Von der Fähigkeit die Freiheit auch zu genießen oder warum es vielen so schwer fällt, glücklich zu sein, auch in der Liebe.
Was ist Freiheit überhaupt?
Schnell fällt wohl manchen noch eine irgendwie lexikalische Definition ein, nach der Freiheit heißt, ohne Zwang zwischen mehreren Möglichkeiten auswählen zu können. Wem die Alternativen fehlen, der wäre also unfrei. Damit aber noch nicht unglücklich, wenn das was da ist, denen alles wäre und sie irgendwie glücklich machte, zumindest genügte, die Alternativlosigkeit kein Mangel wäre.
Ist wer alternativlos handelt, wie es unsere Kanzlerin gern für ihr Tun in Anspruch, was zunächst einleuchtend in vielem scheint, aber noch frei oder vollziehen diejenigen nur, was die Natur der Politik eben alternativlos fordert, fragt sich dabei der kritische Beobachter. Auch nach der kantschen Definition guten Handelns, wäre alternativloses, also solches ohne Entscheidung für das Gute nie gut. Der kategorische Imperativ fordert eine alternativlose Konsequenz im Handeln und Denken, um ihm folgend das hehre Ziel ewigen Friedens zu erreichen, für das sich der große Königsberger aus Überzeugung einsetzte, während die großen militärischen Denker seiner Zeit, dies für einen Alptraum hielten, da sie den Krieg alternativlos fanden, er zur menschlichen Natur gehöre.
Bemerke also, es ist nicht so einfach mit der Freiheit, sondern eher sehr widersprüchlich und kompliziert, besonders, wenn es alternativlos wird, also einer anerkannten Wahrheit entsprechen soll, die ja dem Wesen nach alternativlos sein müsste da wahr. Dazu fällt mir immer der kluge Satz von Ernst von Foerster ein, dass die Wahrheit die Erfindung eines Lügners sei. Dem stimme ich gerne zu und daraus folgt viel für mein Menschenbild, das Alternativen zulässt und keine Wahrheit für sich in Anspruch nimmt, die Freiheit so zu sein, sogar für wichtiger hält, als den eher diktatorischen Anspruch auf Wahrheit, dem eine wissenschaftsgläubige Gesellschaft so gern verfällt.
Sind wir das überhaupt noch, frage ich mich in unserer gern coolen immer irgendwie post- irgendwas Gesellschaft, die nichts wirklich mehr ist, keiner Ideologie mehr konsequent anhängt und auch die Wissenschaft gerne durch alternative Lehren in Fragen stellt und dann glaubt, was gerade gefällt, auch wenn dieser Glaube manchmal tödlich sein kann, scheint er den Betroffenen schöner als die nüchterne Wissenschaft und so geben sie sogar ihre Freiheit freiwillig für irgendeinen Glauben auf, mit dem sie aufwuchsen und nennen die neue Unfreiheit in Dummheit dann Glaubensfreiheit, aber das wäre eine andere Geschichte und führte hier vermutlich zu weit.
Freiheit bleibt die Möglichkeit, auszuwählen und zu entscheiden. So können wir am Beispiel der hundert Sorten Zahnpasta oder Duschgel, die in Wirklichkeit kein Mensch je braucht, im Gegenteil, Seife ist gesünder, den Unterschied zwischen Freiheit und Unfreiheit in den Systemen erklären. Auch wenn ich mein Leben quasi alternativlos jeden Tag nach dem möglichst gleichen Rhythmus lebe, dies will und brauche, um frei denken zu können, weiß ich doch um die Alternativen.
Esse jeden Tag das gleiche und tue dies auf die immer gleiche Art, mag keine Abweichungen bei der Zubereitung meiner Haferflocken oder meines Tees und habe diese Gewohnheiten, die meinem Leben Ordnung und Rahmen geben mit der Zeit als würdige Zeremonie lieb gewonnen. Doch bin ich mir dabei sehr wohl bewusst, wie unfrei mich die zwanghafte Befolgung solcher Riten machen könnte, wie es mir schon mal eine relativ verständnislose Lebensabschnittsgefährtin vorhielt, die gern spontan chaotisch und kreativ alles machte, was mir wiederum zutiefst zuwider war und mich völlig durcheinander brachte, warum ich heilfroh war, diese nach einigen Monaten wieder los zu sein. Unser Verständnis von Freiheit passte definitiv nicht zueinander.
Sie wuchs in einer Diktatur auf, die sie hasste und als das System der dummen Spießer bezeichnete, in der Geist nur in der Opposition weiter lebte, der sie aber, da sie unpolitisch war, auch nicht wirklich angehörte. Zugleich war sie vermutlich ein Missbrauchsopfer in Kinderzeiten allerdings ohne zu große Erinnerungen nur dunkel davon irgendwie getrübt, was ihre große Schwester erzählte und was sie lebenslänglich für mein Gefühl unfrei machte, zu genießen, was neben dem unterschiedlichen Gefühl für Freiheit ein dauerhaftes Zusammensein unterträglich gemacht hätte, da der schönste Genuss fehlte und ohne echte Erlösung in der Lust sind wir ohnehin immer unfrei, nach meinem Empfinden.
Doch sagen alle Studien, dass danach über 90% aller Frauen unfrei wären und nach meinen, zugegeben geringen Erfahrungen, wären es sogar 99%, was mir unfair und unmöglich andererseits schiene. Gibt es sexuelle Freiheit ohne Fähigkeit zum geteilten Höhepunkt und zum Genuss, also Glück überhaupt oder sind all diejenigen, die nie können, immer unfrei und erklärt sich aus diesem seltsamen Trick der Natur die Entstehung der Herrschaftsstrukturen. Was sagt mir die Fähigkeit zur Lust also zur Freiheit, frage ich mich und fürchte schon, dass viele denken, nun kommt er mal wieder vom Thema ab, schreibt wieder über sein Lieblingsthema Sex, statt über die hier fragliche Freiheit. Es scheint mir aber, als gäbe es hier einen engeren Zusammenhang als viele ahnen, denn wer, der keine Befriedigung erlangt, könnte wirklich glücklich genannt werden und was soll der Mensch in Freiheit erstreben, wenn nicht Glück, womit sich der Kreis schließt.
Trotzdem kenne ich viele glückliche unbefriedigte Frauen und seltsamerweise auch unglückliche und unzufriedene zur Befriedigung und zum höchsten Glück fähige Frauen, was mich an der Tauglichkeit dieses letzten und intimsten Maßstabs für Freiheit wiederum zweifeln lässt und so komme ich bei der Frage was Freiheit ist wie so oft mit Montaigne zu dem Schluss, was weiß ich schon. Lasse es also offen und stelle mir auf der Suche nach Erkenntnis darüber noch weitere Fragen um dauerhaft glücklich zu sein und zu leben, was ja für mich logisch in Freiheit wäre.
Ins Grübeln bringt mich dabei nur der Gedanke, wenn ich nun seit längerem mit der einzig richtigen ins Bett gehe, daran nichts ändern möchte, dies gar noch mit ihr für alternativlos hielte, wäre ich bei der Auswahl meiner Sexualparntnerin unfrei. Dann würdigte ich sie aber nicht als beste Wahl, was ihr wiederum auch nicht gerecht würde. Aber vielleicht komme ich über die anderen Fragen zur Lösung dieses Problems. Bei dieser nüchternen Betrachtung nur der sexuellen Handlung bleiben die dabei so wichtigen Gefühle noch außer acht, warum die Abstraktion eigentlich absurd ist.
Gibt es Freiheit auch geschenkt?
Freiheit will erobert sein, sonst ist sie nichts wert, ist eine gern wiederholte Parole der Jugend. Diese besteht besonders gern auf die Freiheiten, die sie erreichte, mit 16 am Kiosk Bier kaufen, ab 18 alles übrige. Die Volljährigkeit könnte aber eine geschenkte Freiheit sein, da sie ohne unser Zutun mit Zeitablauf eintritt, wenn sie denn eine wäre und die fehlende Eroberung nicht den Charakter einer Freiheit ausschlösse.
Was alternativlos ist, ist unfrei, geistert es mir immer noch durch den Kopf. Danach würden Jugendliche nicht mit 18 frei und erwachsen, auch wenn sie dann alle Rechte besäßen, sondern eher im Gegenteil, was auch absurd klingt. Mit 18 erhalten wir die volle staatsbürgerliche Freiheit und Verantwortung, auch wenn vor Gericht da nach Einsichtsfähigkeit ein gewisser Spielraum von einigen Jahren genutzt wird. Ist der Aufstand in der Pubertät vielleicht so nötig, um anschließend, frei zu sein, frage ich mich, oder müsste Freiheit nicht jenseits aller Dialektik liegen, bräuchte also keine Eroberung, käme von allein, wenn wir so weit sind, wofür die normierten 18 bloß ein allgemeiner Maßstab sind, der relativ passgenau ist, in manchen Fällen aber auch total daneben liegen kann.
Unklar ist für mich dennoch, ob es das Gefühl von Freiheit auch ohne vorherigen Kampf gegen ihre Abwesenheit geben kann. Dann etwa wären die ehemaligen DDR-Bürger, die damals gegen die Diktatur protestierten und sich die Freiheit eroberten, die besseren Demokraten als ihre Schwestern und Brüder im Westen, die sie nur geschenkt bekamen von den Alliierten nach dem Krieg, wenn sie auch in der Praxis damit vielmehr Erfahrung gemacht haben und sich viele Jahre bereits als Demokraten bewährten, während im Osten noch bis 1989 die rote Form des Faschismus herrschte.
Warum aber dann dennoch einige unter den Widerständigen der DDR heute die Linke also die Nachfolgerin der SED wählen, scheint mir paradox, auch wenn diese Funktionärspartei so gerne den Wandel von sich behauptet oder sich als Sammlungsbewegung geriert, als wäre sie eine Glaubensgemeinschaft, was mir bei Linken ohnehin das stärkere Gefühl zu sein scheint als die kritische politische Vernunft.
Frage ich mich kritisch, ob ich die Freiheit erobert habe, fallen mir die Kämpfe mit meinen Eltern ein oder mit dem Rechtsstaat als Anhänger von Greenpeace oder Gegner der Startbahn West, gar der Besuch von Ostermärschen in Jugendtagen, als wir noch glaubten demonstrieren ändere die Welt. Später die immer Teilnahme an Wahlen in meinem Land, auch wenn mir manches mal meine dann Wahl alternativlos schien, was sich im Alter immer mehr relativierte, warum ich mich fragen könnte, ob die Toleranz des Alters freier ist oder die Intoleranz und der ideologische Absolutismus der Jugend, die sich die Freiheit und Toleranz der Alten erst erobern muss - bin ich mit über Mitte vierzig nun alt oder in der Mitte, wesensmäßig, nicht nominell und was muss ich in dem Alter noch erobern, auf was kann ich mich ausruhen, frage ich mich weiter.
Die Freiheit ist sicher ein Geschenk, ob wir es ohne Kampf würdigen können, ist wohl eine Frage unseres Wesens mehr, als es die Freiheit betrifft. Wer die Freiheit aber erobert, hat sie für sich, scheint sicher und lassen wir außer acht, was zur Eroberung getan werden musste und was dann noch von der Freiheit übrig blieb, grübele ich und denke dabei etwa an den Sohn von Fidel Castro, der sich gerade erschoss, was nach Epikur wie nach Lukrez guter Ausdruck unser echten Freiheit wäre, der echteste eigentlich nur mit dem Nachteil, dass wir sie danach nicht mehr haben. Wir gäben also das, um was es im Leben geht mit dem Freitod auf, um es zu erreichen, was schön nach Zen klingt und auch ansonsten im Ergebnis eher bescheuert und religiös als menschlich wäre. Vergessen wir den Freitod und die Freiheit dazu lieber, er führt nur zu nichts.
Ist was erobert wurde ein steter Kampf?
Wer die Freiheit einmal eroberte, wird immer um sie ringen, sind die großen Sprüche der Freiheitskämpfer. Warum aber sollte ich als Mensch nach etwas streben, was steten Kampf bedeutet, statt glücklich und zufrieden mit dem zu sein, was ist, frage ich mich heute eher.
Bin ich faul, wenn es mir verlockender scheint, im Glück zu leben, als die Freiheit, um jeden Preis zu erobern, für sie sogar mein Leben zu riskieren, wenn sie gefährdet scheint, wäre die sich anschließende Frage und ist es für die Menschheit besser, wenn sie faul ist oder wenn sie das Glück genießt, wie es sich zeigt und das als die große Freiheit betrachtet, ein glückliches Leben zu führen.
Kampf bedeutet Gefahr, Überwindung und Auseinandersetzung. Zwar kann ein Kampf, wenn er gut verläuft, auch zum Genuss werden, doch liegt das selten allein in unserer Hand. Dagegen sind wir frei, glücklich zu leben oder nicht. Gestatten es uns die Umstände nicht, in Freiheit zu leben, kann ein Kampf um diese angemessen und vernünftig erscheinen und im Ergebnis unsere Freiheit mehr vermehren, als ein bequemes Ausharren in der Unfreiheit. So haben die Attentäter des 20. Juli bewusst ihr Leben riskiert, um gegen die Unfreiheit der nationalsozialistischen Diktatur zu kämpfen und auch wenn es nicht glücklich endete, finde ich den Versuch ehrenvoller als ein nur angepasstes ausharren auf der Suche nach dem größtmöglichen persönlichen Glück. Es gibt also Ausnahmen, in denen das Risiko eines Kampfes das Glück der Ruhe überwiegen kann. Doch sie sind selten und wollen wohl abgewogen sein.
Wer in Freiheit leben will und dafür etwas riskiert, strebt auch nach Glück, dem der Freiheit, die das Unglück der Unfreiheit überwindet. Insofern scheint mir dies Streben normal und menschlich gut. Wo dies Glück aber im steten Kampf gesehen wird, kann etwas nicht stimmen, sagt mir das Gefühl und die Vernunft bestätigt es. Wäre es doch unvernünftig, nach einem Leben voll steter Kämpfe zu streben, statt nach Erfüllung und Glück.
Doch wie der Kampf um den Höhepunkt beim Sex auch ein Ringen sein kann, das nach Erfüllung strebt, eben der möglichst gemeinsamen Befriedigung, kann auch der Kampf um Freiheit zur Befriedigung an sich werden, die allerdings schnell Gefahr läuft über diese kämpferische Lust das Glück des Friedens zu vergessen und alles zu riskieren.
So kann der Kampf der Freiheit dienen, damit auch dem Glück, ist aber kein Glück an sich, bedeutet sogar die Inkaufnahme von Unfreiheit, auch wenn diese dem Ziel einer größeren oder höheren Freiheit dienen kann. Wann dies so ist, sollte immer jeder für sich im Lichte des persönlichen Genusses auswerten, bevor in den Kampf gezogen wird.
Wann sind wir glücklich?
Wenn wir tun können, was uns glücklich macht und uns für das Glück entschieden haben. Ob ein Los oder Lotteriegewinn Glück bringt, könnte schon vom Ergebnis her fraglich sein, zumindest ist das Ergebnis nicht auf unser Tun zurückzuführen. Wir nennen es darum auch ein unverdientes Glück, besonders wenn wir neidisch sind, obwohl diese Umschreibung eigentlich immer richtig ist für alles Glück, was ohne Einfluss unseres Willens eintritt.
Ganz unabhängig vom zufälligen Glück halten wir uns oft genau dann für am glücklichsten, wenn uns jemand liebt, dem wir das gleiche Gefühl entgegen bringen. Auch das Gefühl des anderen hängt nicht von unserem Willen ab. Wir können manches dafür tun, dieses Gefühl zu erhalten, auch wenn es leicht zu viel des Guten ist und das Gegenteil hervorruft, aber wir können nichts tun, es hervorzurufen, auch wenn der Aberglaube sich dazu einiges einbildet und manche Mittelchen teuer verkauft, sind sie schon von der Sache her kontraproduktiv, da Liebe nur einen Wert hat, wenn sie freiwillig und von sich aus kommt, der andere mich um meiner selbst willen liebt, weil es seinem Gefühl entspricht.
So sind wir oft am glücklichsten, wenn etwas geschehen ist, auf das wir nur teilweise Einfluss haben und was vom Willen eines anderen abhängt. Damit hängen wir unser Glück an einen einen anderen und sind von dessen Willen und Launen abhängig. Die Epikuräer stellten diese Unfreiheit im höchsten Glück sehr vernünftig infrage. Geändert hat es nichts, zumal der Eroberungszug der Liebesglücksreligion Christentum diese Orientierung noch verstärkt und transzendiert hat. Es scheint immer noch vielen Menschen normal ihr Leben auf ein nur geglaubtes jenseitiges Glück auszurichten und wichtiger als sich um ihr Glück im Leben selbst zu kümmern. Sehr vernünftig ist dies Verhalten nicht, aber ob es vernünftiger wäre sein Glück auf die Liebe eines anderen zu stellen, den ich nicht nur phantasiere, sondern der ganz real tut, was ihm gefällt, scheint mir zumindest einen Gedanken wert.
Angesichts der Größe des Glücks, das wir in der Liebe miteinander erfahren können, scheint mir das Risiko aber weniger schwer, als der Schaden den ein Verzicht auf die Liebe bedeutete, ganz davon abgesehen, dass eine Entscheidung über Liebe oder nicht selten vernünftig getroffen wird, sondern primär eine Gefühlsfrage ist, also von verschiedenen Hormonen, Duftstoffen und Harmonien abhängt, die etwas in uns zum Klingen bringt. Die Liebe ist ein Konglomerat von Dingen, das größtes Glück und größtes Unglück bringen kann. Da es jedoch nicht allein von uns abhängt, wäre es wohl vernünftiger, sein Glück nicht an diese Hoffnung zu hängen, das Gefühl eines anderen möge bitte anhalten.
Sollte dies jedoch der Fall sein, wären wir dumm das Glück nicht zu leben, das sich uns so offenbart. Auch dabei auf Dauer oder ein Leben miteinander zu bauen, kann gut sein und glücklich machen. Tue es selbst und finde es angesichts meiner Lage auch meist sehr vernünftig, zumindest fühlt es sich richtig so an.
Doch braucht Glück ein stabileres Fundament als das Gefühl und die Launen eines anderen Menschen. Glücklich auf Dauer können wir auch mit dem anderen nur sein, wenn wir mit uns selbst glücklich sind, also stabil in uns ruhen, tun, was uns gut tut. Dies sagt sich vermutlich leichter, als es zu tun ist, wenn uns eifrige Liebe völlig kopflos macht, werden wir nicht zuerst an die Beseitigung unserer Selbstzweifel denken wollen und das ist vermutlich auch gut so, weil andernfalls unser Auftritt meist wesentlich weniger attraktiv erschiene als umgekehrt. Andererseits ist die gesunde Selbstliebe auch eine conditio sine qua non, wie die Juristen sagen, eine Bedingung ohne welche es nicht geht.
Glücklich würde ich nur denjenigen nennen, der mit sich zufrieden ist, in sich ruht, tut, was sich gut und richtig anfühlt. Niemand ist es vermutlich immer. Vielleicht lassen uns manche Schwankungen auch die Größe des Glücks erst wirklich erkennen, wenn wir es empfinden, auch wenn ich nicht dazu neige Glück und das Leben dialektisch zu definieren, gehört ein gewisses auf und ab wohl zum Leben wie zum leidenschaftlichen Liebesakt.
Der Kernpunkt ist die Selbsterkenntnis und das Streben nach eigenem Glück. Glücklich bleibt nur, wer das Glück in sich findet und aus sich schöpfen kann. Wer sein Glück und sein Leben nur an andere hängt oder das Sein mit ihnen, kann nie auf Dauer glücklich sein und wird ständigen Schwankungen unterliegen, auf die ein Einzelner keinen Einfluss hat. Wo ich zufrieden mit mir zuerst in mir ruhe, dort stabil alles habe, was es zum Glück braucht, kann ich mein Glück auch teilen und in der Liebe zusätzlich glücklich sein.
Ob die Liebe an sich oder der Sex mit Liebe das größere Glück ist, kann ich nicht beurteilen. Wichtiger erscheint mir, so stabil zu sein in der eigenen Zufriedenheit, dass zufällige Launen eines anderen nichts oder doch nur wenig am eigenen Glück ändern können. Nach dieser hohen Kunst ein Leben lang zu streben, scheint mir die wichtigste Aufgabe, da wer mit sich glücklich und zufrieden ist, auch andere glücklich machen und sein Glück teilen kann.
Was es braucht, das Glück zu finden, kann ich niemandem sagen, da es jeder für sich tun und entscheiden muss und jegliche Vorgabe die Chance es zu finden verringert und ich möchte ja niemandem seine Chance auf das große Glück nehmen. Danach zu streben macht zumindest glücklicher und zufriedener, kann ich aus meinem Versuchslabor auf der Suche nach dauerhaftem Glück berichten.
Die Liebe ist darum nicht weniger wert als das eigene Glück, sie kann dieses zu höchster Schönheit führen. Aber sie kann eben auch nur auf Dauer sein, wenn wir uns selbst lieben und mit uns glücklich sind. All dies zeigt die große Rolle der Freiheit bei der Suche nach dem Glück und der Möglichkeit es zu finden. Wer auf Dauer auch in der Liebe glücklich sein möchte, muss dazu bei sich anfangen und sein Glück dauerhaft und unabhängig definieren können. Wenn dies beide können, ist genug Glück vorhanden, es zu teilen und damit zu vermehren. Fehlt es daran, werden Zweifel die Gnade und das Glück der Liebe leicht zerstören können, zumindest immer wieder gefährden, viel Unruhe bringen, was keiner Liebe gut tut.
Insofern die Liebe zu sich und also die Stabilität die Basis und Voraussetzung des großen Glücks der Liebe ist und diese wiederum jeder nur in Freiheit für sich entdecken kann, braucht es die Freiheit, um glücklich zu sein, auch wenn wir es gerade in der Liebe lieben, uns in neue Unfreiheit zu geben und uns einander zu schenken. Aber schon diese Schenkung setzt, spielen wir diese Idee der Liebenden einmal juristisch durch, die Freiheit dies zu tun und also Eigentum voraus, dahingestellt ob in der Liebe auch der Besitz an sich genügte, wenn wer meint keiner könne Eigentum an sich haben.
Es erscheint also auf vielen Ebenen vernünftig, nach Glück zu streben und dabei bei sich anzufangen, auch um sich und anderen wertvoll zu sein. Was nun nach einem nüchternen Handel klingt, kann, wenn wir bewusst danach streben, aber viel glücklicher machen als all die wechselnden Versuche auf zufälliges Glück zu setzen, oder sich dabei von anderen abhängig zu machen. So genieße ich die Freiheit, glücklich zu sein und nach diesem Zustand zu streben, damit ich mein Glück auch in der Liebe, die ja ebenfalls Freiheit braucht, um sich für den anderen zu entscheiden, teilen kann und es auf Dauer bleibe, was mir der höchste Genuss scheint und wichtiger als der kurze schneller Wechsel.
jens tuengerthal 3.2.2018
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