Montag, 7. April 2025

Lektürentagebuch 7.4.25

Lektürentagebuch 7.4.25

Mit Franz Hessel im Kramladen des Glücks
Weitere Liebeserlebnisse in München etwa
Mit einer rothaarigen Russin aus dem Kreis
Der Zionisten die er gerade noch verließ

Ein plötzlicher Ekel hatte ihn dabei die
Flucht ergreifen lassen nachdem er sich
Mit ihr allein am Ziel seiner vorher noch
Frech geäußerten Wünsche sah

Ähnlich geht es mit der Gänseliesel vom
Künstlerfest der er ganz nah sogar kam
Die dann aus Eifersucht auf die doch 
Abwesende Grete ihren Abschied nahm

Im Brief an seinen Bruder beschrieb er sich
Als nirgendwo zugehörig auch in seinem
Studium warum er nun historische hörte
Sich gar der Ägyptologe noch widme

So wird das Bild von Gustav von ganz
Verschiedenen Seiten gemalt doch als
Der unzugehörige Flaneur beschrieben
Überall am liebsten nur Beobachter ist

Welch schöne Gelassenheit dies schenkt
Statt Partei zu ergreifen daneben stehen
Zu bleiben alles zu beobachten ohne von 
Etwas oder einer völlig ergriffen zu sein

Denke dabei an Michel de Montaigne 
Der genau dieses Ideal hochhält dem 
Großen geistigen Flaneur aus dem
Frankreich der Glaubenskriege noch


Weiter im Essayband zur Ausstellung
Was ist Aufklärung in den Kapitel die
Frage nach der Vernunft geht es um
Den langen Marsch zur Mündigkeit

Hier ergründet Gunnar Hindrichs die
Hintergründe von Kants Definition wie 
Ihre Aktualität bis in die Gegenwart nur 
Verlässt er diesen Pfad der Tugend bald

Leider verirrt sich der Autor dieses Essays
Statt die Argumente von Kant zum Weg
Zur Mündigkeit konsequent aufzugreifen 
Zwischen Hegel und späterer Dialektik

Die Argumentation die auf dem Verlust
Der Moral ohne Religion aufbaut wie der
Daraus resultierenden Heimatlosigkeit
Läuft inhaltlich aber völlig ins Leere 

Es ist wie die Anmaßung von Hegel
Kant erst zu Ende gedacht zu haben
Ausdruck eines bornierten Unverständnis
Das vielleicht nur typisch schwäbisch ist

Auch der psychoanalytische Blick  auf
Kant durch Horkheimer und Adorno baut 
Mehr auf Aberglaube auf als dabei die
Vernunft angemessen zu Ende zu denken

Hindrichs verirrt sich nach dem guten
Anfang zwischen Hegel und der hier
Anknüpfenden Dialektik die ein wenig
Traumatherapie spielt Probleme zu finden

Diese relativ leichtsinnige wie auch zu
Unkritische Bezugnahme auf Hegel der
Die Vernunft verriet und die Dialektik der
Aufklärung fiel schon in der Ausstellung auf

Ein unangenehmer Denkfehler der Kant
Wie die Größe seines Begriffs von Freiheit
Nicht erfasst und stattdessen lieber über
Fehlenden Halt ohne Aberglaube spekuliert

Dies bleibt in sich spekulativ bietet dabei
Keine vernünftige Antwort mehr sondern
Lässt den fehlenden Mut zur Mündigkeit
Als allgemeines Gesetz an Ende zu

Damit wird der komplette Gegensatz zur
Sich selbst befreienden Mündigkeit nach
Kant deutlich die das Sittengesetz in sich
Ohne Anleitung Dritter schon suchte

Kant ist ein Anarchist der das eigene
Gewissen über alle Gesetze stellt wie
Moral ohne alle Götter nur aus dieser
Konsequent kategorischen Haltung findet

Was der Katalog wie die Ausstellung auch
Leider nur wiederkäuen ist ein noch 
Verbreitet kurzsichtiger Blick auf die
Aufklärung der ihre Radikalität übersieht

Max Stirner dachte in seinem Einzigen
Erst Kants Moral konsequent zu Ende
Die Aufklärung stellt die Moral allein auf
Das Gewissen und damit nur auf sich

Diese aufgeklärte Betrachtung Kants
Fehlte in der sonst mit wunderschönen
Exponaten reich bestückten Ausstellung
Völlig und bisher leider auch im Katalog

Da wird der große Kant in das geistig
Viel zu enge Korsett seiner Nachfolger
Gezwängt die ihm nie voll erfassten
Eine bedauernswerte Kurzsichtigkeit

Aufklärung weiter leben zu lassen heißt
Kant konsequent heute zu Ende zu denken
Wie er die Legitimation jeder Herrschaft
Infragestellt zum Wohle der Moral

Mehr davon wäre gerade nötiger als ein
Nur sich selbst beweihräucherndes dabei
Bloß akademisches Geblubber dem die
Konsequenz im Denken verloren geht

Aufklärung lebt und ist nötig als eine
Befreiung aus der Unmündigkeit die
Jede Generation neu gehen muss
Indem sie alles kritisch hinterfragt

Kein status quo ist für immer alles
Unterliegt Wandlung und Fluss die
Freiheit muss jede Generation neu
Für sich und ihre Umgebung erobern 


Von der europäischen Aufklärung ging es
Zur islamischen Aufklärung über die der
Historiker Christopher de Bellaigue so
Klug im gleichnamigen Buch schrieb

Hier war es dee neugierige Besuch
Des ägyptischen Imam in Paris und sein
Später veröffentlichtes Reisetagebuch das
Zeit und Erfahrung spannend abbildet

Was war dem Ägypter neu und fremd 
Welche Schriften fand er besonders lehrreich
Wo stießen ihn die Sitten doch eher ab 
Vom Besteck bis zu Büchern und mehr

Wo wirkte der Geist der Aufklärung noch
Wie wurde die Julirevolution von 1830
Durch einen Besucher erlebt der sich
Auf einer anderen kulturellen Stufe befand

Der Blick eines Fremden auf das eigene
Wie seine Ideale ist sehr lehrreich auch
In einer Zeit in der wir uns verstärkt mit
Der slamischen Welt auseinandersetzen


Wenn schon historisch heute unterwegs
Tauchte ich als nächstes noch in die
Kulturgeschichte der Neuzeit des klugen
Egon Friedel ein der über Descartes schrieb 

Wie dessen Bedeutung auch jenseits
Des cogito ergo sum was aus dem
Dubito ergo sum erst entstand weil
Die Zweifel ihm am Anfang kam

Diese erste kritische Existenz die
Ihre Welt von der Mathematik aus
Kommend vermaß kann vielleicht
Ein Vordenker der Aufklärung sein

Womit sich am Ende der Kreis zur
So wichtigen Aufklärung wieder schließt
Reden und streiten wir darüber wohin
Das kritisches Denken uns logisch führt

jens tuengerthal 7.4.25

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