Lektürentagebuch 8.7.25
Ein wenig weiter gelesen in Marcello Fois
Mercede und der Meisterschmied in dem
Sie ihren Sohn pflegt Michele Angelo dafür
Überlegt wie er ernst mit ihm reden solle
Als sie ihn dann mit Gemüsebrühe füttert
Solange die Narben in seinem Inneren
Noch frisch sind gibt es nur flüssige
Nahrung jede Verletzung zu vermeiden
Gesteht er ihr seine Homosexualität mit
Den ersten Worten die er wieder spricht
Dass er fortgehen wird vom Ort um
Seiner Natur andernorts zu folgen
Ob sie nun noch etwas gegen seinen
Abschied hätte fragt ihr Sohn Gavino
Die ihn fütternde Mercede die er dabei
So fest hält dass die Suppe runter fällt
Was hätten sie schon für eine Wahl als
Sie in die Welt zu setzen und irgendwann
Gehen zu lassen wenn es soweit ist meint
Die noch fassungslose Mercede
Fois kann ich immer nur in kleinen
Portionen ertragen so heftig tief
Gehen die Worte dieser sardischen
Familiengeschichte nahe der Hölle
Doch ist er auch so fesselnd und fein
Dass es mir unmöglich scheint ihn je
Aus der Hand zu legen ich weiter lese
Als müsste ich es dennoch erschüttert
Im III. Buch von Michel de Montaignes
Essays schreibt er im dritten Kapitel über
Dreierlei Umgang warum wir uns nicht zu
Fest an eine Neigungen fesseln sollten
So bestünde unser wichtigstes Vermögen
Darin uns unterschiedlichen Tätigkeiten
Zu widmen wer immer im selben Trott
Bliebe habe ein Dasein lebe aber nicht
Am schönsten findet Montaigne jene
Deren Bieg- und Schmiegsamkeit am
Allergrößten noch wäre wozu er Cato
Den Älteren als Zeugen zitiert
Sein Geist wäre so beweglich dass
Jeder meinte er sei ausschließlich
Zu dem geboren worden was er gerade tat
Er selbst wüsste keine Form für sich
Zumindest keine die für immer gilt
Die ihn nie irgendwo einzwängte
Das Leben sei ständige Bewegung
Wer immer gleich bleibt wird Sklave
Seiner Neigungen so muss das Laster
Des Müßiggangs durch Beschäftigung
Vertrieben werden wozu die meisten
Anregung von außen zu brauchen meinen
Er dagegen in der Beschäftigung mit sich
Nimmt die Bücher als gelegentlich gute
Ablenkung von sich die Selbsterforschung
Ist ein alle Kräfte forderndes Studium
So möchte er seinen Geist formen nicht
Ihn möblieren so ihn weiten nicht nur
Noch weiter Vollstopfen warum auch die
Beschäftigung mit dem eigenen Geist
Je nach dessen Beschaffenheit die
Riefste oder seichteste Beschäftigung wird
Leben heißt für die größten Geister denken
Womit Montaigne Descartes vorwegnimmt
Die Natur hätte schon dafür gesorgt dass
Wir keiner Beschäftigung länger wie auch
Häufiger und leichter nachgehen können
Ihr entspringt die Glückseligkeit erst
Lesen regt dabei sein Denken an und
Bestätigt seine Urteilskraft nicht sein
Gedächtnis bei Unterhaltungen ist für
Ihn interessant was Saft und Kraft hat
Charme und Schönheit fesseln und
Erfüllen ihn stärker als Gewicht und Tiefe
Da alle anderen ihn ermüden gibt er
Oft wirres lächerliches Zeug von sich
Diese seltsame Sinnesart macht ihn
Im Umgang mit anderen wählerisch
Wie zu üblichen Geschäften untauglich
Entspannt natürlich sei am schönsten
Einen guten Dienst leistet dabei die
Weisheit wenn sie das Wollen auf das
Können abstimmt darauf sollten wir
Uns naheliegend beschränken
Sein ruhiges Wesen dem alle Härte
Wie Heftigkeit zuwider ist mag ihn vor
Missgunst bewahrt haben nie gab wer
Weniger Anlass gehasst zu werden als er
Andererseits hätten seine kühlen Formen
Des Umgangs das Wohlwollen vieler wohl
Gekostet wie er sich nicht beschweren
Könne so wenig geliebt zu werden
Geliebt habe er früher nur wo er sich ein
Echo erhoffen durfte doch könne er wohl
Freundschaften pflegen wie Menschen
Dann auch nah an sich binden als Freunde
jens tuengerthal 8.7.25
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