Freitag, 17. Oktober 2025

Lektürentagebuch 17.10.25

Lektürentagebuch 17.10.25

In den frühen Morgenstunden noch
Einige Kapitel in Lázár gelesen etwa
Von Stalins Tod der auch eine Folge
Seines Verfolgungswahns war

So erlitt der größte Massenmörder
Vor dem sich lebendig alle fürchteten
Einen Schlaganfall und starb daran
Unklar bleibt ob dies unvermeidbar war

Als sich die Obersten endlich trauten
Das Zimmer zu betreten lag Stalin
Eingenässt gelähmt auf dem Boden
Gogols Tote Seelen neben sich

Hier konstruiert Biedermann nochmal
Eines seiner großen literarischen Bilder
Die das eigene Werk im Schatten noch
Derer die vor ihm dichteten sieht

Die gerufenen Ärzte waren inkompetent
Wie ängstlich weil er die kompetenten 
Jüdische Ärzte in Lagern alle umbrachte
Konnten Stalin auch niemand mehr helfen

Wieder spielt Biedermann wie bei der
Hinrichtung von Pontiller mit dem Film
Des Lebens der vor dem inneren Auge
Kurz vor dem Ende noch einmal ablief

Kann dies nicht bestätigen allerdings
Habe ich auch keine Erinnerungen
An die Zeit als mein Herz stand
Während ich auf der Straße lag

Aber auch die Arbeit über Jahre
In der Krebsbaracke wie Benn es
Lyrisch noch nannte die mich sehr
Vielen Sterbenden nah brachte

Bestätigte dies nur in seltenen
Ausnahmen meist kam der Tod
Einfach und erledigte alles was
Noch weiter zu denken war

Der Tod war nichts schlimmes
Noch irgend gespenstisch auch
Eher ganz friedlich und ruhig
Es war einfach nichts mehr

Stalins Tod aber brachte dann
Im ganzen vor ihm zitternden
Ostblock etwas mehr Freiheit
Auch für Familie von Lázár

Sie durften wieder nach Budapest
Ihr Haus aber war beschlagnahmt
Daran änderte sich auch nichts 
Sie finden eine winzige Wohnung

Dort hausen sie zu viert und leiden
Lajos daran nur Postbote zu sein 
Pista am Wehrdienst im Bergwerk
Eva die das Landleben vermisst

Lajos bekommt Depressionen auch
Weil die Wohnung ans Ghetto grenzt
Was ihn täglich an seine Schuld noch
Erinnert die Stimmung dazu drückt

Eva entdeckt die Literatur für sich
Weil sie als Frau und Adelige nicht
Studieren darf liest sie dafür im quasi
Selbststudium Virginia Woolf wie noch

Wichtiger für ihr Selbstverständnis
Simone de Beauvoir die sich selbst
Aus dem Zwängen ihres Standes 
Befreite und darüber schrieb

Sie verkehrt mit ihrem Bruder wie
Dessen Dichterfreund Akos im Keller
In dem sich in Budapest die jungen
Oppositionellen Adeligen trafen

Pista hat irgendwann eine Freundin
Auch aus diesem Kreis und Eva flirtet
Akos an und es bahnt sich ganz
Langsam etwas mit dem Dichter an

Nach langem hin und her wie das
Bei familiär und psychisch schwierigen
Personen so ist waren sie schließlich
In Akos Wohnung allein miteinander

Eva die schon Erfahrung hat will
Akos schon lange weil er Dichter ist
Hatte sexuelle Erfahrung schon vom
Landleben und damit Akos etwas voraus

Als es soweit ist vergewaltigt der sonst
So zart schüchterne adelige Dichter Akos 
Eva brutal grob und primitiv dabei was 
Nicht zu seiner Persönlichkeit passt

Eva empfand es so und konnte plötzlich
Die Millionen traumatisierte Frauen die
Den Russen zum Opfer fielen verstehen
Sie fühlte schmerzhaft ihren Körper

Warum wird einer der monatelang noch
Schüchterne Annäherung suchte zum
Vergewaltiger was wandelt sich da
War es krankhaft oder erlernt 

Gewalt beim Sex fand ich schon immer 
Eher seltsam auch wenn Frauen dies
Mehr als einmal ausdrücklich wünschten
Sogar vergewaltigt werden wollten 

Konnte diesem Bedürfnis nie entsprechen
Sobald es brutal wird wurde mein Glied
Dabei immer schlaff ich will nie einer Frau
Weh tun sondern sie möglichst befriedigen

Will die Grenzen zur Vergewaltigung die
Nelio Biedermann hier für Eva treffend
Einfühlsam beschreibt nicht verwischen
Fragte mich nur selbst was geht da vor

Wie können Männer Lust empfinden 
Während sie eine Frau leiden lassen
Es wird dauern bis Eva das Gespräch
Mit Pista zum Thema suchen wird 

Eva wollte den Dichter Akos hatte als
Sie ihrem Bruder beim Sex lauschte
Selbst schon lange wieder Lust war
Also voller Hoffnung bei dem Treffen

Sie wollte und hatte Lust und der Idiot
Akos macht statt schönem Sex eine
Strafbare Vergewaltigung daraus die
Für alle zur Katastrophe dann wird 

Was treibt wen in diesem Moment an
Wo kippt die vorher schöne Situation
Zu primitiver sexueller Brutalität die
Jedem der Frauen liebt so fremd ist

Warum etwas wunderschönes mit
Gewalt zerstören statt den Moment
Gemeinsam lustvoll zu genießen
Staune ich ohne es zu verstehen

Denke an grenzwertige Erfahrungen 
Frauen die es gern heftig wollten wie 
Die ganzen Geschichten vom Missbrauch
Welche einige mir dazu erzählten 

Habe keine einfache Antwort darauf
Verstehe es bis heute nicht doch 
Kenne ich Fälle hart an der Grenze
Die mich physisch völlig überforderten

Begegnete mehr als einer Liebsten
Die Missbrauch oder Vergewaltigung
Teils in früher Kindheit noch erfuhr
Genießen konnten wenige danach 

Frage mich was aus Eva nun wird
Kann sie diese Erfahrung verarbeiten
Wieder zu ihrer Lust zurückfinden um
Sich in völliger Freiheit auszuleben

Wie gut kann sich der Autor dabei
In eine junge Frau hineinfühlen
Auf was kommt es entscheidend an
Überlege ich und bleibe nachdenklich

Literatur die auch morgens um halb sechs
Noch kritisch nachdenklich macht ist gut
Was mehr sollte große Literatur erreichen
Als das ethische Denken anzuregen


Passend im Anschluss zu diesen auch
Bewegenden Zeilen las ich im guten
Geisterfrühstück Wolfs von Niebelschütz 
Über das Gemüt als inneren Antrieb

Dieser Text aus dem Jahre 1944 geht
Noch anders mit dem deutschen Gemüt 
Wie dessen nationaler Eigenart um aber
Krönt es doch zur größten Kraft dabei

So sei das Gemüt die Wohnung der
Liebe wie das Haus in dem die Märchen 
Wohnen und schon ist er ganz tief in
Die deutsche Romantik eingetaucht

Dabei darf auch der Lindenbaum nicht
Fehlen der hier so gern besungen wie
In Berlin klebrig die Straßen säumt wird 
Vom großen Es war einmal geträumt

Ohne groß auf Unterschiede zu achten
Werden Haydn Mozart und Schubert
In einen Topf geworfen wie Goethes
Märchen mit denen Brentanos 

Alles in eins noch etwas Liebe dazu
Wird kräftig umgerührt der große
Gemütseintopf daraus der dann als 
Deutsches Wesen noch gefeiert

Das ist schön geplaudert erinnert
Ein wenig an die Großeltern noch
Auch wenn es heute aus der Zeit fällt
Bleibt es historisch gut zu lesen

Als Freund der Weimarer Klassik die
Vom Geist der Aufklärung noch geprägt
Scheint mir diese Vermischung mit der
Nationalen Romantik eher leichtfertig 

Doch entspricht dies sehr gut dem
Geist der Zeit die alles national sah
Wie nah Niebelschütz dem 1944 mit
Kriegserfahrung war bleibt unklar

jens tuengerthal 17.10.25

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