Sonntag, 18. August 2019

Menschmichel

Warum sollten wir noch heute
Einen Schriftsteller aus dem
16. Jahrhundert lesen dessen
Essays für den Hausgebrauch
Gedacht waren wie er schrieb
Wenn auch mit dem gezielten
Blaustrümpfigen Understatement
Was der Kaufmannsenkel als
Noch neuer Adliger gerne zeigte
Interessieren mich seine Sichten
Auf Techniken der Belagerung
Den Umgang mit Pferden gar
Die Probleme die er mit seinem
Nach eigener Auskunft zu kleinen
Glied hatte und wie er diese bei
Der Suche nach Lust kompensierte
Was er über den Umgang mit den
Aus den Kolonien des gerade erst
Entdeckten Amerikas mitgebrachten
Eingeborenen dachte wie seine
Ständigen Zitate der klassischen
Lateinischen wie griechischen Literatur
Bringen sie mir geistig irgendwas für
Den Umgang mit den Problemen der
Gegenwart oder sind sie nur noch
Historisch irgendwie interessant
Für Forscher der Renaissance die
Seine Mittlerposition in den Kriegen
Der Hugenotten interessierte die
Ihn zum Berater der Herrscher beider
Lager machte der alten Könige von
Frankreich aus dem Geschlecht der
Valois wie des Heinrich von Nawarra
Dem Protestanten der später dann als
Katholik König von Frankreich wurde
Weil Paris ihm eine Messe wert war
Über den Heinrich Mann groß schrieb
Wie es ihm sonst selten noch gelang
Interessiert uns dass er Briefpartner
Von Königin Elisabeth I. war jener
Vorgeblich jungfräulichen Königin
Die einst die Basis des Empires legte
Dafür sorgte dass Michel auch noch
Nach seinem Tod und als Rom ihn den
Treuen Katholiken längst auf den Index
Gesetzt hatte in England gelesen wie
Verlegt wurde so die Zensur überstand
Das Nichts und Vergessen in das ihn der
Vatikan gerne versenkt hätte weil Michel
Ein unabhängiger freier Geist war der
Schrieb was er dachte und teilweise in
Kleinen Randbemerkungen einen
Revolutionären Geist erkennen ließ
Der den Lukrez zitierte jenen Dichter
Aus den letzten Jahren der Republik
Roms der sich ganz dem Geist Epikurs
Verpflichtet fühlte was wieder gewagt
Bereits war weil es von genau dem
Individualismus und jener Art der
Selbstbetrachtung zeugte für den
Erst die Moderne stehen sollte der
Aber mit der Wiederentdeckung des
Lukrez zu Beginn der Renaissance
Seinen Anfang genommen hatte
Was auch wenn hier hinterfragend
Alles genug Gründe schon sind heute
Montaigne wieder zu lesen der modern
Blieb uns vieles lehren kann auch
Wenn uns beim ersten Lesen noch
Manches fern zu liegen scheint zeigt
Der zweite Blick schnell wie aktuell
Der gute Michel immer noch ist
Nicht nur in geknickter Männlichkeit
Sondern gerade auch in seinen
Betrachtungen der Gesellschaft wie
Ihrer Konflikte die sich bis heute nur
Scheinbar verändert haben was dem
Genauen Leser sehr bald auch auffällt
Was bereits den Blick weitet und somit
Auch aktuell scheinbar unlösbares zu
Relativieren hilft doch neben all diesen
Geistigen und historischen Argumenten
Reizt auch der Mensch Michel zur Lektüre
Den sein Vater voll im Geist der Renaissance
Modellhaft erziehen ließ und der somit seine
Ersten Jahre unter einfachen Bauern verbrachte
Den Dialekt der Picardie natürlich lernte sich
Über niemand von Natur aus erhoben fühlte
Sodann einen Latein und Griechisch Lehrer
Bekam der ständig in den alten Sprachen
Mit ihm sprach die so für den jungen Michel
Natürlich und lebendig wurden sogar die
Familie verpflichtete über Jahre nur Latein
Mit dem Knaben zu reden was vielen schwer
Fiel während Michel selbstbewusst plauderte
Später kam er auf ein öffentliches Lyceum
In Bordeaux wo er wichtige Freunde fand
Aber auch extreme Erfahrungen machte
Die ihm zu seiner stoischen Gelassenheit
Halfen die er in seiner späteren Zeit als
Bürgermeister von Bordeaux gut brauchte
Auch sein essayistischer Bericht über seine
Todeserfahrung ohne allen Hokuspokus
Zeigt den Humanisten der den Menschen
Als lebendes Wesen in den Mittelpunkt stellt
Aus seiner Anschauung des Umgangs mit
Den Eingeborenen aus den Kolonien die da
Geradezu revolutionär war könnte mancher
Heute wieder lernen wie wichtig es ist den
Menschen im anderen zu sehen statt seine
Zufällig andere Kultur der gegenüber Michel
Lieber Bescheidenheit und Offenheit übt
Ein Mensch der gelitten und geliebt hat
Zu genießen wusste voller Lust bevor er
Sich in seinen Turm zurückzog um dort
Mit seiner berühmten Bibliothek die
Leider weitgehend verschwand über
Seine Essays nachzudenken sich von
Allen Ämtern und aller Ehre zurückzog
Wir sehen in dem Menschen Michel der
Gerne diskutierte wie geistige Partner
Sein Leben lang suchte von denen es
Wenige gab warum er mit aller Welt
Korrespondierte die wenigen zu finden
Die seine Bildung wie seine Gedanken
Von großer Freiheit und Toleranz teilten
All dies war ihm wichtiger als ein Aufstieg
Am Hof an den ihn verschiedene Könige
Rufen wollten und dem er sich möglichst
Entzog was nur zeitweise auch gelang
Zugleich sehen wir den Menschen Michel
Der über die schrecklichen Schmerzen
Seiner damals nicht behandelbaren
Nierensteine klagt und detailliert uns
Auskunft gibt dass der Leser manchmal
Denken mag dieser Details hätte er jetzt
Nicht wirklich bedurft doch gerade dieser
Auch auf sein Leiden konzentrierte Mensch
Der damit seinen Individualismus zeigte
Ist ein wichtiger Aufbruch in die Moderne
Von dem wir manches über uns lernen
Krankheit neu betrachten lernen können
Eine wichtige Lektion über die Freiheit
In den Grenzen unserer körperlichen
Befindlichkeit auch noch bekommen
Es gibt also unendlich viele Gründe
Montaigne wieder und neu zu lesen
Die immer noch aktuelle Übersetzung
Von Hans Stilett hilft allen Lesern die
Wie der Dichter selbst mit dem alten
Französisch Schwierigkeiten hätten
Den klugen Franzosen heute zu lesen
In aktueller Sprache sich von einem
Zeitlos klugen Kopf anregen zu lassen
Was sicher ein Vergnügen bleiben wird
Dies in einer wunderschönen Ausgabe
Wie jener der Anderen Bibliothek zu tun
Gibt dem geistigen Genuss noch einen
Hohen ästhetischen Genuss dazu was
Echte Genießer zu schätzen wissen

jens tuengerthal 18.8.2019

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