Bin ein Entdeckungsreisender
Laufe täglich durch mein Dorf
Das zugleich Stadt und Land ist
Entdecke immer wieder neues
Das Glück des Flaneurs ist
Nichts konkret zu erwarten
So ist alles überraschend
Erfreut jede Begegnung neu
Was soll ich um die Welt reisen
Wenn ich durch Berlin laufen kann
Das vielfältig mehr enthält als alle
Sonst bekannten Reiseziele
Die Temperaturen sind dabei eher
Gemäßigt zum Laufen also ideal
Es fällt alle Anreisezeit weg weil
Jede Wanderung vor der Tür beginnt
Muss nichts gesehen haben oder
Unbedingt erleben in meiner Welt
Sie ist ja immer da sonst gehe ich
Eben noch mal dort wieder vorbei
Wichtiger aber als die Bewegung
Der ich nur folge weil es gut tut
Sich auch ein wenig zu bewegen
Ist was ich in mir dabei entdecke
Bin noch viel lieber zuhause
Seit ich so viel gelaufen bin
Weiß die Ruhe noch höher
Zu schätzen als vorher schon
Es folgt aus der Bewegung des
Läufers die innere Ruhe am Ziel
Du hast dich genug bewegt bist
Angekommen und so zufrieden
Dies alles ohne gößere Folgen
Für die Natur oder mein Konto
Laufe ja nur vor meiner Tür um
Die Ecke quasie ein wenig rum
Lange habe ich gehadert noch
Mit meiner Familie voller großer
Reisender und Entdecker die
Gern die ganze Welt erkunden
Wollte und sollte auch immer einer
Von ihnen werden um dann später
Von meinen Reisen abenteuerlich
Viele Geschichten zu erzählen
Heute weiß ich all dies ist nur
Ersatzbefriedigung für Ruhe
Vor Ort um sich Zeit zu nehmen
Durch seine Stadt zu flanieren
Muss und will nirgendwo mehr hin
Über Bücher die solches titeln
Kann ich nur noch lachen die Welt
Ist mein Dorf und mein Dorf die Welt
Die meisten haben gern ein Ziel
Wollen irgendwohin dringend noch
Etwas unbedingt gesehen haben
Kommen dennoch enttäuscht wieder
Frustriert weil sie nicht alles sahen
Es nicht so war wie sie sich vorstellen
Jede Reise irgendwann endet ohne
Alles mögliche gesehen zu haben
Wären sie ehrlich zu sich gewesen
Die Frustration stiege vermutlich noch
Weil sie nur herum rannten um etwas
Zu sehen ohne Zeit es zu erleben
Die wichtigste Entdeckung ist Zeit
Kann stundenlang inzwischen laufen
Ohne große Erschöpfung zu spüren
Laufe einfach und lass Gedanken fliegen
Muss und will dabei nirgendwo hin meist
Laufe nur in der weiteren Umgebung herum
Sammle Kilometer und erfreuliche Anblicke
Bin unendlich frei und glücklich dabei
Wenn ich genug gelaufen bins gehe ich
Einfach wieder nach Hause um dort
In Ruhe Tee zu trinken und zu lesen
Zeit und Wetter sind völlig egal dabei
Könnte inzwischen fast egal wo leben
In Berlin ist ja alles zu Fuß gut erreichbar
Wieder zurück wartet der nächste Tee
War unterwegs und kam bei mir an
So bin ich ein großer Reisender ohne
Je den Ort zu verlassen wie Kant einst
In Königsberg möglichst immer blieb
Nahezu täglich stundenlang unterwegs
Werde gefragt woher ich die Zeit nehme
Frage die anderen wie viele Stunden sie
Selbst durch die Stadt irgendwohin reisen
Bis sie merken sie sind länger unterwegs
Dabei sind die anderen ständig gehetzt
Haben keine Zeit durch ihre Reisen von
A nach B und wieder zurück während ich
Egal wo glücklich mit viel Zeit da bin
Muss nirgendwo hin und habe kein Ziel
Zähle die Kilometer nur weil das Telefon
Sie eben nebenbei zählt was allem eine
Amüsante innere Ordnung dabei gibt
Es klingt wahnsinnig viel 6500 km
Durch Berlin gelaufen zu sein und war
Doch immer nur ein flanieren ohne jede
Anstrengung aus purer Lust am Laufen
Die wichtigste Entdeckung war die Zeit
Wie schnell oder langsam sie vergeht
Je nachdem wo ich unterwegs war und
Wie anders wir sie dabei meist erinnern
Stille abgelegene Orte haben unendlich
Viel Zeit die sie gern geben und nehmen
Laute überfüllte Orte dagegen haben nie
Zeit und fressen diese wie rasend meist
Außer du bist nur beobachtender Flaneur
Dann fressen die Orte nur fremde Zeiten
Gehst du quasi zeitlos durch diese Welten
Was selten ganz vollständig mir gelingt
Zu leicht lasse auch ich als inzwischen
Ein wenig erfahrener Wanderer mich
Noch von der Zeit vor Ort anstecken
Laufe im Strom mit statt zu ruhen
Je mehr ich laufe desto sicherer wird
Das eigene Tempo dabei was nichts
Mehr aus dem Rhythmus bringen kann
Damit auch unangepasst etwas wird
Ob der Flaneur als bloßer Beobachter
Besser im Strom mitschwimmt sich also
Der Zeit der Umgebung anpasst oder
Lieber innehält fragte sich schon Hessel
Berlin hat unendlich viele Aussichten
Die es ganz unerwartet oft preisgibt
Stellt viele Welten parallel weil es sie
Hier gibt ohne es weiter zu erörtern
So bin ich als Entdeckungsreisender
Zuerst aus der Zeit gefallen bevor ich
Bei mir wieder glücklich ankam um dann
Ohne Ziel zeitlos gehen zu können
jens tuengerthal 19.01.2019
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