)
"Es gibt keine literarischen
Manifeste mehr"
(Durs
Grünbein, Vom Stellenwert der Worte, Frankfurter Poetikvorlesung 2009)
Da
stehen wir nun, haben nichts und wissen kaum weiter – vielleicht sollten wir
uns fragend dem Ziel nähern, statt Etwas nur die Suche als Ziel betrachten –
eine Annäherung erstreben, mehr nicht. Dichter sein wollen, ohne zu wissen wie
oder was es ist, scheint mehr als schwer – machen wir uns also unter der Hand
der Zitierten Größen auf den Weg zu einer Spurensuche, wer nichts weiß, wie ich
eben auch, hat zumindest nicht viel zu verlieren dabei, sich die Dinge der
Dichtung mal zu betrachten.
Berühmte
Dichter vorsprechen lassen, um sich auf dem Weg zu dem zu machen, was Dichtung
uns heute sein könnte, hat zumindest den Vorteil beglaubigter Erfahrung, auch
wenn wir uns unsere Antworten, auf das, was uns gefällt, und wie wir schreiben
wollen, weiterhin selbst geben müssen. Ob diese Worte ein Leitstern sein können
oder die Verwirrung nur vertiefen, wird sich vielleicht zeigen, sowenig am Ende
im Konsens bleibt, könnten wir eigentlich nach den Worten Grünbeins den
theoretischen Versuch beenden, das Feld den Wissenschaftlern überlassen und wie
gehabt orientierungslos weiterdichten oder ehrfürchtig verstummen. Weder noch
scheint erstrebenswert und so sei zumindest der Versuch gewagt, sich einen Weg
zur verdichteten Sprache zu suchen.
Dieser
Text, dies sei zur Abschreckung oder Erleichterung aller gesagt, soll den Spaß
an der Poetik mit dem Nachdenken über sie erhöhen. Es geht nicht darum ein
neues wissenschaftliches Werk zu schreiben, sich in Beweisen zu verlieren, dazu
fehlte im übrigen dem hier sudelnden Autor jede Legitimation und Kompetenz,
sondern, den Zwischenraum zu nutzen, der sich als denkender Dichter auf die
Grenzen seines Könnens stoßend, plötzlich ergibt, wenn ich mich frage, was sind
die Maßstäbe meines Dichtens und wie urteile ich über Dichtung heute.
Sind
wir noch ganz dicht oder haben wir jedes Maß verloren?
Hat
die Dichtung noch eine Form oder ein Handwerk und was sagt uns dieses heute,
war der Anfang der Fragen, die sich ein Schreibender bei dem Versuch stellte,
Maßstäbe für sein Tun zu finden. Weitere Fragen brandeten bei der Beschäftigung
mit dem Thema auf und suchten als Schreibender und als Leser nach Antworten.
Gelten
noch Regeln nach dem Aufbruch in die Moderne, ist der Inhalt wichtiger als die
Form und wenn ja, warum dann noch Poesie und nicht Prosa, wenn die Regeln alle
fielen?
Wie
unterscheide ich gute von schlechter Dichtung, wo beginnt die Kunst und wie
lange ist es nur Reimerei oder gefühliges Gerede?
Wie
schließlich vermittele ich Schülern ein Lehrplan taugliches Wissen von einer
Dichtkunst, die sich noch wandelt und im Wachstum begriffen ist?
Was
lehren die Universitäten in der Poetologie, wie kann der Versuch der Größe
erlernt werden in heutiger Dichtung, ist ein Workshop in Poetik noch
handwerklich oder geht es eher, wie in einem spirituell angehauchten Yoga Kurs
darum, die Worte in sich zu fühlen und zum Schwingen zu bringen, geht es gar um
inhaltliche Schwerpunkte, was ist angesagt und warum?
Wovon
gehen wir aus und wo führt der Weg hin?
“Die
Poetik ist die Lehre von der Dichtkunst und die Poetologie ist die die
dazugehörige Wissenschaft“, können wir in Lexika lesen und finden dieses
herrschende Wissen weit verbreitet als abschließend, auch wenn es nur neue viel
komplexere Fragen aufwirft.
Wie
dicht ist die Dichtung und wenn ja worüber?
„Die
Dichtungstheorie setzt sie sich theoretisch mit dem Wesen der Dichtung, mit
ihrer Wirkung, ihrem Wert, ihren Aufgaben, ihren Funktionen, ihren spezifischen
Ausdrucksmitteln und ihren poetischen Gattungen auseinander.“
Klingt
wissenschaftlich, ist also vielleicht dem Thema gemäß, nur nicht der Art und
Weise meines Schreibens und des verkündeten Anspruchs hier. Es fragt sich nur,
ob ein so komplexer Satz mit so dichten Aussagen nicht von vornherein zerteilt
werden sollte, um ihn lesbarer, verständlicher und der Größe des Inhaltes gemäß
zu behandeln, wir also einfach Punkt für Punkt vorgehen, diesen Bereich zu
durchleuchten und der Dichtung einen Rahmen zu geben, in dem sie so
orientierungslos wie kreativ bleiben kann.
Stellen
wir also obige Frage zum Thema der Dichte in der Lyrik, zur Fülle der Sprache
im Wohllaut einen Moment zurück, um uns mit den Themen auseinanderzusetzen, die
dort aufgeworfen wurden.
Wesen
der Dichtung
Wesen
ist die Essenz von etwas oder jemand, dass nach dem wir mit der Frage, was es
ist, suchen. Dann könnte die Essenz der Dichtung zumindest die verdichtete
Sprache sein, wobei wir uns bei rein lautmalerischen oder
buchstabenbildnerischen Gedichten fragen könnten, was hier verdichtet wird an
sprachlichen Inhalten, sofern die Inhalte überhaupt noch entscheidend sein
können, es um sie geht. So sie keine Rolle mehr spielen, bliebe vom Wesen an
sich nur die Verdichtung und das klingt zumindest so, als enthielte es rein
sprachlich alles, was Dichtung ausmacht.
Wer
heute die Dichtung googelt, kann sich freuen zumindest noch den künstlerischen
Schaffensprozess an erster Stelle zu sehen und nicht die Abbildung von
Gummiringen, die dann ab Platz 2, überhand über die Lyrik in Deutschland
übernehmen, wobei ich mich natürlich fragen muss, ob das nicht sogar an der
Personalisierung von Google liegt, die mich schon so gut kennen und also die
kleine Freude dem fernen Grauen weichen müsste, was wohl der Rechner meines
heimwerklich und handwerklich gerne tätigen Nachbars so zum Besten gäbe, aber
lieber freue ich mich noch an der so geglaubten Bedeutung der Dichtung.
Als
Dichtung bezeichnet man übrigens in der Technik Elemente oder Konstruktionen,
die die Aufgabe haben, ungewollte Stoffübergänge von einem Raum in einen
anderen zu verhindern bzw. zu begrenzen, wie wir beim weiterlesen erfahren
können und was uns zu interessanten inhaltlichen Gedanken zur Dichtung im
allgemeinen veranlasst – will die Lyrik nicht das genaue Gegenteil, indem sie
den Geist für Worte öffnet und so Stoffübergänge inhaltlich ermöglich,
Bedeutung vervielfacht?
Aber
das ist vielleicht schon eine Frage der Wirkung und des Inhaltes, womit wir
schon beim nächsten Punkt wären, was die Konzentration förderte und zu weite
Abirrungen verhinderte, wären wir uns klar, was Lyrik nun eigentlich ist, da
dies zumindest bei mir nur beschränkt der Fall war, konnte ich da noch mit
Sicherheit sagen, ich wusste, was ich tat, wenn ich Sprache verdichtete, wusste
etwas vom Wesen der Dichtung oder stotterte ich blind, bevor ich mich etwas
mehr im Detail fragte, was ich tat?
Lyrik
gehört neben der Epik und der Dramatik zu den drei Gattungen der Literatur. Der
Begriff Lyrik stammt vom griechischen "Lyra" = Leier, bzw. lyrikós
ab. Letzteres bedeutet "zum Spiel der Lyra gehörend, mit
Lyrabegleitung". Ursprünglich waren damit Gesänge gemeint, die mit der
Lyra begleitet wurden, denn bei den Griechen bestand Lyrik vorwiegend aus
Festdichtung im eigentlichen Sinn, d. h aus Liedern, die zur Leier (Lyra) gesungen
wurden, und aus Chorliedern", was in Zeiten des Rap oder der Poetry Slams
eine spannende Wiederauferstehung findet und so hat jede Zeit ihre lyrischen
Lieder und es wäre vermutlich falsch aus dem eigenen melodischen Empfinden
einen Wert ableiten zu wollen und nur weil ich so unmusikalisch wie Thomas
Buddenbrook bin, muss mir ja die Musik der Sprache nicht fernliegen, die
Melodie der Buchstaben unhörbar bleiben, lassen wir das also als nicht mein
dichtendes historisches Faktum stehen, und schließlich singe ich ja auch gern,
insbesondere, wenn es niemand mit tonalen Ansprüchen hört, ob diese
irrelevanten Neigungsfragen nun etwas zur Dichtung verraten sei dahingestellt,
ihr auftreten könnte aber zumindest ein Indiz dafür sein, dass es auch
irgendwie eine Frage des Gefühls ist. Allgemein ist Lyrik alles in Gedichtform
Geschriebene und Überlieferte. Die lyrische Form ist meist kurz, eine
Gliederung erfolgt in Versen und Strophen und manchmal gilt das bis heute und
die Schnittstellen sind überraschend.
Die
Zuordnung eines literarischen Werkes zur Gattung Lyrik lässt sich nicht auf
rein formale Elemente reduzieren. So ist Lyrik nicht unbedingt an den Reim und
eine bestimmte rhythmische Gestaltung gebunden. Das Vorhandensein eines
strukturierenden Versmaßes und/oder eines Reims wurde zwar bis ins 20.
Jahrhundert bei der Identifizierung eines lyrischen Textes angenommen, moderne Texte
arbeiten jedoch auch mit freien Versen und mit freien Rhythmen. Es geht um die
Form, aber die Form ist nur ein bedingt tauglicher Maßstab zur Abgrenzung wir
schweben also weiter ohne etwas konkreteres als das Gefühl, das ist wohl
Dichtung und die finde ich nun gut oder nicht.
Wichtig
für die Zuordnung eines lyrischen Textes sind heute die Bildhaftigkeit, besondere
sprachliche Ausdrucksmittel, Klangreichtum, Stimmungshaftigkeit und
Rhythmusbetontheit, Assoziationsreichtum, sowie das Aus- bzw. Ansprechen von
Empfindungen. Was einen weiten Rahmen gibt zur Wertung aber wenig an die Hand
gibt.
Der
Begriff „lyrisches Ich", der noch vielfach für den Sprecher benutzt wird,
ist dagegen von der außergewöhnlich einigen Literaturwissenschaft inzwischen
ganz nebenbei überholt worden, ohne dass es schon alle Lehrer mitbekamen. Heute
wird allgemein den Thesen des Literaturwissenschaftlers Dieter Burdorf (geb.
1960), der in seinem Buch „Einführung in die Gedichtanalyse“ (1997 ff.)
eindringlich vor der Verwendung dieses Begriffs warnt. Das ICH im Gedicht ist
lediglich ein „artikuliertes“, denn hinter diesem ICH verbirgt sich nicht der
Autor des Textes, sondern eine Instanz, die der Autor zwischen sich und den
Text stellt. Er ist durchaus mit dem Erzähler in Prosatexten vergleichbar, also
eine fiktive Figur. Das „lyrische Ich“ wird jedoch sehr häufig mit dem Autor
des Gedichtes identifiziert. Meistens bin ich auch ich wenn ich mal ich
benutze, aber was weiß ich schon, vielleicht sollte ich mehr ich schreiben und
nicht mich meinen sondern es oder sie, die letzte Instanz, dann würde ich mein
ich im Text bedeutender und zeitgemäßer machen auch wenn ich dann langsam
hinter dem so transzendierten ich verschwände und dabei geht es mir doch selten
um mehr als mich, geschweige denn, dass ich von sonst etwas wüsste als mir.
Es
gibt eine Vielfalt lyrischer Ausdrucksmöglichkeiten. Lyrik ist sehr
traditionsreich in bezug auf Inhalt und Form, etwa in der Formenstrenge des
Sonetts. Der Inhalt-Form-Zusammenhang modernerer Lyrik wird oft weitgehend über
die Form vermittelt. Die Form der Dichtung kann den Inhalt verdeutlichen. In
der konkreten Dichtung (konkrete Poesie oder auch konkrete Literatur) wird das
Gedicht sogar oft auf sein reines Sprachmaterial bezogen, auf seine optischen
bzw. akustischen Aspekte, auf Wörter, Buchstaben, Satzstrukturen. Womit ich nun
weiß, ich kann es auf viele Arten tun, solange ich es tue, kann es auch mehr
auf die Form als auf den Inhalt ankommen, wobei sich mir dann die Frage
aufdrängt, ob der Inhalt eher formell betrachtet wird oder die Form zum Inhalt
wird aber vielleicht klärt sich das ja im Laufe der Suche nach der Poetologie,
die mich berührt und mein Schreiben bewegt.
Wirkung
Lyrik
hat eine Wirkung auf uns, auch wenn wir sagen, sie hat keine Wirkung und
tangiert uns nicht, dann ist diese Haltung bestätigen auch eine Wirkung,
zumindest eine widerständige Meinung. Unklar ist noch was für eine und warum.
Beruht die manchmal eigentümliche Wirkung von Gedichten darauf, dass sie
Gefühle ansprechen, die im Alltagsleben oft zu kurz kommen?
Wirken
noch Gedichte, die genau diese Absicht haben, etwa die Verse der Werbung oder
die Lieder in Diktaturen, wirkt die Gebrauchslyrik noch lyrisch oder wird sie
zur Hure der Absicht dahinter?
Ist
die Lyrik eine willige Hure oder nichts als Worte?
Sie
ist es sicher und sie wird es in der käuflichen, postdemokratischen
Gesellschaft immer mehr, wo es eher um den Marktwert als die Inhalte geht, weil
nur, was sich gut verkauft, gut sein kann, der Buchmarkt und sein Marketing zur
Größe des Gefallens wird, während sich Monopolisten in Schlachten um die
Anteile balgen, Übernahmen tarnen und sich im staatlichen Schutzraum
vermeintlicher Freiheit weiter bereichern als machten die globalen Spieler auch
einfach nur Bücher wie der Verleger von nebenan. Aber wer wollte etwas dagegen
sagen, zumindest manchmal wagen sie noch Lyrik, wer wollte nicht davon
partizipieren und wer das Glück hat von einem der Großen verbreitet zu werden,
wird sich freuen dürfen, wie weit auch Lyrik sich mit dem richtigen Marketing
verbreitet, wie gut die Wirkung auf die eigenen chronisch klammen Kassen ist –
aber ist das schon Dichtung oder noch Wahrheit über die Wirkung der Lyrik im
Zeitalter der Messbarkeit der Qualität, sind wir da nicht schon beim falsch verstandenen
Wert?
Wert
Hat
die Lyrik noch einen Wert jenseits des messbaren Marktanteils und wenn ja, wie
messen wir ihn, fragt sich bei der Wertanalyse neuer Dichtung im multimedialen
Zeitalter der Dichter vor dem Berg der angehäuften Worte, aus der Beliebigkeit,
denen er gerne ein etwas entgegensetzte.
Einen
hohen Wiederkennungswert jedenfalls haben die Verse der Werbung, wenn sie als
solche ins Gedächtnis dringen und dort bleiben, erhöhen sie den Marktwert des
beworbenen Produktes, all dies ist irgendwie messbar, hat aber wohl weniger mit
Lyrik als Literatur zu tun, denn als Gebrauchsgegenstand, fraglich nur, ob das
ihren Wert mindert, überlege ich zwischen Markt und Elfenbeinturm ein wenig
verwirrt und fragen darum einen zum Wert, der sich damit auskannte, mit dem
Elfenbeinturm, dem sphärischen Sein des Dichters und der Selbstvermarktung, der
sich dernehmlich so ernst nahm, wie er teilweise bis heute genommen wird, ein
kultisches Bild der Wertschöpfung inszenierte. Stefan George meinte das Folgende
zum Wert der Dichtung:
Den wert der dichtung entscheidet nicht
der sinn (sonst wäre sie etwa weisheit gelahrtheit) sondern die form d.h.
durchaus nichts äusserliches sondern jenes tief erregende in maass und klang
wodurch zu allen zeiten die Ursprünglichen die Meister sich von den nachfahren
den künstlern zweiter ordnung unterschieden haben.
Der wert einer dichtung ist auch nicht
bestimmt durch einen einzelnen wenn auch noch so glücklichen fund in zeile
strofe oder grösserem abschnitt. die zusammenstellung das verhältnis der
einzelnen teile zu einander die notwendige folge des einen aus dem andern
kennzeichnet erst die hohe dichtung.
Es
geht also nicht um den Sinn, wenn wir vom Wert sprechen, sondern um die Form,
die auch nicht formal sondern innerlich erregend eine Unterscheidung
ermöglicht, sofern sich im Verhältnis der Teile die notwendige Folge
auseinander ergibt. Wem das unklar verwirrend erscheint, irgendwie mehr
gefühlig als sachlich, gehört wohl nicht zum hehren Kreis der George Jünger,
was aber heute wenig macht, oder gerade, wenn es jenseits aller Logik hellauf
begeistert. Mir eher ungläubig glücklichen Menschen fällt tieferes Verständnis
da schwer, aber dennoch sollten wir nicht blind sein für die auch reale
Wertschöpfung des Geistes dieser Gruppe von irgendwie Geistersehern, zumindest
Jüngern.
Ein
Wert dieser Werte im Inneren könnte sich bei dem George Jünger Graf Claus Stauffenberg
gezeigt haben, als er seinem Gewissen folgte und zum Widerstand schritt, wenn
auch erfolglos, äußerte sich der bleibende Wert der lyrischen Gemeinschaft noch
in seinen letzten Worten bei der Erschießung im Bendlerblock, als er ausrief,
„Es lebe das geheime Deutschland!“ – damit hätten wir einen Ausgangspunkt für
lyrischen Wert, nach der wir vielleicht eine neue Skala finden könnten, das Maß
der Identifikation – wie wenig dies tatsächlich messbar ist, macht es in meinen
Augen nicht unsympathischer. Manchen soll sie sogar noch als Kunst ein Wert an
sich sein, ohne alle Nebenzwecke und vor allem jenseits der Alternativlosigkeit,
die menschliches Handeln maschinell macht, aber um hier nicht künstlich
künstlerisch wirken zu wollen in eingebildeter Anmaßung, soll dies bei der
nüchternen Betrachtung der Wertschöpfungskette außen vor bleiben, denn sich mit der Kunst gemein zu machen ist dem
Analytiker der Situation immer fernliegend, raubte er sich doch viel seiner
Objektivität.
Aufgaben
Heutige
Hauptaufgabe der Lyrik ist ihre Funktion in Werbung, Marketing und zur
Unterhaltung etwa im Karneval, denn selten wird so viel gereimt wie in der
närrischen Zeit zum Spott, nur ist die Reimerei noch Lyrik oder ist eine
Aufgabe der Lyrik auch ihre Abgrenzung als Kulturgut von der bloßen
Gebrauchsverseschmiede?
Fragen
wir doch noch mal den Elfenbeinturmbewohner George, worauf es ankommen könnte,
ob es eine Aufgabe gibt:
Jeder widergeist jedes vernünfteln und
hadern mit dem leben zeigt auf einen noch ungeordneten denkzustand und muss von
der kunst ausgeschlossen bleiben.
Aufgabe
der Kunst könnte es nach Stefan George also sein, einen Teil derer, die darüber
nachdenken, auszuschließen, da sofern nicht alles klar und im Denken geordnet
ist, es keine Kunst sein könne. Damit wissen wir zwar auch nicht viel über die
Aufgabe der Kunst, denn als Ordnungsmacht, die große von kleinen Geistern trennt,
nach nicht greifbaren Maßstäben subjektiver Selbstfindung, aber zumindest
werden die stringenten Maßstäbe georgischen Denkens deutlich, denn Ausschluss
scheint heute weniger Thema zu sein, denn Suche und Frage in der postmodernen
und postideologischen Gesellschaft voller Fragezeichen. Eine konkretere Aufgabe
lässt sich nicht finden, sowenig wie ein begrenzter Rahmen der Wirkung. Aber
eine Art Elitebewusstsein unter den dichtenden Geistern ist doch zumindest ein qualifizierbarer
Mehrwert, auch wenn wir damit noch nicht wissen, welche Kriterien dafür erfüllt
sein müssen und was wir dafür tun können,
Kunst zu schaffen und nicht nur keine weil wir noch
widergeistern,vernünfteln und hadern.
Funktionen
Bei
den Funktionen der Dichtung findet der im Netz Suchende sich schnell
vollständig von der Technik überrannt, die hier nicht nur die ersten sechs
Plätze aller Individualisierung zum Trotz einnimmt, sondern auch nach einem
Horaz noch dominant bleibt. Aufgegeben haben wir den Weg hier vertiefende
Erkenntnisse zu erlangen, als unter dem inspirierenden Titel „Dichtung mit
ewigem Leben!“ nur noch zu erfahren ist, dass Dichtsysteme funktionswichtige
Konstruktionselemente aller technischer Produkte sind, wie baumaschinen.de uns
verriet.
Nur
wer sich wieder auf die griechischstämmige Lyrik besinnt, wird bei den
Funktionen fündiger und entdeckt, dass es doch noch Funktionen jenseits
funktionaler Beschränkung des dicht seins einer Verbindung geben kann, es der
Dichtung nicht nur um die Undurchlässigkeit geht, sondern um neue
Gedankenschlupflöcher. Also scheint funktionale Dichtung in Deutschland eher
ein technisches denn ein literarisches Problem, damit hier eben alles dicht ist
und ob bloß Literatur solches gewährleisten kann, scheint zumindest fraglich.
Die
folgenden Funktionen unterscheiden die Sprachzergliederer feinsäuberlich und
lassen an die veterinärmedizinischen Termini der Zergliederung beim doch nur
Schlachten denken:
Alle
diese 6 Sprachfunktionen sind in jeder Sprachäußerung beteiligt, aber in
unterschiedlicher Gewichtung und in der Textlinguistik werden Textsorten nach
der jeweils dominanten Sprachfunktion unterschieden. Worauf es wohl ankommt,
haben wir nun festgestellt, nun werden wir weiter elementar suchen, um auf
dieser Spur fündig zu werden.
Ausdrucksmittel
Die
Ausdrucksmittel der Lyrik scheinen der Schlüssel zur Schönheit in manchem zu
sein. Gern zitierter raunender George meinte dazu:
Reim ist bloss ein wortspiel wenn
zwischen den durch den reim verbundenen worten keine innere verbindung besteht.
Freie rhythmen heisst so viel als
weisse schwärze, wer sich nicht gut im rhythmus bewegen kann der schreite
ungebunden.
Strengstes maass ist zugleich höchste
freiheit
Was
uns wieder erwartungsgemäß bei der formalen Analyse unseres Handelns nicht viel
weiterbringt und da dies kein George Verriss werden soll – warum auch, als ob
es dafür noch ein anderes Bedürfnis als das historische gäbe? – sollte doch noch
ein wenig nach den Formen zwischen Ausdruck und Inhalt gesucht werden.
Die
Versanalytiker wissen, was sie meinen, wenn sie zunächst von den melopoetischen,
also klangorientierten Ausdrucksmitteln wie Klangfarben, Melodie, Rhythmus und
Onomatopoesie sprechen, der Dichter spürt es, so er genial ist einfach, sonst
lernt er es oder sie tut selbiges, um den Worten Musik zu geben, ohne notwendig
Gesang zu werden.
Nach
dem Hören kommt das Sehen und also die phanopoetischen, sprich bild‐ und vorstellungsorientierte Ausdrucksmittel, die da
sind Bild, Vergleich, Metapher, Metonymie, Katachrese, Oxymoron, Synästhesie,
Allegorie, Symbol.
Logisch
kommen wir nun vom Sehen und Hören endlich zu den Inhalten, zu den logopoetischen,
also bedeutungsorientierten und argumentativen Ausdrucksmitteln, die das sind Antithese,
Klimax, Antiklimax, Wortspiel, Paradoxon, Anspielung und sogar noch andere.
So
bleiben uns, bevor es um die Haltung geht, die wir zu ihnen einnehmen noch die
auffälligen Stilmittel, als die Parataxe, Hypotaxe, Asyndeton, Polysyndeton,
Ellipse, Zeugma, Anakoluth, Inversion, Parallelismus, Chiasmus, Antithese,
Litotes, Meiosis, Euphemismus und Hyperbel gelten – wer sie nicht kennt, kann
sich nun bewegen, den Schlüssel zum Verständnis zu entdecken, für alle übrigen
noch wacker weiter lesenden ist jede Weiterführung hier entbehrlich und das
schöne an der Lyrik ist ja auch, dass sie klares Handwerkszeug hat mit dem
Dichter wie Interpret geübt jonglieren, in einer Sprache neben der Sprache,
darum war es wichtig diese zumindest zu benennen, suchen wird sich jeder selbst
seinen gerade passenden Weg.
Stilhaltungen
sind vielfältig und oft tabellarisch vorgeführt, um den Kontext und ihr
Zusammenspiel zu verstehen, worauf im hier fließenden Text natürlich verzichtet
wird, was aber nichts an ihrer Schlüsselfunktion zum Verständnis ändert, bei
dem sie uns helfen, die kleinen Reimereien von großen Versen zu trennen, ein
wenig Orientierung zu finden. So sind sie emphatisch, neutral, distanziert, heiter
oder lyrisch sachlich, kritisch, spielerisch und manchmal emphatisch, trocken,
spöttisch, witzig bis zu patheitsch, reflektierend, ironisch, komisch, aber
auch nicht ohne gelegentlich enthusiasitisch, didaktisch, sarkastisch, absurd
zu sein und zu bleiben.
Überschaubarer
sind die intendierten Wirkungen, dahingestellt, ob das am bescheideneren
Horizont der Dichter liegt, an der womöglich noch beschränkteren
Vorstellungskraft ihrer Interpreten, oder einfach ist, wie es ist, und also emotiv,
kognitiv, praktisch, unterhaltend oder voller Ergriffenheit, Einsicht,
Betroffenheit, Entspannung auf der Suche schließlich nach Tiefe, Klarheit,
Schärfe, Leichtigkeit.
Schon
die Klangfülle der verwandten Begriffe macht deutlich, es geht um den Kern von
dem, was eben ausgedrückt oder, schlicht gesagt, rüber gebracht werden soll,
voller Gefühl aber mit gutem Handwerk klar ausgedrückt und verstehbar.
Poetischen
Gattungen
Die
poetischen Gattungen sind ein unermesslich weites Feld, darum ist es erfreulich,
dazu erstmal eine wunderbar klare Äußerung eines mittelgroßen Dichters zu
lesen:
Die drey Hauptgattungen der Poesie
überhaupt sind die epische, die lyrische und die dramatische.
(August
Wilhelm Schlegel)
Leider
können wir es nicht ganz darauf beruhen lassen, wenn wir verstehen wollen, was
wir tun und was wir damit sagen, ob wir uns nun etwas dabei denken oder nicht,
denn zumindest können dann auch wir Dichter jedenfalls ex post erfahren, was
wir meinten, indem wir es so sagten und einen tieferen Sinn erkennen lernen,
auch wenn wir diesen schon an sich bezweifeln, was dem Absurden dieser
Tätigkeit zumindest eine Richtung gibt.
Darum
nun noch eine Unterscheidung lyrischer Gattungen nach der Form, wie sie früher
schon üblich waren und wie wir sie nun zwanglos nutzen können, ins Krosett uns
begebend oder an diesem variierend, einen Kontrapunkt bildend oder eine
spielerische Fortsetzung.
Man
kann bei lyrischen Gattungen eine Unterscheidung nach der Form vornehmen.
Formen von Lyrik sind: Ballade, Elegie, Sonett, Hymne, Epigramm, Ode, Lied.
Ballade
Ballade
heißt ursprünglich "Tanzlied" und kommt vom italienischen Ballata.
Der Begriff ist auch im Germanischen gebräuchlich. Eine Ballade vereinigt
Merkmale der drei literarischen Hauptgattungen miteinander. Die Handlung repräsentiert
das Epische, die Dialoge stehen für das Dramatische und die Gebundenheit der Sprache
(Reim, Versmaß) für das Lyrische.
Die
Ballade kann als erzählerisches Lied definiert werden. Sie greift Erlebnisse,
Erfahrungen und Beziehungen der Menschen auf und literalisiert sie. Vor allem
das Geheimnis- oder Rätselvolle, ein Mythos oder deren Reste in Sage oder
Märchen interessierten die unbekannten Verfasser. Die Kunstballade griff
während Klassik und Romantik ähnliche Themen auf. Jedoch wurde sie auch zum
Mittel gesellschaftskritischer Anklagen, als die sie etwa bei Brecht auch im
20. Jahrhundert wieder auftauchte.
Als
literarische Gattung entwickelte sich die Ballade etwa seit dem 16. Jahrhundert
als sogenannte Volksballade. Im 18. Jahrhundert erfuhr sie während des Sturm
und Drangs und der Weimarer Klassik in Deutschland einen Höhepunkt.
Elegie
Die
Elegie entstand im griechischen Ionien und war im alten Rom sehr beliebt. Eine
Elegie bezeichnete ursprünglich jedes im elegischen Versmaß (Distichon: Hexameter
und Pentameter) abgefasste Gedicht, Trauer- oder Klagegedicht. Die Elegie fand
ihren Höhepunkt in der Dichtung Hölderlins, wurde aber auch noch von Werfel,
Trakl, Brecht, Benn, Celan, der Bachmann oder der Sachs genutzt.
Sonett
Das
Sonett ist eine aus dem Italienischen stammende Gedichtform mit strengem
Aufbau. Im Deutschen besteht es aus meist fünffüßigen Jamben. Seine zwei Teile
stehen als These, Antithese und Synthese miteinander im Dialog. Die zwei
vierzeiligen Quartette sind im Idealfall thetisch-antithetisch formuliert, die
zwei dreizeiligen Terzette sind synthetisch, d. h. sie führen die These und
Antithese zusammen. In der neueren Lyrik wird diese strenge Form immer wieder
durchbrochen durch drei vierzeilige Quartette und ein zweiteiliges Duett oder
sogar einfach umgedreht bei Beibehaltung der Form also ein konkretes Spiel mit
der Geltung eines Rahmens gespielt.
Die
Reime in den Quartetten folgen dem Schema abba abba (umschlingender Reim) bzw.
abab cdcd (Kreuzreim), während in den Terzetten unterschiedliche Reimstellungen
möglich sind.
Nach
der Reimstellung unterscheidet man folgende Sonetttypen:
PETRARCA-Typ: abba/abba/cdc/cdc
SHAKESPEARE-Typ: abab/cdcd/efef/gg
RONSARD-Typ:
abba/abba/ccd/ee
Hymne
Die
Hymne bezeichnete ursprünglich einen Kultgesang ohne feste formale und
inhaltliche Kennzeichen. Spannend ist die klangliche Nähe zu dem Wort Hymen und
dem sich daraus ableitenden Kult chauvinistischer Abhängigkeiten.
Die
Hymne steht zwischen Ode und Dithyrambus; sie lebt von der Gehobenheit der
Sprache und ist unbeschränkt in der metrischen Form.
Epigramm
Ein
Epigramm ist eine Gedichtgattung von prägnanter geistvoll-zugespitzter Kürze,
es wird auch Sinngedicht genannt. Epigramme waren ursprünglich Auf- oder
Inschriften auf Grab- oder Denkmälern. Im Barock wurden sie sehr beliebt, in
Romantik und im Jungen Deutschland fanden sie ihren letzten Höhepunkt. Eine
Sonderform ist der Limerick.
Ode
Die
Ode ist Lyrik in weihevoller, feierlich-erhabener und schwungvoller Form. Sie
ist traditionell ungereimt. Die Ode (griech.: Gesang) bezeichnete ursprünglich
den antiken dramatischen Gesang auf Dionysosfesten. Man unterscheidet deshalb
die Chorlyrik und die monodische Lyrik (Einzelvortrag).
Die
chorische Ode ist dreiteilig:
1.
Ode,
2.
Antode (Gegenstrophe),
3.
Epode (Abgesang).
Bei
den sogenannten Anakreontikern ist der Begriff Ode oft gleichbedeutend mit
Lied; Vorbild sind die Oden des griechischen Lyrikers Anakreon und seiner
Nachahmer. Im Unterschied zu den sogenannten klassischen Oden sind diese jedoch
gereimt.
Lied
Das
Wort Lied stammt vom althochdeutschen liod; mhd. liet; auch zu lat. laus =
Preislied. Das einende Kriterium des Liedes ist seine Sangbarkeit. Zudem ist
der Aufbau klar gegliedert, ist das Lied an eine Melodie gebunden. Das Lied kann
man in
Volkslied
und Kunstlied unterteilen.
Das
Volkslied zeichnet sich durch Schlichtheit des Textes und einfache sprachliche
Formen aus. Es weist zumeist einen einfachen 2/4-Rhythmus auf (Jambus,
Trochäus) und ist oft vierhebig und vierzeilig. Die Verfasser der Volkslieder
sind zumeist nicht bekannt.
Das
Kunstlied ist kaum formellen und inhaltlichen Beschränkungen unterlegen,
allerdings orientiert es sich den Formen nach bisweilen an der Einfachheit des
Volksliedes. Um als Lied zu gelten, muss es lediglich das Kriterium der
Sangbarkeit erfüllen. Die Verfasser von Kunstliedern sind zumeist bekannt.
Inhaltliche
Gattungen
Doch
die Form genügt noch nicht zur Differenzierung, auch wenn sie das Gedicht zu
einem solchen macht, erforderlich ist auch die Unterscheidung lyrischer
Gattungen nach dem Inhalt: Liebeslyrik, Mundartlyrik, religiöse Lyrik, Konkrete
Poesie, experimentelle Lyrik, politische Lyrik, Gebrauchslyrik, Gedankenlyrik, hermetische
Lyrik, Kinderlyrik, Naturlyrik, Gesellschaftslyrik, Alltagslyrik, Bildgedichte
usw.
Hier
wird wichtig, an wen sich das Gedicht richtet. Viele dieser inhaltlichen
Kriterien sind vom Entwicklungsstand einer Gesellschaft abhängig (Politik,
Alltag). Andere sind abhängig von den objektiven Gegebenheiten (Mundart,
Religion), wiederum andere vom subjektiven Empfinden (Liebe, Hass,
Hermetismus).
Man
kann bei lyrischen Gattungen eine Einteilung nach der Typisierung vornehmen.
Je
nachdem, welche Haltung der lyrische Sprecher zur Gestaltung des lyrischen
Gegenstandes einnimmt, wird unterschieden zwischen liedhafter, lehrhafter, hymnischer
oder erzählerischer Dichtung.
Liedhaft
ist Lyrik, wenn sie durch ihre Schlichtheit und ihren Bezug zur Natur oder zu
menschlichen Erlebnissen (Liebe, Abschiede usw.) gekennzeichnet ist.
Lehrhaft
wird Dichtung, wenn philosophische, religiös-weltanschauliche oder politische
Fragen reflektiert werden.
Hymnische
Dichtung sind Preislieder zu Ehren Gottes und der Schöpfung, auch in ihrer
kritischen Sichtung. Die Sprache ist meist abgehoben von der Alltagssprache und
nicht immer allen Menschen verständlich.
Erzählerisch
ist Dichtung, wenn Begebenheiten, Handlungen, Ereignisse durch Vers, Reim,
Strophe in eine dichterische Form gebracht werden (Ballade u. a.).
Verwandte
Themen
Ende
vom Lied
Die
Form ist auch heute wichtig aber zugleich egal. Wir können sie nutzen oder
verdrehen, wir können den Inhalt spielerisch dem einen oder anderen Bereich
dieses Handwerks zuordnen, oder wir tun das genaue Gegenteil, um so Inhalt und
Form zu einer solidarischen Opposition zu einen – es gibt nicht den einen oder
anderen Weg, der einzig richtig scheint und viel an Anerkennung hängt eben auch
am Marketing in einer Gesellschaft, die Kunst und Markt gern trennt aber
zugleich innig verbunden nutzt und dies auch in der hehren Sphäre der Lyrik,
die sich genau so auch inszeniert.
Lyrik
ist immer auch Handwerk und manchmal ein wenig Genie, was immer das nun sein
soll, streng logisch betrachtet, aber sie ist nie bloßer Zufall, und auch wenn
aus hingeworfenen Worten scheinbar einfach große Lyrik wird, steckt dahinter
doch viel Handwerk, auch wenn sich der Leser und vielleicht auch die ein wenig
geneigtere Leserin nun fragen könnten, ob auch ich dies nicht nur aus
Marketinggründen erzähle, den Wortwert meiner hingeworfenen Brocken zumindest
theoretisch zu erhöhen, es weniger um Überzeugung geht als um dessen Verkauf,
der eben auch ein eigener ist.
Dies
zu verhindern sollte ich nun natürlich aus voller Überzeugung mit noch vollerem
Herzen von der tieferen oder höheren Bedeutung der Lyrik sprechen, von der
verdichteten Sprache, denn genau darauf läuft es eben am Ende hinaus, von der
geschöpften Sphäre, die von lyrischer Sprache getragen gerade Liebenden ganz
neue Räume öffnen kann – schwärmen von der verzaubernden Kraft der Worte, die
Herzen öffnen, Seelen berühren, Schösse willig machen und der Liebe ihre Form
erst geben. Kann so sein, kann aber auch ganz anders sein und ich kann mich
nicht gegen das Gefühl wehren, dass ich dann erst voll in die Marketingschiene
rutschen würde und jede Glaubwürdigkeit aus gefühligem Gesülze heraus verspielt
hätte.
Mag
jeder so seine Motive und Kalkulationen beim Schreiben haben und ist die
beschworene oder mit magischen Worten erschriebene Liebe, denn weniger eine
solche, als die einfach erklärte, und wird das Gefühl weniger wert, wenn sich
der Dichter bewusst ist, was er tut?
Die
Frage berührt den Kern des dichterischen Selbstverständnisses, denn darum geht
es am Ende eben auch beim Schreiben, was lässt es uns tun und wie tun wir es
dann?
Es
wird hier keine Antworten als die bereits gegebenen zur Form und zum Rahmen
geben, es bleiben viele Fragen. Fühlen wir uns, wenn wir uns als Dichter des
Herzens sehen, wenn wir es dann auch für Geld tun, plötzlich als Prostituierte
und wäre das schlecht oder gut, um zumindest glaubwürdig stöhnen zu können?
Sind
wir mehr oder weniger dilettantischen Dichter nun Zuhälter der Worte oder
stehen wir immer noch in der Tradition der Minnesänger, auch wenn wir ganz real
mit den von uns besungenen schlafen und nicht nur davon singen?
Ich
weiß es nicht, wie ich überhaupt schreibend über das nachdenkend, was ich tue,
merkte, wie wenig ich überhaupt weiß, wie ich nur stotternd mich nähern konnte,
mich an Formalien halte, wie ein Teenie, der vorm ersten Sex noch Stellungen
auswendig lernt, um gut zu sein, wenn es auf nichts mehr ankommt, es einfach
fließen muss, raus will – aber, beim dichten wohl, wie im Leben merkst du das
erst, wenn du viel Erfahrung hast, gelassen weiter schreibst, es nicht mehr auf
die eine oder andere Meinung ankommt, du dir sicher bist, aber doch eitel
genug, dafür irgendwie geliebt zu werden als Handwerker und manchmal auch ein
wenig mehr, was sich nun wieder der Erklärung entzieht und so sind wir mit den
letzten Worten wieder am Anfang, wir haben keine Ahnung, wissen nichts genaues
aber wir machen weiter, weil wir lieben, was wir tun und manchmal findet es
einer gut oder sogar eine.
©
jens tuengerthal 3.06.13