Mittwoch, 29. Oktober 2025

Lektürentagebuch 29.10.25

Lektürentagebuch 29.10.25

Wenn die Sonne untergeht für Klaus Mann
Ist es Zeit zum Bahnhof zu fahren um ins 
Pariser Exil aufzubrechen wie Florian Illies
Es mitfühlend in seinem Buch beschreibt

Erzählt vom Ohrwurm aus den berühmten 
Kindertotenliedern von Gustav Mahler nach
Den Gedichten von Rückert über den Tod
Seiner eigenen Kinder wie das Gruseln

Beim Abschied vom Poschi das er nie 
Wieder sehen sollte wo er doch aufwuchs
Vom Abschied vom Personal bei dem sich
Der Chauffeur schon als Nazi offenbarte 

Der ihm dennoch zum Bahnhof noch fährt
Aber genau weiß welcher Nazi nun den 
Guten Horch der Familie Mann will worauf
Klaus auf Händedruck am Ende verzichtet

Die Geschichte mit dem Grammophon das
Thomas Mann so wichtig war ist dabei nett
Erzählt auch wenn etwas zu deutlich noch
Illies Metaphern für Blinde eher nutzt

Brauchen Bestseller diese inhaltliche
Schlichtheit um das Fernsehpublikum 
Noch berühren zu können die mit den
Andeutungen nichts anfangen können

Das ist nett inszeniert wenn auch wieder
Ein wenig zu plakativ dabei Illies den 
Feinen Ton der Manns eher verfehlt
Vielleicht der Masse hier zuliebe

Wenn sich der Ohrwurm Mahler hier
Unbarmherzig in Klaus Kopf frisst will
Der befremdete Flaneur nur weglaufen
So platt schrieb nicht mal Heinrich Mann

Wie Thomas Mann sich von Katia wohl
Behütet noch weiter der Realität des Exil
Innerlich verweigert so aus den nur
Geplanten drei Wochen Monate werden

Dabei denkt jeder Mann Leser natürlich
An den Zauberberg und freut sich still 
Über das Bündnis mit dem Autor über
Das Illies aber noch schreiben muss

Schon immer neigte Thomas Mann nach
Auskunft seiner Tochter Monika die ohne
Weitere Erklärung eingeflochten wird dazu
Erfundenes und Erlebtes zu vermischen

Denke darüber nach und finde das eine
Wunderbare Beschreibung für einen guten
Autor der mit seinen Geschichten lebt 
Statt sie nur in Büchern abzulegen

Vielleicht darum war Thomas Mann
Stets ein Gesamtkunstwerk der das
Was er schrieb auch erlebte oder
Sein Erleben gekonnt beschrieb 

Wie wirklich die Wirklichkeit ist
Was messbar zur Realität gehört
Interessiert nur kleinliche Erbsenzähler
Große Literaten leben in ihren Geschichten

Eine sehr treffende und wunderschöne
Thomas Mann perfekt treffende Stelle
Nur warum dann das ganze andere bloß
Abgelutschte konventionelle Zeug zu ihm

In einem Absatz wird noch von Golos
Grauen erzählt der just Besuch von
Der Gestapo erhält die ihm aber nichts
Nachweisen können und ihn entlassen 

Seltsam wieder die Geschichte von Klaus
Der in Paris blind wie ein Maulwurf tappst
Weil er seine Brille im Schlafwagen vergaß
Was für Brillenträger schon seltsam ist

Nie ginge ich irgendwohin ohne meine 
Brille und wäre ähnlich blind wie Klaus
Natürlich kauft er sich in Paris gleich eine
Neue und klagt wie teuer sie wieder ist 

Seltsam nur ist wie er vorher einen Brief
An die Bahnhofdirektion schreibt wegen
Einer Fundsache keine Antwort bekommt 
Aber am nächsten Tag eine neue kauft 

Da hat entweder das Lektorat geschlafen
Oder es sollte etwas ganz anderes noch
Gesagt werden was hier unklar bleibt wie
Leider so manche der Andeutungen

Der Band erzählt nette Geschichten zur 
Familie Mann ist manchmal sogar eine
Erhellende Freude aber lässt zu oft noch
Kopfschüttelnd uns Leserinnen zurück


Staunend vor Glück dagegen lese ich
Bei Egon Friedell in der Kulturgeschichte
Der Neuzeit wie Ludwig XIV seine Zeit
Zu einer goldenen Ära der Kunst machte

Dessen Epoche werde sogar mit Augustus
Verglichen oder gleichgesetzt was aber laut
Friedell weniger schmeichelhaft war als die
Zeitgenossen es eigentlich noch meinten

So nennt der Autor was unter Ludwig wie
An dessen Hof entstand eine nur prunkvoll
Arrangierte und geschmackvoll vergoldete
Hofkunst also raffinierte Artistik in der dazu

Die Etikette alle Phantasie erwürgten als
Deren großen Zeremonienmeister Friedell 
Nicolas Boileau nennt der diktatorisch
Festsetzte wie und was zu dichten sei

Entsprechend war das Ergebnis was nur 
In wenigem heute noch der Rede wert
Scheint während die Académie noch als
Strenge Hüterin des Wortschatzes auftrat 

Dabei wurde Descartes Philosophie als
Maßstab der Kunst genutzt wonach was
Nicht klar und deutlich wäre auch nicht
Schön sein könnte nach der Vernunft

Diese strenge Vernunft war danach auch
Gesetzgeberin der Poesie der Maßstab
Wäre ratio natura veritas was naturalistisch
Klingen könnte aber das Gegenteil war

So sahen nach Friedell die Künstler des
Grand Siècle in ihren Schöpfungen einen
Sieg der Natur die sie real vergewaltigten 
Was aber Descartes Natur gleich Vernunft

Wiederum vollkommen entsprach wonach
Ihre Werke die natürlichsten auch waren
Wahrheit sollte danach nicht mehr der nur
Erfahrung sondern der Logik entsprechen

Aus der Forderung der Überschaubarkeit
Flossen auch die drei von Aristoteles 
Irrtümlich abgeleiteten Einheiten von
Ort Zeit und Handlung bei dabei immer

Gemäßigter zivilisierter Leidenschaft dazu
Damit jede Situation noch mit Verstand
Wie nötigem Anstand bewältigt wurde 
Noch sterbend blieben Helden formal

Le grand Corneille ist noch der Dichter
Der Fronde heldisch kühn und heiß so
Ordnet Friedell Corneille Aischylos zu
Racine dafür Sophokles und Molière

Dafür den Euripides zur Entsprechung hat
Waren die Griechen was die Form des
Theaters angeht so konservativ wie die
Aristokratischen Franzosen noch

Die Ästhetik wurde in enge Grenzen
Dafür in einen goldenen Salon gesperrt
Warum Molière die tragische Figur war
Obwohl oder weil scheinbar so lustig

Als Ludwig XIV Boileau fragte wer der
Größte Dichter des Zeitalters sei sagte 
Dieser Molière was den König erstaunt
Aber Boileau müsste es ja wohl wissen

Bewundernswert wäre daran meint Friedell
Wie es Molière trotz der starren Schemen
Schaffe lebendige Figuren zu kreieren die
Pikant und abwechslungsreich sogar sind

Dabei war er zugleich Hofnarr des Zeitgeist
Wie auch moralischer Gesetzgeber wenn
Auch in diesem Fall nur anonym war er
Doch wie alle Dichter Lehrer der Moral

jens tuengerthal 29.10.25

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