Dienstag, 9. April 2024

Offliner

Offliner

Drei Millionen Offliner gibt es
In Deutschland derzeit was so
Etwa 5% der Bevölkerung seien
Was immerhin 1% über dem
Durchschnitt der EU liegt

Als ich geboren wurde gab es
Etwa 80 Millionen Offliner noch
Wusste wer was ein Offliner ist
Denke ich der gerade Online
Dieses Gedicht schreibt wie
Flucht wenn er in der Bahn
Mal wieder offline ist im
Nirgendwo zwischen den Orten

Es ist heute wie eine Behinderung
Ein Offliner zu sein weil ganz viele
Leistungen nur noch online als
Service angeboten werden von
Bahntickets bis zu Angeboten
Macht es sich schwerer wer
Heute noch offline lebt

Ist das ein großartiger Sieg des
Technischen Zeitalters wie der
Computer die jeder nutzt um
Seine Daten zu verschicken
Mal eben online was nötiges zu
Erledigen wie Steuererklärungen
Frage ich mich oder eine neue
Abhängigkeit von Maschinen
Die uns unselbständig machen

Wird künstliche Intelligenz uns
So immer überflüssiger machen
Haben es Offliner dann besser
Weil sie nicht bemerkt werden
Einfach weiter Menschen sind
Nur eben offline wie wir es den
Größten Teil unserer Geschichte
Als Menschheit bisher waren

Was ist von einer Gesellschaft
Zu halten die alle die nur einen
Fortschritt nicht mitmachen als
Minderbemittelt behandelt quasi
Aus dem sozialen Leben aussortiert
Was in sozialen Netzwerken heute
Kontakte pflegt wie Partner findet

Gehe ich an den Cafés an meinem
Platz in Berlin vorbei sehe ich schon
Welche Menschen online Dates sind
Die sich erstmals real begegnen was
Häufiger schief geht oder peinlich wird
Als Online Werbung uns offenbart
Weil nicht aller Schein wirklich wird

Ist wer sich in der Realität trifft wie
Dann vielleicht sogar verliebt und
Bestenfalls küsst oder mehr dann
Ein harter Offliner oder bleiben alle
Die sich online fanden auch nach
Der realen Begegnung virtuell
Noch verbunden um sich ein
Lass uns Freunde bleiben oder
Mach es gut danach zu schreiben
Ohne sich noch je wiederzusehen

Sind Offliner eine Art Prekariat
Oder eine unabhängige Alternative
Zum virtuellen Leben das oft wenig
Bezug zur Realität noch findet doch
Heute notwendig ist wie erwartet wird

Offliner können mit der Natur leben
Auch ohne Google Maps noch ihre
Wege irgendwohin finden müssen
Auf vergangenes zurückgreifen um
Sich in der Welt zurechtzufinden
Was Freiheit schenkt wie zugleich
Unsere Abhängigkeit offenbart

Manchmal wäre ich gerne ein Offliner
Dann denke ich unvorstellbar noch
Aus virtuellen Welten auszusteigen
In denen ich publiziere wie vielfach
Auch kommuniziere auf verschiedenen
Kanälen und wie mich dies fesselte

Was ich alles dann nicht mehr könnte
Wie viele der wunderbaren Frauen
Die ich in den letzten Jahren traf 
Offline nie kennengelernt hätte
Wie sogar Lieben online entstanden
Aus Verständnis über die Worte
Die dem Dichter so nahe liegen

Bin eigentlich fast immer online
Wie eher verwirrt wenn nicht
Obwohl ohne Smartphone noch
Aufgewachsen und Computer
Erst im Studium kennenlernte
Nie ein Nerd eigentlich war
Denke an drei Millionen Offliner
Haben sie etwas was mir fehlt
Oder einfach keine Verbindung

Was macht menschliches Leben
Im Online Zeitalter noch aus
Sind wir mehr damit beschäftigt
Eine gute Verbindung zu haben
Oder ist sie nur eine Krücke ins
Sein was sich noch nie veränderte

Wir lieben und leiden noch genauso
Wie Menschen es im alten Rom taten
Auch Steinzeitmenschen werden sich
Wenig anders geliebt haben wie an
Den Untiefen dabei gelitten haben
Weil wir uns lange ganz ähnlich sind

Nur Online sind wir noch nicht lange
Im Studium ab 1992 fing es an
War zunächst noch misstrauisch
Nun ist es eine geistige Heimat
Standort meiner Lyrik wie damit
Kompass in meiner geistigen Welt

Staune und enthalte mich lieber
Jeder Bewertung als Beobachter
Der gerne flaniert wie es einst auch
Walter Benjamin und Franz Hessel
In Berlin noch taten nur offline halt
Bald scheint es mir unvorstellbar
Und schreibe online darüber noch
Aus der Kurpfalz bald in Berlin

jens tuengerthal 9.4.24

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