Sonntag, 27. April 2025

Lektürentagebuch 27.4.25

Lektürentagebuch 27.4.25

Zart sinnlich erzählt Franz Hesel unter
Dem eher spröden Titel das Leibchen
Von einer erotischen Begebenheit aus
München als es mit der Liebe noch nicht

So einfach zuging wie später als in der
Münchner Bohème eine Studentin vor
Dem ersten mal ihrem Geliebten noch
Zuflüsterte sie sei noch Jungfrau

Wofür er sie bitte nicht verachten solle
Also noch vor dieser Zeit und doch 
Eigentlich nicht so lange her beschloss
Eine junge Dame ihn zum Tee zu besuchen

Dazu trug sie ein Prinzesskleidchen unter
Dem sie ein Schnürmieder hatte das ihr die
Alte Mutter noch hinten zugehakt hatte
Weil es allein schwerlich möglich war

Wie sie dann Tee tanken Bilder und
Bücher gemeinsam betrachteten dann
Überraschend nicht beim idyllischen Tun
Alleine blieb sondern noch weiter gingen

Worüber Hessel dezent schweigt nur
Erwähnt wie der junge Mann mit noch
Nachzittenden Fingern sich als es dunkel
Wurde und sie schnell weg musste

Ihr das besagte Leibchen ungeschickt 
Wieder zuhakte und wie die Mutter
Als sie der Tochter zuhause half das
Mieder wieder auszuziehen meinte 

Sie sei heute wohl tüddelig gewesen
Hätte ihr das Mieder schief zugehakt
Was genug uns Lesern erzählt ohne
Etwas zu sagen was dabei passierte

Wie fein ist diese zarte Erotik die von
Längst vergangenen Zeiten erzählt
Die glühende Lust nicht ausspricht
Doch dafür umso fühlbarer macht

Franz Hessel schafft es so mit bloßen
Andeutungen eine sinnliche Spannung
Die unausgesprochen zwischen den
Zeilen liegt fühlbar zu erschreiben


Durch eine kleine Andeutung zum
Thema Botanik bei Doktor Krokowski
Macht Joachim Ziemßen seinem Vetter
Hans Castorp im Zauberberg deutlich

Welche Spannung zwischen ihnen lag
Wieviel in Joachim wohl gärte der sich
Sonst militärisch korrekt immer zurückhielt
Bis es in ihm unerträglich wohl wurde

Er erinnerte damit an einem der letzten
Vorträge des Doktors nun zum Thema 
Liebe und Tod bei dem es um Morcheln ging
Die genial aussahen aber dafür nach Leiche

Intensiv duften was durch das schleimige
Sekret das sie zur Fortpflanzung mit ihren
Samen gemeinsam absonderten was 
Einige Gäste eine Zumutung fanden

Frau Stör die große Bildungschnitzerin
Nannte es empört sogar obskur womit
Sie vermutlich obszön noch meinte was
Empörung über das sexuelle ausdrückte

Ob die Gedanken beim weißen Sekret
Das Pilze zur Fortpflanzung absondern
Natur oder sexuelle Bedürfnisse eher
Offenbaren bleibt eine spannende Frage

Ist Sex unter Tieren oder Pflanzen der
Überall öffentlich stattfindet im Frühling
Weniger obszön weil natürlich warum
Behandeln wir unsere Gattung anders

Wie nah liegt es doch immer auch bei
Liebe und Tod an den petite mort gleich
Zu denken was zwischen den Vettern
Natürlich nie ein Thema gewesen war

Warum erinnerte also Joachim seinen
Vetter Hans an diesen Vortrag als jener
Voller Freude über Blüten im Frühling
Sprach die auf Bergwiesen nun kämen

Soll diese sexuelle Andeutung an ein
Thema rühren über das sonst zwischen
Beiden eisern geschwiegen wurde sich
Nicht emotional zu nah zu kommen

Kaum war eine solch doppelbödige
Anspielung von Joachim zu erwarten
Sex und Liebe waren kein Thema
Beide respektierten den anderen

Was nun sollte diese Andeutung
Fragt Thomas Mann als Erzähler
Die amüsierten Leser um dann über
Manche Umwege zum Punkt zu kommen

So hatte Joachim neulich erst als er
Vom Wiegen durch den Bademeister kam
Hans der vom Spritzen kam im dunklen
Raum der Analyse verschwinden sehen

Was trieb Hans wohl zu Terminen in die
Analytische Grube herabzusteigen ohne
Solches mit einem Wort zu erwähnen
Um was ging es dabei diesen wohl

Eine kleine Andeutung nur gemacht
In einer Zeit in der Joachim längst mit
Seinem Aufenthalt hardert öffnet eine 
Welt von nur angedeuteten Untiefen

Kaum werden sie über botanische
Themen dabei diskutiert haben wird
Der im unklaren gelassene Leser denken
Ging es um die Triebe oder die Liebe

Die unter den Kranken wie zu der einen
Abgereisten Kranken die Hans noch im
Karneval sowohl als auch erleben durfte
Als sie auf französisch verkehrten

Meisterhaft mit kleinen Andeutungen
Wie über die Umwege eines Verdachts
Inszeniert Mann hier eine Spannung 
Zwischen den Vettern ohne Gründe

Das ganze was immer es einmal war 
Verliert sich in Andeutungen über ein
Thema über das nicht gesprochen wird
Sagt nichts aber lässt tief blicken

Dieser zugleich bissige Spott über die
Da noch junge Psychoanalyse wie ihre
Neigung zur Suche nach sexuellen Mustern 
Ist mit großer Feinheit komponiert

Daneben ist es auch ein Spott über die
Engen Konventionen der oberen Schichten
Die viele Erwartungen unausgesprochen
Lieber lassen aber manchmal aufbrechen 

Wie radikal ein scheinbares Nichts einer
Andeutung zu einem gemeinsam besuchten
Vortrag dabei wirken kann zeigt Mann 
Mit viel Humor und großer Eleganz 

So setzt sich der Zauberberg mit den
Konventionen einer Zeit im Umbruch
Wie mit geistigen Fragen der Zeit auf
Humorvolle Art dabei auseinander

Dies tut Mann auf literarisch so feine Art
Dass die Lektüre bis heute eine Freude ist
Noch dazu viel über Konventionen lehrt
Welche sie sehr ernsthaft dabei verspottet

Wenig bis in nichts hat sich daran bis heute
Je geändert besonders bei denen die sich
Für bedeutend gerne halten ist der Sex
Eher kein Thema dafür meist langweilig

Genau das macht neben der großen
Künstlerischen Vollendung den Roman
Auch hundert Jahre nach seinem ersten
Erschienen noch so aktuell wie komisch

In wievielen Rollen die dort gespielt
Werden erkennen wir uns nicht wieder
Mischt dabei Liebe Sexualität noch mit
Philosophie zur großen Symphonie


Mit geradezu genialer Bösartigkeit
Inszeniert der kleinwüchsige Dudu
Seine Intrige gegen Joseph im Roman
Joseph und seine Brüder von Mann

Erst verkehrt er seine Rede gegenüber
Muth seiner Herrin die er feinfühlig wie
Das Spähen gewohnt auch als Kenner
Der Zeugung schon verliebt sah 

Langsam wandelt er das Bild dabei
Mit großem Geschick aber doch so
Seltsam eindeutig dabei noch dass
Jeder Vernünftige an ihm zweifelte 

Keiner mit genug Verstand hätte 
Dem Hofzwerg der Kleiderkammer
Diesen radikalen Kurswechsel noch
Abgenommen doch Muth war verliebt

Dankbar saugte sie seine Worte auf
Aufgeregt errötend dabei was er dem
Joseph umgekehrt gleich unterstellte 
Damit sie sich ganz verstanden fühle 

Mann nutzt dabei sehr humorvoll ein
Bild aus den Märchen der Brüder Grimm
Von den sieben Hügeln jenseits derer
Seine Herrin die Schönste ihm sei

Das gleiche Spiel führt er dann noch
Umgekehrt bei Joseph auf dem er sich 
Nach sieben Jahren der Prüfung nun 
Als Freund und treuer Freund anbietet 

Gerade der lange Zeitraum seiner Prüfung
Belege doch wie ernst es ihm nun sei 
Was er durch ein geflüstertes Geheimnis
Zu Muth der Herrin vor ihm belegen will 

Noch aufrecht und ehrlich verbittet sich
Joseph aber das Flüstern wie die Hand
Vor dem Mund die unaufrichtig wäre
Aber seine Neugier ist schon geweckt

Mit perfide intriganten Lüngen verkehrt
Der bösartige Zwerg so aus Rachsucht
Die Tatsachen und verführt beide zu
Gedanken die sie so nie wollten 

Wer die Wirklichkeit so dreist in seinem
Interesse verkehren kann wie damit
Einen radikalen Kurswechsel kaschiert 
Steuert Menschen mutwillig für sich

Nichts ist dafür geeigneter als Gefühle
Die den Verstand gerne ausblenden
Was Intriganten wie Populisten nutzen
Liebe half manch großem Spion auch

Genial in aller Bösartigkeit ist es wie Mann
Die knappe biblische Geschichte viel weiter
Erzählt als die Quellen es ahnen ließen aus
Aus dem religiösen Text ein menschliches

Drama mit Offenbarung aller Schwächen 
Wie großer Gefühle dazu die es von der
Stammesgeschichte zum Epos formt das
Mit seinen Figuren auch leiden lässt


Wirklich dramatisch zeigt sich der Krieg
In Mercede und der Meisterschmied wo ein
Erste Verwundeter völlig entstellt aber
Lebendig von der Front heimkehrt

Die Ehehoffnung für Gavino erfüllt sich
Mangels weiterem Interesse nicht
Stattdessen entdeckt er seltsame
Floskeln in den Briefen des Bruders

Das Gespräch mit dem entstellten Freund
Aus Zeiten des Friedens wirkt verdächtig 
Gavino begibt sich auf Spurensuche um
Die Wirklichkeit noch zu entdecken

Dunkle Wolken hängen über dem Gemüt
Der Menschen auf der Insel die nicht ahnen
Wie schrecklich die Wirklichkeit ist die sich
Dem Unerträglichen langsam nähert 

Schwer zu ertragende Lektüre die das
Grauen des Krieges gut abbildet wie
Des Wahnsinns der nach ihm strebt 
Von Heldenmut dabei noch faselnd

jens tuengerthal 27.4.25

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