Mittwoch, 8. Januar 2025

Lektürentagebuch 8.1.25

Lektürentagebuch 8.1.25

Noch in der Nacht wieder vom
Buchspazierer Carl gelesen der
In seine zu große Wohnung allein
Mit leerem Rucksack zurückkehrte

Wie er dort mit seinen Büchern lebt
Weil aus der Familie nie etwas wurde
Mit Blick über die Stadt dann von den
Büchern träumt die er morgen austrägt

Besondere Bände für besondere Leser
Die seinen Dienst zu schätzen wissen
Solange noch wer liest und er ging
Kamen die Bücher zu den Menschen

Was sollte wer auch nur alleine in der
Viel zu großen Vierzimmerwohnung 
Sitzen und für sich lesen sollen die
Leser wohl denken und lächeln darüber



Mit scharfer Feder schreibt Egon Friedell
Über die Vordenker des Barock die beide
In Mathematik und Naturwissenschaft auch
Zuhause ihr Zeitalter entscheidend prägten

Macht große Umwege über Superlative
Dabei die nicht mehr steigerbar sind um
Zu Pascal und Descartes zu kommen die
Bedeutender als der Sonnenkönig sogar

Ihr Zeitalter von diesem unbemerkt
Geistig tiefer prägten als alles was
Zeitgenossen für bedeutend hielten
Was nach Friedell erst die Distanz zeigt

Dabei übertreibt er ein wenig was
Vielleicht den Konvertiten verrät der
Seine Wurzeln verriet christlich dafür
Zu werden was stets zweifelhaft macht 

Die Argumente für Pascal der alle
Naturwissenschaft nutzte um den
Glauben zu beweisen bleiben dabei
So formal aufgeblasen wie inhaltlich dünn

Wie die Wissenschaft heute auch
Von einer Erkrankung des Gehirns
Des vielfältig genialen Forschers ausgeht
Der schon mit 39 Jahren leidend starb

Ob sein lebenslanges Leiden oder
Der Zeitgeist gemeinsam mit der
Familie ihn Zuflucht in Port Royal
Bei den Jansenisten suchen ließ

Bleibt unklar wie manches bei diesem
Genie das gegen die noch Vormacht
Der Jesuiten im Geiste des Augustinus
Also jansenistisch dabei noch kämpfte

War dies echte Opposition des jungen
Mannes aus kleinem Beamtenadel
Dessen Großvater wie Montaignes
Sich den ersten Titel noch erkaufte

Warum geht der geniale Kopf der
Erstmals den Luftdruck maß den 
Absurden Weg des Aberglaubens
Seine Forschung zu begründen

Gab es doch längst freie Vordenker
Wie Michel der Montaigne der wagte 
In seinen Essays über sich nachzudenken
Ist Glaube einer geistige Behinderung

Weil Pascal einer relativ anerkannten
Katholischen Sekte mit den Jansenisten
Folgte gilt dies noch als normal wie sein
Unvollendetes Werk die Pensées

Jene sind eine Apologie des Glaubens
Mit Mitteln der Logik zu denen auch
Die Pascalsche Wette gehört nach
Der Glaube mehr lohne als Nichts

Voltaire verspottete ihn wie die
Aufklärer und Enzyklopädisten
Auch Goethe meinte diese Apologie
Hätte dem Glauben mehr geschadet

Nietzsche hielt Blaise Pascal für genial
Geistige Nähe im Wahnsinn unverkennbar
Zumindest den einzig logischen Christen
Gründe aber hinterfragt dort keiner 

Warum wendet sich ein genialer Kopf
Dem lächerlichen Aberglauben zu den
Eine Generation nach ihm schon die
Enzyklopädisten verspotten würden 

Frage mich als Leser auch was trieb
Den als Konvertit teilweise verwirrten
Friedell dazu Pascal so zu loben zum
Geist seines Zeitalters dabei erhob 

Über diesen religiös Gestörten der
Mitleid eher verdiente noch mehr
Absätze zu schreiben als zu Descartes
Was schon tendenziös dabei ist

Zumindest macht die Lektüre von
Friedell immer wieder nachdenklich
Auch im Widerspruch zu seinen teils
Absurden Sichten auf die Geschichte

Den Aberglauben und seine Folgen
Endlich als geistige Verwirrung wenn
Nicht sogar Krankheit zu sehen wäre
Ein Fortschritt auf dem Weg zur Freiheit


Voller Zuneigung mit Bewunderung
Schreibt Hermann Kesten über dem
Autor und Architekten Werner Hegemann
Der auf zwei Kontinenten dabei wirkte 

Beschreibt ihn als kritischen Geist
Der die Historiker wie Treitschke den
Alten Antisemiten oder Ranke hinterfragte
Für ein neues kritisches Bild der Geschichte

Der den Städtebau neu dachte wie in
Zahlreichen Artikeln auch über das 
Soziale Bauen schrieb dessen Bücher
Im Frühjahr 33 schon brannten


In Monsieur Göthé dem wunderbaren
Buch über Goethes Großvater den erst
Erfolgreichen Schneider wie später Wirt
Des Weidenhofes ein Kapitel gelesen

Der als 391. noch unnumerierte Band
Der Anderen Bibliothek von den Autoren
Heiner Boehncke Hans Sarkowicz und
Joachim Seng verfasst wurde 

Hier ging es um Johann Jacob Göthe
Den früh verstorbenen Onkel Goethes
Der in Hanau den Handel lernte wie in
Straßburg und Lyon schon arbeitete

Zu dessen Beerdigung kam auch der
Bürgermeister von Friedberg welcher
Arzt war und Senckenberg hieß der
Vater der drei berühmten Brüder war

Auch sein Dienstherr aus Straßburg
Kam mit der Kutsche angefahren was
Für gute familiäre Verbindungen spricht
Die Netzwerke des Großvaters zeigte

Der vom Enkel Goethe später völlig
Verschwiegene Großvater der aber
Auch zwanzig Jahre vor der Geburt
Des Dichters fast verstarb war

Für das Vermögen der Goethes in
Frankfurt verantwortlich was dann
Goethes Vater Studium und Ehe
Mit einer Textor möglich machte 

Hier mischt sich spannend die
Frankfurter lokale Geschichte mit der
Überregionalen Literaturgeschichte 
Zu einem Stück deutscher Geschichte


Im Zauberberg nehmen sich Hans
Wie Joachim der Karin Karstedt an
Einer Patientin des Hofrats die in 
Davos Dorf aus Geldgründen logiert 

Mit ihr nehmen sie am Leben des
Ortes im Wintersport teil wo sich die
Reiche vornehme Welt mit dem Adel
Mischte sichtbar zu repräsentieren

Erleben das große Eislaufen wie
Das Bobrennen und gehen auch
Gemeinsam zum Bioskop Theater
Das Bilder aus den Kolonien zeigt

Das Erlebnis frühen Kinos ist ein
Im Detail beschriebenes Erlebnis
Was auch die Zuschauer komisch
Als betrachtete Betrachter zeigt

Begeben sich zum Tanztee ins 
Kurhaus mit Frau Stöhr die sich
Den dreien im Kino anschloss von
Aufregungen zu berichten weiß

Wie die Stöhr sich dann wieder
Durch Bildungspatzer blamiert 
Hans zu ihren Sticheleien lieber
Schweigt sie nicht zu motivieren

Das sind feine ganz großartige 
Beobachtungen aus dem Leben
Im Sanatorium wie im Kurort der
Zugleich ein Wintersportort ist

Dieses Kapitel noch vor der dann
Walpurgisnacht über die sozialen
Dienste der Vettern schwelgt in
Charakteren und Szenen noch

Hier zieht Thomas Mann alle
Register des großen Erzählers 
Der seine Leser überraschend 
Mit ironischen Nuancen fesselt

jens tuengerthal 8.1.25

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