Sonntag, 28. September 2025

Lektürentagebuch 28.9.25

Lektürentagebuch 28.9.25

Zum Sonntag weiter im Geisterfrühstück
Von Wolf von Niebelschütz heute über die 
Konversation und was eine gute ausmacht
Wann sie gerne in Erinnerung bleibt

Sehr formelhaft werden hier bekannte
Plattitüden wiedergekäut was selten lohnt
Auch hier nur ein mildes Lächeln weckt
Oder sogar empört über die Damen 

Wenn Niebelschütz meint diese wären 
Am besten als Zuhörerinnen wenn sie
Schwiegen oder fragten würden jedoch
Peinlich meist wenn sie selbst redeten 

Amüsant zu lesen dennoch gibt es viele
Der Vorurteile aus der Generation noch
Unserer Großeltern weiter die meist sogar
Seines Alters selbst etwa noch waren

Nachdenkenswert ist wie bewertet wird
Was als gut und tauglich noch dabei bis
Heute gilt was eher lachhaft scheint als
Ratgeber untauglich aber unterhaltsam

Ein wenig umständlich schreibt diese
Koryphäe des Übergangs auch darum
Las ich den Roman nie zu Ende aber
Fein dabei über doch gute Themen

Der Edelmann ist edel unterhaltsam
Wie für ihn hier Konversation sein soll
Die er längst verloren glaubt zu mehr
Reicht es selten der Adel lernte reiten 

Nach der Überschrift Geister folgt das
Siebente Kapitel von Lázár des Nelio Biedermann der uns seine eigene
Familiengeschichte damit auch erzählt

Erzählt wird wie die Jahre über das große Habsburgerreich dahinzogen wie die
Roma mit ihren Zirkuswagen durch die im
Donausumpf versinkenden Monarchie

Sándor fährt nun häufiger nach Pécs wo
Er das erstmal liebte und nun eine neue
Geliebte fand der er zu ihrem Haus im
Arbeitetviertel gefolgt war und sie ansprach 

Mária die seit Lajos Geburt eine Meisterin
Im Lügen geworden war durchschaute die
Lügen ihres Mannes der Geschäfte als
Grund vortäuschte sofort aber tat nichts

Sie hatte nach zu vielen kleinen Kriegen
Die es täglich zwischen ihnen gab längst
Aufgegeben sie wusste nur noch nicht was
So besucht Sándor Frau Virág wöchentlich

Er hatte ihre Wohnung gekauft wie Kleider
Elegante Stiefeletten und vieles mehr auch
Ließ er immer genug Geld da dass sie bald
Nicht mehr sonst etwas arbeiten musste

Doch sie liebte nicht sein Geld sondern
Seine Eleganz die ihr natürlich vorkam
Auch wenn die Maske ihn sehr anstrengte 
War er für sie Verkörperung der Eleganz 

Dennoch war sich der Baron nicht zu
Schade sein Gesicht in ihren nur selten
Gewaschenen Schoss zu versenken
Im Gegenteil vergötterte er ihren Körper

Sie hatte ihn immer für gewöhnlich nur
Gehalten doch war es was er suchte
Márias Körper war zur Tempelruine einer
Längst erloschenen Religion geworden

Dagegen war Frau Virágs Körper die
Stätte blühenden Glaubens dem er
Huldigte indem er in ihren feuchten Schoss
Stieß und Dreck von ihren Füßen leckte

Seine Nase bohrte er in ihre Achseln
Platzierte ihren Hintern auf seinem Gesicht
Unter diesem konnte er alles vergessen
Das zerbröckelnden Reich wie die Familie

Mit Leidenschaft und Schönheit wird die
Liaison von Sándor beschrieben wie der
Steife Baron der Lust folgt und so aus
Dem inszenierten Leben ausbricht

Es ist diese Mischung der Welten die
Mit feinen Details von Schuhen bis
Mantel beschrieben wird und was das
Feuer seiner Lust brennen lässt

In der Ehe spielt er seine Rolle als
Der Herr Baron von Lázár aus dem
Waldschloss bei Frau Virág wurde
Ein anderer Teil von ihm lebendig

Ob es in der Ehe echte Leidenschaft
Geben kann oder nur mit Geliebten
Wie Mària sie mit dem Knecht fand
Ist unklar oft schläft die Lust ein 

Wäre es vollkommen alles in einer
Person finden zu können oder teilen wir 
Es besser auf weil nicht alle Welten
Alles haben können glücklich zu sein

jens tuengerthal 28.9.25

Liebesgeschichte

Liebesgeschichte

Die Liebesgeschichte
Endet niemals es kommen
Stets neue dazu

jens tuengerthal 28.9.25

Nichtstun

Nichtstun

Das konzentrierte
Nichtstun könnte wichtigste
Aufgabe werden

jens tuengerthal 28.9.25

Endlichkeit

Endlichkeit

Endlichkeit hat doch
Viele Vorteile anders
Als Unendlichkeit

jens tuengerthal 28.9.25

Liebesheilung

Liebesheilung

Liebesleiden sind heilbar
Zumindest theoretisch
Praktisch wird es eher
Kompliziert meistens

Am effektivsten ist dabei
Ablenkung durch verlieben 
Nehme inzwischen lieber
Bücher anstatt weil sie

Weniger leiden lassen
Was jede neue Liebe
Irgendwann doch tut
Kenne keine Ausnahme

Die Liebe geduldig auch
Nach Pausen erwidern 
Es für jede Stimmung die
Passenden Bände noch gibt 

Du nie mit ihnen reden musst
Sie noch nie launisch waren
Keinerlei Eifersucht kennen
Aber alle Freunde ersetzen

Vollkommen glücklich machen
Sogar Befriedigung schenken
Seitdem leide ich fast nicht mehr
Solange ich bei Büchern bleibe

Waren sie die beste Heilung
Die mehr gab als jede Liebe
Warum ich heute meiner
Heilerin für immer treu bleibe

Ohne etwas zu vermissen
Zumindest theoretisch
Denke ich Samstagnacht
Allein in meiner Bibliothek

jens tuengerthal 28.9.25

Samstag, 27. September 2025

Phantasieflucht

Phantasieflucht

Wie ist die Welt gerade schrecklich 
Ist ein Gedanke der schlicht lähmt
Welche hätte ich viel lieber endlich 
Setzt Geister frei die keiner zähmt

Angesichts der Wirklichkeit ist eine Flucht
Ins Reich der Phantasie so naheliegend
Wie wohltuend und so mache ich mir
Die Welt lieber wie sie mir gefällt

Prometheus der einst den Menschen
Die Macht des Feuers in gab wurde 
Dafür von den Götter hart bestraft
Auf ewig an den hohen Atlas gekettet 

Möchte den Menschen lieber keine 
Neuen Waffen geben sich zu befreien
Es genügt das vorhandene Werkzeug
Phantasie im Bündnis mit Vernunft

Sage keinem wie seine Welt sein soll
Damit es allen gut geht auch keiner 
Damit alle angesprochen sind sondern
Macht euch die Welt wie sie euch gefällt 

Flüchtet euch mit Pipi Langstrumpf aus
Grauer Realität in die Villa Kunterbunt
Findet heraus was euch dort gut tut
Dann haben alle ihre wundervolle Welt

Diese wird bunt wie vielfältig sein sich
Nie in nur einer Sprache verständigen
Können aber alle werden glücklich dort
Leben nach ihrer Phantasie eben

Wenn wir das etwas wirklicher werden
Lassen könnte es sich für alle lohnen
Um nach der Flucht ins Reich der 
Phantasie bei sich anzukommen

jens tuengerthal 27.9.25

Wahnsinnsherrschaft

Wahnsinnsherrschaft

Es herrscht der Wahnsinn wieder
Über die schon verrückte Welt
Wer wird sich da noch wundern
Wenn alle den Verstand verlieren

Ein Trump schickt Truppen der Armee
Gegen Bürger des eigenen Landes um
Die terroristische Bedrohung durch die
Antifa die er erfand zu beseitigen

Tatsächlich sind alle Städte in die der
Totalitäre Machthaber aus Washington
Bisher Truppen entsandte stets noch
Von Demokraten regiert worden

Von seiner peinlichen Rede vor den
Vereinten Nationen schweigen wir
Lieber hier es war wieder nur das
Übliche in Wortbausteinen dazu

Noch dreister log nun der bekannte
Verdreher der Wirklichkeit Lawrow
Vor der UN Versammlung machte
Russlands Propagandalügen publik

Der Westen sei schuld am Krieg in 
Der Ukraine dieser provoziere nun
Einen Krieg gegen Russland mit den
Angeblichen Luftraumverletzungen

Weil sich die NATO den ständigen
Provokationen aus Moskau deutlich
Entgegenstellt provoziere diese den
Weltkrieg gegen Russland weiter 

Noch immer wird es Menschen geben
Die diesen Wahnsinn glauben weil ihr
Führer Putin doch ein guter Mann sei
Statt das Problem hier zu erkennen

Im Westen wie im Osten herrscht so
Der Wahnsinn von der Diktatur in
China die allein zur Weltherrschaft will
So siegen könnte ganz zu schweigen 

Es ist der Wahnsinn ausgebrochen
Aussichten auf Heilung bestehen nicht
Wie die Welt zu retten ist bleibt unklar
Zeit endlich alle Staaten abzuschaffen

Wer braucht noch diese Ansammlung 
Von Macht die stets zu Missbrauch führt
Den Wahnsinn stoppt nur wer sie bricht 
Keine Macht für niemanden mehr gibt

Damit wir machtlos friedlich leben können
Genügt der kategorische Imperativ der
Das Gewissen zum Gesetz erhebt was 
Kein Staat kann der Normen anstatt setzt

Keine Staaten keine Nationen keine 
Grenzen zwischen Menschen die
Miteinander mit Vernunft wieder leben 
Um das wenige was bleibt zu genießen

Wagten nur mehr vernünftig kritisch
Wieder zu denken statt nur kollektiv 
Dem Wahnsinn zu verfallen wären
Die Probleme der Welt bald gelöst

Unklar ist an dieser Stelle nur ob alle
Die mehr und lieber auf ihren Bauch
Künftig hören wollen was viele sagen
Sich dieser Vernunft entgegenstellen

Es wird um die Welt nochmal zu retten
Wohl eine neue Aufklärung brauchen
Die vom Aberglauben uns befreit das
Macht nötig und nützlich je wäre

Vom übrigen Aberglauben an Jenseits
Wiedergeburt und Götter befreiten sich
Die aufgeklärten Menschen dann selbst
Was die beste Erledigung der Religion ist

Frage ich mich aber wann eine längst
Vernetflixte Gesellschaft so weit ist 
Die sich lieber berieseln nur lässt statt
Statt endlich kritisch zu denken

Bleibt nur die Hoffnung auf eine bald
Letale Lösung von der Menschheit den
Planeten in Frieden leben zu lassen
Das folgte dann Natürlicher Intelligenz

jens tuengerthal 27.9.25

Lektürentagebuch 27.9.25

Lektürentagebuch 27.9.25

Im fünften Kapitel ist die Familie Lázár
Im gleichnamigen Roman von Nelio 
Biedermann im Urlaub den alle auf
Ihre Art in der Kurstadt Héviz genießen 

Ilona genießt die Ruhe und das Licht
Wie vor allem die bald Abwesenheit
Ihres Vaters dessen Rascheln mit der
Zeitung ihr schon schlechte Laune machte

Sie liebte den Duft der Bettwäsche die
Mit Lavendelseife gewaschen wurde
Wie die Geräusche der Straße die in
Ihr Zimmer drangen ohne zu stören

Es war alles wie jedes Jahr und der
Gedanke beruhigte sie dass alles
Dort so gewohnt war ganz unabhängig
Von ihr wirkte wie nichts anderes sonst

Auch Mária blühte in der Kurstadt
Auf weil sie unter Menschen war ihre
Kur war Sehen und Gesehen werden
Gesehen zu werden war das Mittel

Das einzig wirksame dazu gegen das 
Gefühl nicht zu existieren nur aus Worten
Oder Gedanken zu bestehen doch meist
Kam sie dort nicht zum nachdenken 

Die Osterzeremonien beanspruchten alle
Zeit mit beten essen und rot bemalte Eier 
Zu suchen und so zu tun als habe sie den
Osterhasen gerade verschwinden sehen

Nach Ostern entspannte sie sich von den
Feiertagen und dem vielen Essen dann im
Thermalbad traf Bekannte mit denen sie
Über andere Bekannte tratschte

Dazu gab es Einladungen zum Dinner
Bälle Kino und Theater also endlose
Möglichkeiten etwas zu tun was ihr im
Schloss so sehr fehlte 

Auch Ida das Kindermädchen blühte 
Im dort Frühling mit roten Wangen da
Sie wenn der Vater nach sechs Tagen
Wieder abfuhr wenn die Kinder schliefen 

Abends über Nacht ihren Paul zu sich 
Kommen lassen durfte doch schlief Ilona
Nicht sondern lauschte gespannt allen 
Geräuschen der Lust im Zimmer über ihr

Dies erregte sie wie die Vorahnung von 
Etwas Großem und gegen das Kribbeln
In ihrem Unterleib half nur sich ein Kissen
Zwischen die Schenkel zu schieben

An diesem rieb sie dann ihren seltsam
Kribbelnden Unterleib morgens früh musste
Paul gehen der bei Grünfelds gegenüber Diente und gab seiner Ida einen Stirnkuss

Seine schweren Schritte auf der Treppe
Weckten Mária die an ihren Pál dachte
Wie Ida die der Kuss weckte an ihren Paul
So genossen alle auf ihre Art den Urlaub

Im sechsten Kapitel lernen wir neu den
Jakub Jakubowski kennen der vierzig
Jahre als Schreiber bei einem Hauptmann
An der Grenze zur Ukraine diente 

Dort schrieb er ausschließlich Liebesbriefe
An die sieben im ganzen Habsburgerreich
Verteilten Frauen und Geliebten seines
Hauptmanns dazu las er auch ihre Briefe

Entsprechend fühlte er sich von sieben
Wunderbaren Frauen aus dem ganzen
Bunten Reich geliebt und wurde aber
Durch seine Arbeit immer unsoldatischer

Doch er wurde älter und wurde dann
Entlassen war kein Teil der Armee mehr 
Sondern einfacher galizischer Bürger
Ganz allein in der endlos weiten Welt

In das Dorf mit dem Waldschloss kam er
Weil dort Judika lebte die ihm stets die
Liebste der sieben gewesen war durch
Ihre Briefe war sie ihm vertraut geworden

Er ging zu ihrem Haus dessen Adresse
Von all den Briefen er gut kannte und
Klopfte an die Tür immer wieder bis
Sich gegenüber ein Fenster öffnete

Eine Nachbarin rief ihm zu da könnte
Er lange warten die Judika sei tot
Nachdem Jakub erst dachte nun müsse
Er auch sterben kaufte er das Haus

Als Lajos fünf wurde stellte der Baron
Jakub als Hauslehrer für den Jungen an
Mit dem Auftrag er solle ihn hart ran
Nehmen damit er ein Baron Lázár würde 

Keiner wusste dass Jakub zuvor nur
Liebesbriefe geschrieben hatte nur Lajos
Spürte es und lernte voller Eifer vor allem
Schreiben wurde seine Leidenschaft

Wie von einem Zwang getrieben musste 
Lajos all seine Gedanken aufschreiben
Ihnen eine Form zu geben doch die
Meisten dieser Zettel verschwanden

Wie der Junge nun seinen Onkel Imre
Fragt wie das sein könne meinte dieser
Das Schloss verschlucke sie es lebe von
Erinnerungen was nach Hoffmann klingt

Nur eine besonders schön geschriebene
Aus dem Jahr 1906 die er auf kostbares
Büttenpapier schrieb tauchte immer
Wieder auf womit das Kapitel endet 

jens tuengerthal 27.9.25



Lieblos

Lieblos

Lieblos lebt es sich
Leichter als weiter verliebt
Auch in das Ende

jens tuengerthal 27.9.25

Zwischen

Zwischen

Zwischen beinah schon
Glücklich und immer traurig
Kann wenig liegen

jens tuengerthal 27.9.25

Nochnichtsein

Nochnichtsein

Noch wäre kein Krieg
Nur kein Frieden mehr meinte
Der Bundeskanzler

Im noch nicht suchen
Menschen noch eine Zukunft
Ohne Sicherheit

jens tuengerthal 27.9.25

Liebesflucht

Liebesflucht

Liebe kommt gerne für immer
Bleibt manchmal ewig lang
Aber ist immer schnell flüchtig
Verschwindet dann spurlos 
Als wäre nie etwas gewesen
Von für immer redet dann keiner
Mehr wenn weniger bleibt wohin
Die Flucht der Liebe geht
Weiß meistens niemand der
Sie verloren hat und den anderen
Fehlte ja meistens eher nichts
So bleibt die Liebesflucht
Am Ende auch egal

jens tuengerthal 27.9.25

Herbstnachttiesling

Herbstnachttiesling

Gegen halb eins im Crossroads
Das oben und unten gut gefüllt ist
Angekommen und erstmal gratuliert
Dem letztwochigen Geburtstagskind

Als ich oben schließlich ankam hatte
Die gute Selma schon meinen immer
Riesling unbestellt mir hingestellt die
Übrigen Bekannten in Ruhe begrüßt

Tino noch unten begrüßt und an ihm
Vorbei den Weg auf meine Bank mit
Flaneureüberblick wieder Erwarten
Leicht gefunden hier sitz ich nun

Ob mit dem ersten Schluck Riesling
Intus noch so klug wie zuvor ist wohl
Ungewiss aber nicht weiter auffällig
Selma ist wieder bunt schick

Am Ende des Tresens ist Volker im
Wie immer intensiven Gespräch mit
Einem bebrillten Herren der es tapfer
Erträgt und gelegentlich was sagt

An den Stehtischen sitzen verschiedene
Unklarer Zusammengehörigkeit von
Mindestens zwei Geschlechtern der Rest
Entzieht sich dem Blick von oben

Oben vier Paare und eine Minigruppe
Eines Herren mit zwei Damen auch hier
Entzieht sich die sonst geschlechtliche
Bindung der Beteiligten dem Blick

Gerade knutscht oder fummelt keiner
Aber alle plaudern überall teils auch
Über die Tische hinweg nur Selma
Umarmt mit gewohnter Herzlichkeit

jens tuengerthal 27.9.25

Freitag, 26. September 2025

Lektürentagebuch 26.9.25

Lektürentagebuch 26.9.25

Weiter geht es im Geisterfrühstück von
Wolf von Niebelschütz in den Divertimenti
Plaudereien über das Erzählen wie das
Vorlesen als Kunst der Unterhaltung

Er erzählt von den alten Erzählern die
Am Rande der schlesischen Wälder ihre
Geschichten zum besten gaben die wohl
Hätte jemand sie aufgeschrieben allerlei

Fehler zeigen würden auf die es dank 
Der Stimmung am Feuer nicht ankam
Wie er der Joseph Conrad bewunderte 
Selbst ein Geschichtenerzähler wurde 

Der sich zwischen seinen Figuren
Gelegentlich verliert weil diese sich 
Immer weiter noch entwickeln warum
Es dauert bis er sie aufschreiben kann

Er sieht sie nicht wie Balzac als nur
Holzfiguren am Bettrand die er wenn 
Eine stirbt einfach herunter stößt eher
Hat er Figuren der Comedia dell’arte

Immer hätte er sein Publikum im Blick
Das er über mindestens 600 Seiten in
Spannung dann halten will mit seinen 
Figuren die er am Feuer tanzen lässt

Vom Vorlesen beginnt mit dem Bericht
Des Fürsten von Ligne der nach Tacitus
Dessen Germanen auch hier liegen über
Das Sterben des Dichters Petronius erzählt

Dieser ließ sich zu Musik noch schönste
Verse zu Musik aufsagen was er doch
Viel mehr der Rede wert fände als der
Grausame von Turennes oder Seneca

Deren Schönheit fesselte ihn so sehr
Dass er in der Stunde des Abschieds
Weder von Unsterblichkeit der Seele
Noch die Maximen der Weisen brauchte 

Niebelschütz meint die Verse des Horaz
Klängen hohl weil wir ihre Melodie nicht
Mehr hören können wie er die Verse lobt 
Die als Liedtexte zu uns noch kamen 

Gute Poesie klingt für sich ob durch das
Versmaß bei dem der Takt mir fremd ist
Oder durch die Melodie der Stimmen die
Ihr Echo im Dichterkopf dann finden

Er erinnert an Wilhelm Müller der durch
Schuberts Vertonungen unsterblich wurde 
Doch trügen dessen Verse schon selbst
Die Melodie des Waldes hörbar in sich

Homers Blindheit lässt ihn auf dessen 
Feines Gehör für seine Verse schließen
Durch Barden überlieferten sich die Sagen 
Von Gudrun und den Nibelungen noch

Sagen wollen gesagt werden meint der
Autor wir heutigen hätten kein Gespür
Mehr für den Klang etwa von Goethes
Reineke Fuchs der gehört werden will

Der Fürst von Ligne erfahren wir liebte
Zerstreute Menschen aber sah darin
Noch etwas anderes als wir er sah die
Tiefe ihrer Gedanken die er schätzte

Geistesgegenwart dagegen fand er dumm
Geradezu bösartig schien sie ihm können
Die Jahre seit dem Tod des einst großen 
Österreichischen Feldmarschalls genügen

Uns ihm verachtenswert erscheinen zu
Lassen denn sicher hätte er wohl alle
Verachtet die statt Homer beliebige
Schundromane nur lesen wie so viele

Jeder zerstreut sich auf seine Weise
Wie die meisten sich heute von Netflix
Zerstreuen lassen statt gute Verse noch
Zu lesen lieber bildlich berieselt werden

Ob die Kultur darum heute verdorben sei
Wie Niebelschütz meint oder sich nur das
Niveau demokratisch senkte und damit
Die Mehrheit Ungebildeter alles dominiert 

Könnte an dieser Stelle gestritten werden
Schon immer las nur eine kleine Minderheit
Die Masse konsumierte Druckwerke oder
Heute eben Filme mit wenig Niveau warum 

Der Streit wohl müßig ist und jede die bis
Hierhin diese Verse las ist schon ein
Beispiel für das Gegenteil warum mir der
Kulturpessimismus immer fragwürdig war

Nun nörgelt Niebelschütz noch etwas über
Dutzende Dutzendbücher die uns die Zeit
Vertreiben und sie doch nur rauben wo
Wir Goethes Diwan lesen könnten 

Das Vorlesen sei eine gute Schule des
Geschmacks die hören ließe was auch
Gehört noch wertvoll scheint dabei fielen 
Die meisten Bücher heute wohl durch

Es höbe den Leser aus dem Rückzug
Auf ein höheres Niveau als nur mit sich
Dieser würde zum Schauspieler dann
Der vom Zuhörer bewertet wird

Über Jourbet den großen Moralisten
Kommt er auf die Athener die Geist 
Wie Gehör kunstvoll ausbildeten und 
Schlechte Verse nie ertragen hätten 

Die These Musik sei die Mutter des
Wortes darum Klang sein Ausdruck
Dessen aufschreiben wie die Notation
Nur der Rahmen des Klang ist gewagt

Ob alles der Melodie stets folgt was
Den Gedanken davon gelöst ignoriert
Jeden Vers als Gebet um Musik sieht
Scheint mir verhallende Illusion hier

Literatur ist was bleibt wenn alle Musik
Verklungen und kann im Geist Stellen
Berühren die keine Melodie erreicht
Weil sie uns selbständig denken lässt

Widerspreche Niebelschütz hier also
Ganz entschieden weil er damit auch
Die Freiheit des Geistes an flüchtige 
Klänge nur hängt was zu wenig ist

Vorlesen nennt er etwas schlichtes 
Wie zugleich die Essenz des Lesens
Was in sich widersprüchlich bleibt so
Sei Vorlesen der Weg zur Vollkommenheit

Finde diese These sehr gewagt besuche
Selten Lesungen finde sie eher störend
Um mir meine Gedanken zu machen zum
Gelesenen wovon es eher ablenkt

War immer gerne ein Vorleser als Vater
Wwie als Liebster aber warum dies mehr
Wert sei als stille Lektüre die viel tiefere Gedanken ermöglicht bleibt unklar

Halte den großen Vorlese Zirkus eher
Für ein Marketing der Verlage für ein
Auf Events versessenes Publikum das
Das besser mehr für sich lesen sollte

Doch wie Niebelschütz so treffend hier
Vorher schon anmerkte der Garten der
Kultur ist bunt und vielfältig es gibt für 
Jede Art einen Platz bestes zu tun


Das vierte Kapitel in Lázár war wieder
Eine kurze vielfältige Freude die mit
Der Feststellung begann dass es kein
Bild oder Foto von Imre irgendwo gab 

Der verrückte Bruder des Schlossherren
Sándor wurde wie ein dunkles Geheimnis
Der Familie lieber versteckt oder sogar
Wenn Gäste kamen eingeschlossen 

Dies nicht weil er nicht edel genug aussah
Was er mehr als sein Bruder sicher tat 
Sondern um das Dunkle lieber gut zu
Verbergen damit es keiner bemerkte 

Manchmal träumte Maria die Baronin
Noch davon dass sie auf Sándor der
Nackt auf allen Vieren mit einem Sattel
Zu Imre in den Westflügel reiten würde

Dort würde sie dann ihren Mann als
Guten Gaul an den Bettpfosten binden 
Damit er zusehen könnte wie sie und
Imre sich mit wilder Lust liebten

Tatsächlich hatte sie nie mehr als ein
Paar Worte mit ihm gewechselt ihre
Zimmer im Osten und Westen lagen
Zu weit auseinander sie trafen sich nie

Solange der kleine Lajos noch nicht
Ordentlich essen konnte musste er
In einem anderen Salon mit Imre wie
Dem Kindermädchen seinen Brei essen

Er liebte den Onkel Imre der ihm stets
Geschichten von Waldgeistern erzählte
Ihm etwas gutes im den Grießbrei legte
Wenn das Kindermädchen weg sah 

Der kleine Lajos hatte schon überlegt
Wofür er bestraft wurde dass er diesen
Gräßlichen Grießbrei dreimal am Tag
Essen musste was als gesund galt 

Ilona dagegen durfte mit den Eltern
An der Tafel mit den 24 Wappenstühlen
Essen und sie hasste es und beneidete Laios der sein Glück noch genoss

Dann musste er auch an die große Tafel
Immer voller Angst eines der schweren
Stücke des Silberbestecks fallen zu lassen
Worauf ihn der Vater nebenan prügelte

Sehr aufmerksam und fein aber auch die
Sexuellen Abgründe und Leidenschaften
Nicht verschweigend wird hier erzählt
Wie parallele Welten dort existierten 

Die Angst vor dem prügelnden Vater 
Kannte die Generation meines eigenen
Vaters auch noch dessen vermutlicher
Erzeuger vier Jahre jünger als Laios war

In meiner Kindheit in den Siebzigern war
Diese Gewalt schon tabu es passierte
Nur gelegentlich dass ihnen mal die
Hand ausrutschte was ihnen leid tat

Wie systematisch Sandor seinen wohl
Psychisch erkrankten Bruder isolierte
Entsprach dem Geist der Zeit wohl
Wie dem Standesdünkel noch mehr 

Nicht weniger auffällig aber sind die
Dem entgegengesetzten Gelüste der
Baronin die ihren Mann nur erträgt es
Mehr zum edlen schönen Imre zieht

Biedermann versteht es seine Leser mit
Kleinen Andeutungen zu fesseln in denen 
Immer wieder auch literarische Gestalten
Auftauchen als Zeugen des Charakters

So wird die große Familiengeschichte
Durch den literarischen Rahmen auch
Wenn teilweise fast phantastisch schon 
Beglaubigt als etwas größeres noch

Dies schwankt zwischen Komödie
Drama und Sittengeschichte deren
Flaneure wir als Leser sein dürfen
Und ist dabei wundervoll erzählt

jens tuengerthal 26.9.25

Versmaß

Versmaß

Versmaß beschrieb früher
Ein heben und senken
Der Silben im Vers
Sie heißen
Jambus Trochäus Anapäst
Nicht zu vergessen Daktylus
Sie sind wie sie klingen
Zwei oder dreihebig was
Sprache Rhythmus geben soll
Dabei ist Klang wichtiger als
Inhalt noch werden kann
Macht euch einen Reim darauf
Damit ich dann gleich weglauf
Solange breche ich lieber
Prosa um Gedanken
Im Umbruch zu wecken
Dichter kommt Dichtung nie 

jens tuengerthal 26.9.25