Sonntag, 2. Juni 2019

Rückzugsfrieden

Montaigne ward 38 als er sich völlig
Von allen Geschäften zurückzog in
Seinen Turm voller Bücher um über
Sich und die Welt nun nachzudenken

Er war Erbe großer Güter die sein
Großvater der Fischhändler noch
Für die Familie einst erwarb und der
Vater noch fleißig mehrte und bebaute

Michel wollte mit all diesen Dingen
Am liebsten nichts zu tun haben um
Sich geistigen Fragen lieber zu widmen
Überließ so viel als möglich seiner Frau

Könige beriet er nur noch ausnahmsweise
Auf deren ausdrückliche Bitte hin manchmal
Aber lieber lebte er nun zurückgezogen mit
Seiner Bibliothek und in Briefen in der Welt

Natürlich ist es auch viel Understatement
Wenn er sich als ahnungslos wie unfähig
Bezeichnet für alltägliche Geschäfte von
Denen er einfach nichts verstehen wolle

Er könne kaum einen Kohl von einem Salat
Unterscheiden wisse als Winzer nicht was
Es für guten Wein am Ende alles bräuchte
Wisse kein Ackerwerkzeug zu benennen

So hatte Michel Möglichkeiten und Mittel
Den geistigen Rückzug zu leben als Herr
Von Montaigne der vieles anderen überließ
Was wünschte ich mir solch ein Leben doch

Wer sich heute nicht alltäglich um nerviges
Auch kümmert erwacht bald erschrocken
Weil wir überall verwaltet und kontrolliert
Längst Opfer lebenslanger Bilanzen wurden

Kann mit ähnlicher Ignoranz ausgestattet
Sehr wohl bezeugen dass dies teuer wird
Einen zum Kohlhaas machen könnte schnell
Weil uns Nichtigkeiten alle Freiheit rauben

Einen Rückzugsfrieden mit Büchern finden
Im Turm oder Seitenflügel meiner Bibliothek
Wäre wohl mein Traum vom Leben allein ist
Dies im normierten System nicht vorgesehen

So müssen wir uns heute Wege suchen um
Zum berechenbaren Produkt zu werden was
Eine positive Lebensbilanz sofort vorweist
Nicht erst nach Jahren tiefer geistiger Arbeit

Gute Gedanken brauchen viel Zeit und Ruhe
Stabilität in der Lebensführung auch um sich
Auf wesentliches konzentrieren zu können
Geistige Prioritäten wirklich zu setzen

Ablenkung schon durch eigene Triebe gibt es
Immer wieder genug wie ich Narr mich nun
Zwei Jahre von bloß erträumter Liebe ablenken
Ließ die wie so vieles im Leben echolos blieb

Sich wieder zu konzentrieren um seinen Weg
Zwischen Rückzug und Reflektion zu gehen
Der Gesellschaft deine Gedanken zu schenken
Erfordert innerlich klare Entschiedenheit auch

Dafür konnte mir nichts besseres passieren als
Sich aus dem lächerlichen Spiel um Liebe als
Geteilten Traum wieder zu verabschieden so
Weh es tat so befreiend war es zugleich doch

Eine Frau die ständig Aufmerksam braucht
Sich vernachlässigt fühlt ohne genug Sex
Identität aus Aussehen allein noch zieht kann
Solchen Rückzug vermutlich nie nachvollziehen

Manche Menschen unternehmen ständig etwas
Sie bilanzieren die Welt nach ihrer Nützlichkeit
Durch die jene fallen die lieber nur nachdenken
Auch wenn sie im Ergebnis viel wichtiger sind

Eine Aufgabe im Rückzug zu finden um auf
Lange Sicht zu schreiben und zu denken
Lässt sich gesellschaftlich schwer rechtfertigen
Warum es nun auch Verse darüber gibt

Die Ruhe und Stabilität die eine völlig nervöse
Gemeinschaft dadurch finden könnten wie der
Langfristige Fortschritt sind wertlos und es sollen
Solche Menschen lieber einfach beschäftigt werden

Werde weiter für diesen geistig literarischen Weg
Als langfristig nachhaltigen Vorteil streiten der mit
Seinen Gedanken die Welt wirklich verändern kann
Statt nur ewig die Fassaden neu an zu pinseln

Worauf kommt es uns auf Dauer im System an
Welche Gedanken gestalten die Zukunft und wie
Können jenseits der Institutionen freie Denker sich
Freiräume zur Gestaltung langfristig suchen

Lange boten Klöster vielen Menschen eine Welt
Geistigen Rückzugs doch scheint es albern als
Vernünftig aufgeklärter Mensch den Aberglauben
Als Vorbild für die Zukunft sich wieder zu wählen

Flaneur und Literat der über die Welt nachdenkt
Während er durch seine Stadt wandert und darüber
Schreibt was ihm dazu einfällt wäre genug und es
Fragt sich wer diese Werte gut verkaufen könnte

Das Netz als Plattform mit sozialen Netzwerken
Ein Schlüssel zu dieser Freiheit vielleicht sofern
Es genug gäbe die geduldig diesem Geist folgten
Um neue Gedanken sich entwickeln zu sehen

Erste Gedanken tauchen endlich wieder auf
Wohin es konstruktiv gehen könnte um sich
Auf das wesentliche zu konzentrieren also
Lesen um darüber nachzudenken allein

Aus der Lähmung als Ehemann nun befreit
Was Montaigne ganz nebenbei auch war
Wenn auch weniger überwacht wohl dabei
Sondern eher entlastet lebe ich wieder auf

Der Rückzugsfrieden ist ein künftig wichtiger
Maßstab der Gestaltung glücklichen Lebens
Das nicht um die Welt mehr jettet sondern
Bei sich lieber als hehres Ziel ankommt

Die Zukunft wird nachhaltig sein oder keine
Warum es auch auf die innere Zielsetzung
Im Bewusstseinswandel dabei noch ankommt
Von der Urlaubs-Junkies noch fern sind

Der vorige Woche gefasste Gedanke der neuen
Vom kantschen Geist der Toleranz geprägten
Kultur gehört hier hin wie neue Modelle eines
Sicheren dauerhaft geordneten Miteinanders

Wie verhindert die Demokratie ihre eigene
Abschaffung und Behinderung durch alle
Populisten was setzt diesen vernünftig noch
Schranken für eine freiere Zukunft aller

Können Fachleute und Spezialisten diskutieren
In den gewohnten Mustern oder freie Denker
Unbefangen neu denken um zu gestalten statt
Erwartete Reaktionen immer zu bestätigen

Doch liegt es mir fern hier mit geistigen Produkten
Wie Ergebnissen der Ernte als Bauer zu werben
Ziehe mich einfach zurück und denke weiter nach
Und die Welt kann davon lesen wenn sie mag

Vielleicht gehört Bescheidenheit auch dazu
Sich nicht verkaufen zu müssen als Freiheit
Die geistigen Welten unabhängige Größe gibt
Aber das lässt sich logisch kaum vermarkten

Dieser Weg ist auch dornig und liegt sicher nicht
Jedem der lieber mit anderen sich ständig auch
Über Belanglosigkeiten austauschen möchte doch
Scheint er mit wertvoll genug ihn nun weiterzugehen

Flaneur und Autor zu sein der sich Gedanken macht
Ohne sich damit zugleich vermarkten zu wollen ist
Noch etwas speziell im luftleeren Raum doch muss
Keiner sich für das rechtfertigen was er im Wesen ist

Leider müssen wir es doch tagtäglich um nicht durch
Muster der Begutachtung eines normiert beschränkten
Systems voll realer Idioten zu fallen die eben tun was
Sie sollen um damit gut zu funktionieren auch

Eine Sonderrolle einzunehmen zwischen den Welten
Liberale Freiheiten klar zu verteidigen und wider alle
Autoritären Sichten zu wettern der Freiheit wegen
Als Künstler weder links noch rechts zu sein

Es werden sich Wege finden diesen Weg zu gehen
Irgendwann werden ihn welche schon wertschätzen
Bis dahin mache ich was ich kann und will auch wenn
Viele mich für einen faulen Verrückten dabei halten

Denke es braucht dringend diese Menschen die
Keine Partei nehmen und lieber zwischen Welten
Stehen als sich abzugrenzen als überzeugte Bürger
Konsequent ihr rein geistiges Dasein zu führen

Es braucht geistige Entschleunigung in allem
Die zugleich die Komplexität erfasst jenseits von
Berufsgruppen in die Welt nur zu schauen um
Diese als Ganzes in Zukunft mit zu gestalten

Sollten sich Geist und Erfahrung verkaufen lassen
Die Worte gut vermarkten möge das wer tun der
Genug für beide auch übrig noch ließe was dem
Zwischenzustand eine neue Legitimation gäbe

Hätte nichts dagegen als eher liberaler Geist
Doch soll dies machen wer vermarkten kann
Damit Denker und Dichter das ihre tun können
Statt sich mit lächerlichen Zahlen zu plagen

Doch braucht es Legitimation weder je noch
Irgend weil Zweck an sich ist wovon ich überzeugt
Was ich nun ohne Rittergut leben werde weil
Rückzug und Reflektion mancher nötiger ist

Dies zu erkennen ist eine riesige Freiheit
Nach der zu streben glücklich mich befreit
Weil es alle alberne Rechtfertigung nun
Entbehrlich macht im geordneten Rückzug

jens tuengerthal 2.6.2019

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