Lektürentagebuch 30.4.25
Von der Hafenpause erzählt Franz Hessel
Mit vielen bunten Bildern die sich im steten
Trubel eines Hafens zeigen beginnend im
Café mit den geringelten Metallstühlen
Über die Ansicht riesiger Schiffe vor der
Beladung nach der Entladung unter
Frei schwingenden Kränen dort wie
Den Gang entlang der öden Zollhalle
Ein Denkmal von Henri VII dem letzten
König aus dem Hause Lancaster der
Mit einer Anjou verheiratet war was
Vielleicht Grund des Denkmals ist
Erzählt vom Krabbenbrötchen wie dem
Salzigen Geschmack von Meer und Ferne
Der schon beim Gedanken mich ekelt
An vermoderte Köpfe denken an lässt
Der Blick der Straße folgend endet im
Weiten Blau des Meeres was manche
Lieben worin andere sich verlieren was
Egal wie einfach blau nur bleibt
Denke bei Häfen an tote Fische die
Bauch oben in Hafenbecken faulen
Empfinde eher Ekel als Sehnsucht
Nach der Ferne bei gelben Schornsteinen
Der Besuch der bereits halbleeren
Fischhalle kündet vom räuberischen
Konsum der Lebewesen dort die keine
Zukunft haben als Scheiße zu werden
Empfinde zugegeben wenig Romantik
Beim Gedanken an Häfen sondern bin
Froh die Schiffsparkhäuser schnell wieder
Verlassen zu dürfen ohne Seegang
Das unerwartete Zusammentreffen mit
Settembrini und seinem Nachbarn Naphta
Aus dem der Italiener anfangs noch am
Liebsten geflohen wäre wird Lehrstunde
Kirche und kritischer Humanismus
Streiten sich in ihren beiden Vertretern
Vor den Vettern die zunächst kaum
Wissen was ihnen dort geschieht
Mit feinem Humor lässt Thomas Mann
Im Zauberberg die Welten kollidieren
Von mittelalterlicher Mystik bei Naphta
Zum kritischen Humanismus Settembrinis
Die Vettern finden sich dazwischen wieder
Mal dem einen dann dem anderen näher
Gut bürgerlich um Zivilisation bemüht doch
Von schlechterem Gemüt dabei
Dennoch gelingen manchmal Treffer
Die den Diskurs überraschend anheizen
Zwei Intellektuelle spielen ihre Rolle
Vor den noch neugierigen Schülern
Naphta lädt die beiden zum Abschied ein
Doch wiederzukommen wovon Settembrini
Aus formalen Gründen eher abrät was den
Reiz dazu für Hans natürlich nur erhöht
Settembrini der Zivilisationsliterat über den
Sich die Betrachtungen eines Unpolitischen
Noch empört erhoben haben wird dabei
Zum Verteidiger des Humanismus
Die Art wie die beiden klugen Köpfe
Hier aufeinander einschlagen ist von
Feinstem Humor geprägt aber zeigt
Den geistigen Wandel des Autors
Wo steht Mann zwischen dem hier
Als freimaurerisch beschimpften alten
Lehrer Lodovico Settembrini den sein
Gegner Naphta Meister vom Stuhl nennt
Was der Name des Vorstehers einer
Loge ist und für die Kirche ein Ketzer
Zumindest die Römer während sich die
Protestanten damit bald verbündeten
So sind in der anglikanischen Kirche
Regionale Bischöfe Großmeister der
Englischen Grand Lodge also dem
Quasi Vatikan der Freimaurer weltweit
Zwischen Rousseau dem Romantiker
Der kritischen Aufklärung und Kant wie
Den Enzyklopädisten suchen beide in
Pädagogischer Absicht ihre Position
Diese Streitgespräche zu lesen ist
Doppelt lohnend zum einen als
Spiegel abendländischer Dialektik
Dann des mannschen Humors wegen
Es beginnt mit dem Lotterbett des
Aberglaubens dem sich der rege
Nach Erkenntnis strebenden Humanismus
Als immer fleißig gegenüberstellt
Es zeigen sich als antisemitisch wohl
Interpretierbare Stellen die jedoch eher
Der Charakterisierung Naphtas in der
Nähe seines Vorbilds dienen
Nicht Hans sondern Joachim der so
Korrekte Militär den Settembrini als
Leutnant schon vorstellt wie es die
Italiener bei Titeln gern übertreiben
Nennt die Nase von Naphta jüdisch
Wie seine Erscheinung so unangenehm
Dass die inhaltliche Nähe egal wird
Solidarität mit Settembrini näher lag
Diese erstaunliche Beobachtung weist
Auf ein Phänomen der Solidarität hin
Die weniger durch Inhalte noch als
Durch Traditionen begründet wird
Zumindest beschließen die beiden zum
Abschluss auf dem Rückweg ihre
Besuche bei beiden nun fortzusetzen
Was Hans Joachim erst vorschlägt
Die Spannung zwischen den Eheleuten
In Mercede und der Meisterschmied wird
Unerträglich als Mercede spürt das mit
Gavino etwas nicht stimmt nach dessen
Besuch bei dem verkrüppelten Freund
Wie dieser den Brief lange noch nicht
Öffnen kann von seinem Bruder der
Bei den Wahnsinnigen gelandet ist
Wie er ihm ganz vernünftig erklärt
Wann und warum es dazu kam ist
Teil des Briefes den er viel später
Allein in seinem Bett lesen wird
Lebendig aber tot sei er nach
Allem was er erlebte im Wahnsinn
Bevor er diesen Brief liest kocht
In Mercede die Verzweiflung hoch
In dann Wut über die Michele nun
Vorwirft er hätte den Tod der beiden
Anderen verschuldet einst was nie
Ein Thema zwischen den beiden war
Kein Gefühl ist so intensiv wie der
Hass der aus der Liebe kommt sich
In Verzweiflung seine Wege sucht
Ihr Mann sagt lieber nichts und isst
Dabei fasst er den Beschluss den er
Ihr gleich mitteilt Gavino zu verletzen
Damit er nicht einhezogen wird was
In der Werkstatt leicht möglich wäre
Monate schon hörten sie nichts von
Luigi Ippolito und die Verzweiflung
Über das Nichts nach den vielen
Briefen zuvor wird immer größer
Während die Eltern sich über dem
Plan ihn zu verletzen versöhnen
Liest Gavino den Brief des Bruders
Der seinen Wahnsinn berichtet
Er überlässt es ihm dies auch
Den Eltern zu erzählen oder nicht
Gavino wird es für sich behalten
Auch als Luigi's Sarg kommt
Was der Krieg mit den Menschen
Wie ihren Angehörigen macht wo
So viele Leben zerstört werden zeigt
Marcello Fois eindringlich spürbar
Eine Lektüre die mitnimmt und stärkt
Vor der es mir graute die mit dem wohl
Freitod von Luigi eine gute Wendung im
Schrecken noch bekam bleibt hart
Denke an all die Menschen die ich
In den Tod begleitete oder deren
Reste ich von der Straße kratzte
Wie den unendlichen Frieden danach
Dies fühlbar zu machen mit den beiden
Gesichtern des Todes dem schönen
Was von Erlösung flüstert und der
Angst vor dem Ende dennoch ist groß
jens tuengerthal 30.4.25
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