Mittwoch, 4. August 2021

Weltausschnitte

Weltausschnitte

Lese ja so viel wie möglich aber
Meist wenig in einem Buch um
Lieber mehr von vielen zu haben
Was zwar das tiefe Eintauchen
Das einen völlig in den Bann zieht
Bis zur dann letzten Seite etwas
Erschweren kann aber dafür bei
Nicht geringerer Leidenschaft
Wie Freude an den echten Feinheiten
Die Unterschiede sichtbar machen
Die Freiheit von Abstand und Vergleich
Schenkt die vielen Schwärmern fehlt
Sie zu unfreien Leseopfern gerade der
Autoren machen die gerne verführen
Wie der unsägliche Guru Coelho etwa
Der Leserinnen das Denken abnimmt
Womit sich viele sehr wohl noch fühlen
Aber der wechselnde Blick in völlig
Verschiedene Autorenköpfe macht die
Lektüre zum intellektuellen Wechselbad
Was wirkliche Größe schnell offenbart
Wogegen repetiertes Geplätscher auch
Als solches erkennbar wird ohne hier
Gleich vernichtend über Zeitgenossen
Urteilen zu wollen wird doch deutlich
Warum ein Thomas Mann als Meister
Der Ironie wie der Sprachkunst über
All diesen kleinen Figuren schwebt
Was eine neue Form der Begeisterung
Eröffnet die viel weiter geht als alle
Vorher Lektüre die nur konsumierte
Was andere schrieben oder dachten
Die Reise durch Weltausschnitte
Macht lesend glücklich denke ich
Zufrieden mit der Welt wie sie ist
Die mit Abstand unterscheiden lehrt
Warum drei Seiten Thomas Mann wie
Eine ebenso kleine Menge Proust
Genügen den Tag sprachlich tiefer
Zu füllen als hunderte Seiten so
Vieler anderer Autoren ohne einen
Beim Namen nennen zu wollen
Wenige Seiten von Aleida Assmann
Über ihren europäischen Traum
Öffnen zwischen Mann und Proust
Andere geistige Universen und so
Bleibt manches unvergleichlich aber
Kommt sich doch näher als gedacht
Es lohnt sich die Welt in exquisiten
Ausschnitten zu erlesen um nicht
Irgendwas tief in mich zu lassen
Sondern nur das was bleibt

jens tuengerthal 4.8.21

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