Freitag, 6. März 2020

Tugendverkehrt

Wir bemühen uns täglich
Um tugendhaftes Verhalten
Doch wissen wir was das ist
Gibt es eine klare Definition
Die sagt was wann zu tun ist
Oder bleibt vieles dabei unklar
Das Wort kommt vom taugen
Was die Eignung bezeichnet
Die Tauglichkeit eines Menschen
Soll hervorragende Eigenschaft
Des tugendhaften Wesens sein
In der Ethik meint es jenen Teil
Des Charakters der dazu befähigt
Das sittlich Gute zu verwirklichen
Sie wurde seit Notiker dem Deutschen
Als Gegensatz zu Sünde oder Laster
Verstanden dabei unterschiedlich für
Männer und Frauen noch definiert
Galt für erstere Mut und Kraft zuerst
War es für die Damen Keuschheit
Die mit diesen Gebrauch verbundene
Verengung des Horizonts auf bloß
Moraltheologische Begriffe hat uns
In der Moderne zur Ablehnung dieses
Unemanzipierten Begriffs geführt ohne
Ihn durch eine neue Moral zu ersetzen
Warum in moralischen Fragen heute
Noch seltsam balanciert wird als hätte
Nicht Kant mit seinem kategorischen
Imperativ die immer gültige Formel uns
Für ethisch gutes Verhalten gegeben
Die keinerlei Theologie mehr braucht
Einfach menschlich ist statt sich dabei
Völlig moralisch untauglich auf erdachte
Höhere Wesen zu beziehen die sagen
Was gut oder böse wäre zusätzlich zur
Verwirrung der Moderne mit dem Begriff
Der Tugend trug der neue Aberglaube
Nach der Lehre von Marx bei der lehrte
Der gute Staat nach der Revolution
Würde das irdische Paradies schaffen
Was die einzelnen moralisch entlastete
Der diktatorischen Partei dafür die dann
Allmacht in Fragen der Moral gab mit
Bekannt unmenschlichen Ergebnissen
In den daraus entstehenden Diktaturen
Die nur allzumenschlich erwartbar waren
Wie aber wäre es wenn wir einfach
Tugend und Laster verkehrten im
Moralischen Kanon unseres Lebens
Da wir ohnehin lernen mussten wie
Relativ gültig nur alle Werte noch sind
Was gestern Sünde noch sicher war
Heute als Tugend gelten kann etwa
Bei der Frage was guter Sex erst ist
Der beide gemeinsam befriedigt was
Für viele immer noch unvorstellbar ist
Dahingestellt ob dies alleine nur am
Überholten Tugendverständnis für die
Frau liegt oder aus unbekannter Natur
Viele nur in dunklen Höhlen eher blind
Nach üblichem Schema stochern lässt
Statt aufeinander dabei einzugehen
Sich wirklich zu erspüren was selten
Denen die es versuchen nur gelingt
Aber auch abgesehen vom Sex der
Vielen schon moralisch zweifelhaft
Eher erscheint oder reales Neuland ist
Zumindest was die weibliche Anatomie
Betrifft scheint die Verkehrung von
Tugend und Laster uns oft gar nicht
So fern zu liegen wie es scheint wenn
Etwa ehrenhafte Bürger die nie einem
Anderen Leid zufügten zumindest nicht
Willentlich plötzlich den Tod bejubeln
Sofern er nur den Richtigen trifft etwa
Bei der Erschließung eines Terroristen
Weil Auge um Auge wie Zahn um Zahn
Das alte biblische Gebot in vielen lebt
Auch wenn sie sich Christen nennen die
Dies Gemetzel überwunden haben sollten
So dass sich fragt was gut hier wäre
Die Tötung des Massenmörders wie
Im Fall bin Laden zu bejubeln weil so
Der Tod tausender gerächt wird oder
Ist ein gewaltsames Ende nie moralisch
Die diese Hinrichtung in kauf nahmen
Ohne dass es ein Urteil dazu gab noch
Mangels Anwesenheit einen Prozess
Meinen moralisch dabei zu handeln
Obwohl ein solcher in diesem Land
Sogar mit der Todesstrafe hätte enden
Können was zivilisierten Europäern
Immer wieder übel auch aufstößt uns
Die Frage stellte ob nicht die USA die
Solche moralischen Todesurteile im
Krieg gegen den Terror weltweit noch
Vollstrecken wie gegen eigene Bürger
Nach vorgeblich gerechtem Urteil von
Als Laien nur Verschworenen also auf
Moralisch fragwürdiger Basis handeln
Wenn keiner den Tod verdient zumal
Sich die Frage stellte welches Verdienst
Im Nichts jemals liegen könnte was
Auf das Leben logisch allein folgt ob
Die Entlassung aus der Verantwortung
Nicht vielmehr davon zeugt wie relativ
Jedes moralische Urteil immer ist
Die Verkehrung genauso möglich ist
Vielleicht sogar glücklicher machte
Das Streben nach Tugend für viele
Zum eher lustvollen Ziel dann erhöbe
Was bei gegenseitiger Befriedigung
Sogar das Paradies auf Erden schaffte
Erfolgreicher im Leben damit wäre als
Das ewig jenseitige Streben der Sekten
Die sich gern seriös Religionen nennen
Wobei die Anhänger der einen Sekte
Den ermordeten als Helden sehen
Ihn zum Heiligen nun verklären während
Die der anderen den Tod bejubeln was
Ähnlich absurd scheint wie der Kult
Um Arten der Hinrichtung der jeweils
Gläubigen der einen oder anderen
Nur Lesart der gleichen Sekte im Europa
Des Dreißigjährigen Krieges heute wäre
Wovon wir nur nominell weit weg sind
Was aber real schnell Alltag wieder wird
Wie uns das letzte tausendjährige Reich
Mit seiner Auflösung aller Moral zeigte
Währenddessen auch vernehmlich kluge
Menschen wie Philosophen dem dummen
Rassismus ohne jeden Geist verfielen
Weil er ein dunkles Gefühl ansprach
Dem sich auch ein Heidegger hingab
Der dabei mehr wähnte als kritisch dachte
Obwohl nach Kant alles schon klar war
Auch wenn der Schwabe Hegel noch
Zu Berlin Verwirrung stiften wollte mit
Katastrophalen Folgen bei manchen
Seiner junghegelianischen Schüler
Die bis heute vielen den kritischen Blick
Völlig getrübt haben die noch glauben
Der Kapitalismus sei das Böse dessen
Überwindung erst das Paradies brächte
Was so unsinnig ist wie zu behaupten
Wenn wir nicht mehr atmeten wäre
Künftig genug Luft für alle im Paradies
Weil das Streben nach Erfolg eben
Menschlich ist wir nur taugliche Werte
Für dieses Streben definieren können
Sofern wir seinen Charakter erkennen
Also nicht in dialektischer Überwindung
Die Lösung sozialer Probleme liegt
Sondern im Umgang mit der Natur
Mit der im Einklang sich auf Dauer
Nur tugendhaft leben lässt warum
Die Überwindung dieser Polarität
Erst der Anfang echter Freiheit wäre
Weil nur verantwortlich handelt wer
Die Natur des Handelns erkannt hat
Statt totalitären Lügen anzuhängen
Über dies- oder jenseitige Paradiese
Womit wir der Tugend die wir besser
In der Lust etwa verkehren würden
Um menschlich glücklicher zu werden
Was mir die höchste Tugend scheint
Viel näher kämen von hinten betrachtet

jens tuengerthal 6.3.20

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