Zum Welttag des Buches
Mit der Qual am Lesen
In Versen besungen beginnen
Scheint vermutlich paradox
Doch ist es der Schlüssel
Zum nachhaltigen Leseglück
Alter Verehrer von Thomas Mann
Quäle ich mich seit Jahren mit
Joseph und seine Brüder
Dessen gähnend langwelligen
Biblischen Ton der bei mir
Schon aus Prinzip Widerwille
Auslöst der täglich noch wächst
Wären da nicht zwischendurch
Die kleinen Lichtblicke großer Ironie
Die der Zauberer auch dort versteckte
Nach dem unaufmerksamer gelesenen
Teilen zu den biblischen Ahnen kommt
Überraschend ein kleiner Einschub
Zur Stimmung die den Roman trägt
Jenem Humor der auch vor der Bibel
Nicht anhält aber nicht durch platte
Negation der kulturellen Wurzeln
Dazu war Thomas zu sehr Bürger
Viel mehr durch Imitation des Tons
Indem er unauffällig menschliches
Mit frecher Freude am Puppenspiel
So feinsinnig spöttisch zeichnet
Dass ich lächelnd durch den Tag gehe
Diese große Kunst die dezent bleibt
Sich perfekt getarnt hinter heiliger Form
Völlig unfromm menschlich versteckt
Ohne arrogant daran zu zweifeln
Sich gar über die Götter zu erheben
Oder die heiligen Bücher deren Ton
Er so perfekt imitiert infrage zu stellen
Sich eher in sie verwandelt quasi was
Die Qual des radikalen Atheisten auslöst
Aber genau diese auch Qual der Lektüre
Die weiter denken lässt als gewohnt
Wie einst Michel de Montaigne der mir
So fremd schien wie Kants Kritiken noch
Bei der ersten Lektüre wohl dieser klar
Logischen sprachlichen Mathematik
Die ich später lieben noch lernte
Ist es die das Denken nachhaltig bewegt
Bücher so wichtig für uns macht auch
Wenn der Weg zu manchen noch eine
Gehörige Quälerei ist vom Ziel betrachtet
Lohnt der Weg später jedes Opfer wohl
Unklar nur ob dies der Rechtfertigung
Leidend vertaner Zeit dient oder Ergebnis
Lesend wachsender Weisheit schon ist
Wozu in der Person des Autors wohl
Genug Zweifel immer begründet sind
Als dass es mehr als Ironie sein könnte
Aber lassen wir dies hier dahinstehen
Um lächelnd weiterzulesen
jens tuengerthal 23.4.20
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