Genussübung
Das Genießen zu üben scheint mir
Die am dringendsten der Förderung
Bedürftige Übung der Lebenskunst
Vor allem in Deutschland sind die
Menschen gerne lieber mehr mit
Nörgeln als mit Lust beschäftigt
Gehen länger unzufrieden als je
Befriedigt durch ihre Leben die
Wenig höheres Glück kennen als
Das Unglück der Nachbarn denen
Es noch schlechter geht für die
Sodann gerne gesorgt wird wenn
Die Großzügigkeit zugleich Macht
Wie Überlegenheit demonstriert
Wer weniger braucht hat es viel
Leichter beim Genuss als jene
Deren freudige Erregung ein hohes
Niveau braucht spürbar zu werden
Während mir wohl temperiert bloß
Überbrühte Kräuter vom Teebusch
Zur vollen Zufriedenheit genügen
Brauchen manche immer mehr um
Noch Lächeln zu können was mir
Eher leid tut weil im Kleinen ganz
Genießen zu können die hohe
Kunst dieser frohen Philosophie ist
Die auf das Schöne schaut um in
Dem was ist noch mehr zu sehen
Wie zufrieden mit allem zu sein
Lebe nicht erst seit meinem mal
Tödlichen Unfall den ich lesbar
Überlebte so als könnte jeden Tag
Der kleine Zufall Leben enden um
Alles bis dahin genossen zu haben
So ist der Tod der mich bekanntlich
Nichts angeht ein guter Maßstab
Was ist mehr noch zu genießen
Wie am absoluten Ende zugleich
Alles relativieren zu können was
Ein wunderbares Wohlgefühl schenkt
Durfte schon in jungem Alter manch
Opfer ungewollter bei Unfällen wie
Spuren auch gewollter Todesfälle
Sehen wie später in der Krebsbaracke
Eine nicht geringe Zahl bis zu Ende
Pflegen was die Fähigkeit was ist
Zu genießen langfristig klar erhöhte
Im Schatten relativer Dauer wie dem
Absehbaren Ende was dann aber
Ganz friedlich die Leiche hinterließ
Deren Augen ich verschloß wie deren
Kiefer vor der Starre hochband weil
Der Tod seine eigene Mechanik hat
Konnte ich was ist mehr genießen
Vielleicht schauen darum manche
So gerne Horrorfilme um der Angst
Vor dem Tod die Dante in so schönen
Versen menschlich überwand beim
Spaziergang durch Jenseitswelten
Zu begegnen wie sie zu überwinden
Überlege ich der diesem Genre nie
Etwas abgewinnen konnte weil ich
Genug zerfetzte Menschen real sah
Es klingt ein wenig dialektisch was
Sicher nicht der Weisheit letzter Schluss
Aber die Erfahrung lehrte mich doch
Wie das Wissen um das Ende mich
Was ist noch mehr genießen ließ was
Die Verse Fontanes wonach das Wissen
Dass es enden das beste sei was Leben
Uns sendet ganz anders beleuchtet
Nicht als Sehnsucht nach dem Ende
Sondern als Fähigkeit zum Genuss im
Schatten real begrenzter Möglichkeiten
Wofür ich den schlichten Gegensatz
Der niveaulos simpel scheinen könnte
Wie Weltbilder marxschen Aberglaubens
Hinnehme freier noch zu genießen
jens tuengerthal 4.9.21
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