Freitag, 20. Juli 2018

Gedenkperspektive

Am 20. Juli gedenken wir
Dem Attentat von 1944 wieder
Um Attentäter der Ehre wegen
Künftig auch noch zu erinnern

Sie wollten Hitlers Regime stürzen
Dem Morden ein Ende bereiten
Einen Vernichtungskrieg beenden
Als es bereits damit zu Ende ging

Manche meinen sie kamen zu spät
Andere loben lieber das überhaupt
Sicher ist sie erreichten eher nichts
Als eine Potenzierung des Mordens

Die Größe der Gruppe zeigte uns
Es gab tatsächlich einen Widerstand
Gegen das Unrechtsregime Hitlers
Was Deutschland Zukunft auch gab

Dönhoffs publizistisches Bemühen
Für der Freunde und Vettern Ehre
Gab auch der Bundeswehr eine
Zumindest nahm die sie gerne an

Was aber ist die Perspektive heute
Während radikale Kräfte erstarken
Von Russland finanziell gefördert
Gedenkt die Mitte milde der Täter

Menschen wünschen heute wieder
Flüchtlingen und Politikern den Tod
Wie die Attentäter Hitler töten wollten
Oder sind die Mörder der Mörder gut

Die Kreisauer dagegen lehnten es ab
Moltke zumindest bezweifelte ob es
Nicht die Dolchstoßlegende stärkte
Während Yorck sich dafür aussprach

Kann die Demokratie durch Terror je
Befreit und erhalten werden oder nie
Weil nichts taugt was unrecht doch ist
Den Rechtsstaat wieder zu befreien

Während Pegiden Angst beschwören
Die Gewalt im Diskurs stets zunimmt
Fragt sich was das Land heute braucht
Um künftig in Frieden auch zu leben

Ein Bayer spielte gerade fast Krieg
Gegen unsere friedlichere Kanzlerin
Sie gewann wohl die Schlacht durch
Abwarten ohne große Zugeständnisse

Weiß nicht ob Gewalt richtig sein kann
Mord je ein legitimes Mittel im Kampf ist
Wenn Gedenken wieder daran erinnert
Sich diese Frage zu stellen ist es gut so

Tresckow versuchte schon über Jahre
Den Terrorstaat zu beenden wollte sich
Zur Sicherheit mit ihm gemeinsam töten
Was wie so vieles auch nicht glückte

Handelt etwa moralisch legitimer wer
Sein Leben im Kampf dabei riskiert
Oder bleibt doch jeder Mord fragwürdig
Nach dem kategorischen Imperativ

Abstrakt lässt sich leicht debattieren
Im Krieg fallen Entscheidungen schwer
Da geht es um mehr oder weniger mehr
Als um grundsätzliche Fragen dabei

Lehne die Todesstrafe als Verbrechen
In jedem Fall ab und nenne alle Staaten
Die sie vollziehen Schurkenstaaten weil
Unwiderrufliche Disposition illegitim ist

Darum halte ich auch dies Attentat
So sehr es mit Hitler den Richtigen
Getroffen hätte für moralisch falsch
Nach den Prinzipien Kants logisch

Weiß nicht ob ich damit Recht habe
Ob nicht in dem Fall eine Ausnahme
Gelten muss wie beim Prozess gegen
Den banal bösen Eichmann ebenso

Darüber heute wieder nachzudenken
Sich alle Jahre danach zu fragen aber
Scheint mir in Zeiten der Radikalisierung
Wichtiger als die eine sichere Antwort

Dieses Bedenken ist das wertvolle
Am Gedenken des 20. Juli für mich
Es hat eine Perspektive für uns alle
Die wieder vor der Frage nun stehen

Sollen wir sterben lassen im Mittelmeer
Müssen wir retten oder gerade nicht um
Keine mörderische Perspektive zu geben
Gibt es eine Pflicht dazu einzugreifen

Dürfen wir Terroristen mit Drohnen töten
Auch den Tod anderer dabei riskieren
Um eventuell Attentate zu verhindern
Oder bleiben Mörder immer Mörder

Fragen die sich auch die Attentäter
Vor dem 20. Juli stellten und lange
Diskutierten ohne eine Gewissheit
Für den wahren Weg zu finden

Dies zu erinnern und darüber heute
Mehr und weiter zu reden ist wichtig
Um künftig moralischer zu handeln
Was weiß ich schon was richtig ist

jens tuengerthal 20.07.2018

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