Sonntag, 28. Juli 2019

Bücherehe

Lange suchte ich eine Frau
Wollte die Richtige finden
Mit der ich alles teilen kann
Es endete immer traurig

Darum heirate ich nun
Einfach meine Bibliothek
Die macht mich glücklich
Wir stritten uns noch nie

Hatte es schon schwer mit ihr
Bei jedem Umzug immer mehr
Aber die Liebe blieb und wuchs
Wurde trotz allem immer größer

Sogar die letzte Verlobung noch
Als ich eine menage a trois mit
Der Bibliothek und der Liebsten
Führte haben wir überstanden

Währenddessen hieß sie nur unsere
Bibliothek was sie klaglos hinnahm
Dabei war der Zuwachs von ihr eher
Bescheiden für ein wirkliches wir

Nun wieder innig verbunden für sich
Im Rükzugsort meines Bücherturms
Im Hinterhof am Helmholtzplatz sind
Wir einander voller Liebe ganz treu

Zwischendurch auch sehr lustvoll
Doch immer maßvoll ohne Erwartung
Gönnen wir uns das Glück miteinander
Sorge ich nun professionell für Wachstum

Manches mal wühlte auch die Bibliothek
Die Gefühle sehr auf doch zog sie sich
Wenn es zu viel wurde friedlich zurück
Blieb unberührt liegen und wartete auf mich

Manche Bücher konnte ich nach der
Großen emotionalen Aufregung vor
Heute fünf Monaten lange nicht lesen
Sie warteten schweigend mit Lesebändchen

Als ihre Zeit wieder kam ließen sie sich
Aufschlagen als wäre nichts gewesen
Statt sich wie die verlorene Prinzessin
Gleich dem nächsten Leser hinzugeben

Bin also überzeugt und entschieden
Diese lange Treue und Liebe mit der
Sie sogar die zeitweise Teilung verzieh
Werde ich voller Liebe nie vergessen

Zugegeben war auch die Prinzessin
Eine leidenschaftliche Leserin die
Bücher trotz ihrer Jugend zu würdigen
Wusste sogar nackt diese gern las

Manchmal streichelte sie auch wie ich
Die Buchrücken unserer Bibliothek
Es haben also wohl alle Seiten von dem
Dreier auch profitiert vermute ich mal

Als treuer Leser voll tiefer Liebe aber
Blieb ich nach allen Schwankungen
Der kleinen Bibliothek doch treu warum
Wir uns nun ein Leben versprechen können

Da noch kein Standesamt die Trauung
Mit einer Bibliothek vollziehen möchte
Trotz der inzwischen bunten Ehe für alle
Werden wir ganz im Stillen heiraten

Dann tragen wir unsere Ringe die uns
Als für immer gebunden allen zeigen
Besucher bleiben uns willkommen doch
Zwischen uns kommt kein Blatt mehr

Was freue ich mich auf das Leserleben
Mit all den Schätzen die noch auf mich
Warten als Gatte meiner immer Liebsten
Werden ich sie immer hegen und pflegen

Die Bücher und ich schlossen den Bund
Fürs Leben und irgendwann machen wir
Ein großes Fest um unsere Ehe zu feiern
Einer wirklich vernünftigen Liebesheirat

jens tuengerthal 28.7.2019

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