Lektürentagebuch 20.10.25
Schon gestern Nacht begonnen weiter
Im Zauberberg zu lesen im berühmten
Schneekapitel das Thomas Mann so
Meisterhaft dramatisch ironisch schrieb
Hans Castorp steigt auf seinen Skiern
Immer höher gen Himmel der hier mit
Den tief hängenden Wolken eins wird
In der dichten nebligen Suppe um ihn
Nur an von oben fallenden Flocken ist
Noch der Unterschied zu bemerken denn
Es war überall gar nichts und nirgends
Noch etwas zu sehen wie Mann schreibt
Während Hans Blick in der weißen ihn
Blendenden Helle gebrochen wird
Spürt er sein Herz höher schlagen
Sieht Clawdias Augen im Schnee
Diese von Settembrini herablassend
Tatarenschlitze genannten Augen die
Zugleich an Pribislaw ihn erinnerten
Tauchten grünlich blau im Schnee auf
Dort wo er seine Stöcke tief hinein
In den Schnee steckt werden sie
Für kleine Momente im milchigen
Nichts des Nebels für ihn sichtbar
Er steigt hinauf und plötzlich geht es
Rasant wieder hinab ohne dass er
Die Kuppe hatte kommen sehen
Er genießt den Moment der Abfahrt
Als es dann bald wieder aufwärts
Geht macht er am Waldrand der
Ihm im Nebenelmeer noch eine kleine
Orientierung war eine Zigarettenpause
Ein wenig Schokolade hat er dabei wie
Eine kleine Flasche Portwein in seiner
Westentasche als Wegzehrung für den
Auf drei Stunden avisierten Ausflug
Dazu wird die Nachmittagsliegekur wie
Die Vesper danach geschwänzt was
Seine große Freiheit ihm wert scheint
Wohin immer sie ihn führen soll
Genieße dieses wunderbare Kapitel in
Kleinen Häppchen diesmal hatte es
Sehr aufregend mit der existentiellen
Naturerfahrung noch in Erinnerung
Über diese lächel ich heute hinweg
Aber genieße dafür noch viel mehr
Die feine Ironie mit der Mann die
Kleine Tour hier riesig ausschmückt
Denke dabei daran dass Familie Mann
Mit Familie Hesse Skifahren ging dort
Katia mit Hermann und den Kindern
Gerne die Hänge hinab raste während
Thomas lieber im Zimmer blieb um
Zu lesen und zu schreiben auch am
Zauberberg etwa der begann als Katia
Selbst mit Tuberkulose in Davos war
Was noch vor dem Weltkrieg war der
Dann national literarisch unterbrach
Am Ende zur republikanischen Wende
Führte als Mann in Weimar ankam
Ob dieser Verdacht eine Fehldiagnose
Eher war wie manche Mediziner schon
Mit neuen Gutachten zu beweisen suchten
Lasse ich ahnungslos lieber dahinstehen
Denke daran wie ich früher auch noch
Mit Skiern Berge hinunter raste bis dies
Tun mir nur noch absurd erschien lieber
Im Lesesessel Thomas Mann genoss
In den frühen Neunzigern noch habe ich
Als Pflegeaushilfe auch auf den Stationen
Mit TBC Patienten teilweise gearbeitet
In der Rohrbacher Thoraxklinik damals
Dort gab es auch noch große Balkone
Die zur Liegekur wohl geeignet waren
Sie gingen Richtung Leimen von wo der
Qualm von Heidelberger Eternit kam
Deren Arbeiter wiederum wurden mit
Ihrer Asbesthose auch noch von meinem
Vater in der Klinik untersucht was sicher
Die innere Nähe des Romans erklärt
Am Werk von Heidelberger Zement
Vorbei radelte ich im Studium noch
Zur Universität aber Hans genießt
Die Einsamkeit nebliger Berge
Wo du nichts siehst also auch niemand
Erkennen kannst im Nebel tiefer Wolken
Bist du ganz auf dich zurückgeworfen
Warum auch immer Menschen dies tun
Vielleicht brauchen machte Menschen
Solche Naturerlebnisse noch etwas
Fühlen zu können während mir die
Lektüre des Zauberberg völlig genügt
Ob es den einen an Phantasie dafür
Dem anderen an Unternehmungslust
Mangelt muss ich nicht entscheiden
Mit einem völlig zufrieden zu sein
Der Flaneur beobachtet die Welt
Lieber literarisch und lässt andere
Solche Schneeabenteuer erleben
Denke ich heute fern von all dem
Doch im Winter 1989 auf 90 noch
War ich einige Tage allein im Schnee
Im Taunus campieren mir zu beweisen
Was für ein toller Abenteurer ich sei
Es war weder toll bei minus zehn Grad
Im Schnee zu campieren noch hat es
Den Abenteurer weiter gebracht nur mir
Bewiesen auch das konnte ich mal
Es war wohl auch der Kult um die
Männlichkeit in der Natur den die
Konservativen Familien hoch halten
Der solche Abenteuer suchen ließ
Heute suchen alle solche Erfahrungen
Im Abenteuerurlaub oder im Club wo
Das Abenteuer zwischen Mahlzeiten
Genau passt wie im Zauberberg auch
Es ist unbequem bringt keinerlei
Geistigen Fortschritt zeigt dir nur
Deine natürlichen Grenzen auf
Exklusiv unangenehme Art noch
Etwas das ich mit mir alleine da
Ausmachen wollte während andere
Dafür auf Jahrmärkte gehen oder
Sonst öffentliche Abenteuer suchen
Heute halte ich es lieber mit Thomas Mann
Beobachte alles von Ferne um darüber
Zu schreiben statt daran teilzunehmen
Manche Wege sind doch verschlungen
Bleibe weiter gespannt wohin Hans die
Suche nach Freiheit und Abenteuer führt
Auch wenn ich das Ende kenne wie den
Höhepunkt des Romans für manche
Lasse es darum an dieser Stelle noch
Offen und schließe vorläufig die Gedanken
Zum Zauberberg ohne schon vom Triumph
Des Lebens über den Tod zu schreiben
jens tuengerthal 20.10.25
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