Mittwoch, 11. September 2024

Lektürentagebuch 10/09/24

Lektürentagebuch 10/09/24

Statt Literatur gab es heute mehr
Über Literaten und ein Essay außer
Wir zählen Walt Whitmans Tagebuch
Zur Literatur was übertrieben scheint

Begonnen heute mit einem Essay
Von Ernst Troeltsch aus dem Band
Die Fehlgeburt einer Republik aus
Dem Berliner Spektator 1918 bis 1922 

Troeltsch ist ein konservativer aber
Sehr feiner politischer Analytiker der
Hier die Hetze von Nationaler Kräfte
Gegen Erzberger klar infrage stellt

Auch wenn dieser Text nun schon über
Hundert Jahre alt ist er stammt von 1920
Scheint er gerade im Verhältnis von
Regierung und Opposition aktuell

Das System ohne Alternative einfach
Trotzig infrage zu stellen hat sich in
Der Weimarer Republik so wenig 
Bewährt wie im heutigen Berlin

Der Aufstand der Rechten gegen den
Minister Erzberger der noch im Krieg
Den Waffenstillstand unterschrieb hat
Ein Jahr später zu dessen Ermordung

Durch die Organisation Consul geführt
Einen Bund ehemaliger Frontkämpfer
Welche die Demokratie sabotierten den
Frieden als ihren Feind bekämpften

Erzberger der als katholischer Politiker
Des Zentrums schon im Kaiserreich
Gegen die Kolonialpolitik opponierte
War damit ein ideales Feindbild

Wie schnell Radikalisierung zum Mord
Oder gefährlichen Kämpfen führen kann
Hat uns die Corona Zeit schon gezeigt
Thüringen und Sachsen sind Folgen

Eines von Moskau munitionierten Hass
Gegen die Bundesregierung der schon
Bei Pegida die auch der Kreml finanzierte
Einst seinen hässlichen Anfang nahm

Die Eskalation des bürgerlichen Diskurses
Der in Parlamenten stattfinden soll durch
Zunehmende Radikalisierung führt zum
Hass auf den Straßen wie er auch die

Stimmen für Populisten nur fördert von
Denen kein konstruktiver Beitrag kommt
Aber hier geht es ja um ein Essay aus
Den frühen Zwanziger Jahren dessen

Aktualität und Weitsichtigkeit der Mord
An Erzberger ein Jahr später zeigte
Warum diese Lektüre eine Mahnung
Zur Besonnenheit auch sein könnte

Nach der Lektüre der Kriegsfolgen
In der Weimarer Republik kam der
Amerikanische Bürgerkrieg wie ihn
Walt Whitman erlebte fern der Front

Beschreibt seine Dienste dort im
Lazarett mit etwas Selbstlob was
Typisch amerikanisch ist und fern
Preußischer Bescheidenheit steht

Doch nimmt er sich dabei für seine
Amerikanischen Verhältnisse die so
Gerne peinlich laut sind eher zurück
Berichtet mitfühlend von Verletzten

Wie dem wenigen was er für sie tut
Die heldenhaft ihre Verletzungen im
Krieg ertragen auch wenn manches
Geradezu unerträglich heute scheint

Da zeigt Whitman der große Dichter
Der Grashalme mehr Feingefühl als
Ein Ernst Jünger es noch konnte der
Andere literarische Verdienste hat

Wobei Jünger dies später etwa in
Gärten und Straßen vom Feldzug
Nach Frankreich mit mehr Gefühl
Konnte als noch in Stahlgewittern

Von Whitman ging es zu seinem
Zeitgenossen Fontane über den
Hans Dieter Zimmermann in der
Hervorragenden Biografie schrieb

Das heutige Kapitel beschäftigte
Sich mit calvinistischen Ideen im
Werk des Hugenotten Fontane was
Zimmermann oft gut recherchierte

Wie sich die Werke in der Provinz
Wo die Kirche noch wichtig war von
Denen in Berlin unterschieden wo
Pastoren keine Rolle mehr spielen

Auch Fontanes eigene Religiosität
Die wohl eher gering ausgeprägt war
Wird dabei reflektiert wie deren
Wurzeln zum lutherischen stehen

Als Hugenotte eher calvinistisch war
Diese Religion zugleich auch jene des
Preußischen Herrscherhauses was hier
Seltsam Zimmermann nicht erwähnt

Dabei ist diese Nähe der Hugenotten
Zum seit Johann Sigismund calvinistischen
Haus Hohenzollern nicht unbedeutend
Auch wenn lutherisch Staatskirche blieb

Hier wären in diesem Kapitel noch
Mehr Erläuterungen zur Nähe von
Königshaus und Hugenotten gut die
Der Kritik an Luther im Werk einen

Verständlichen historischen Rahmen
Gäben wie Fontanes teilweise eher
Lästerlichen Äußerungen einiger der
Figuren einen anderen Anstrich

War das nun vorwitzige Opposition
Gegen die preußische Staatsreligion
Eher besondere Königstreue oder
Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln

Gut sind die Stellen im Werk belegt
Was zum nachlesen einlädt um sich
Ein eigenes Bild davon zu machen
Wie religiös Fontane hier dichtet

Gerade Tagebuch und Briefe zeigen
Eher eine kritische Distanz auf zur
Religion überhaupt wie eine wohl
Durchschnittliche Akzeptanz dabei

Wiederum aber zeigte sich doch wie
Vielfältig spannend Fontane noch ist
Welche Seiten preußischer Geschichte
Sich in seiner eigenen widerspiegeln

Die Konvertierung erfolgte in der Mark
Die Kurfürstentum damals noch war
Vor dem Dreißigjährigen Krieg als eine
Reaktion auf die Gegenreformation auch

So galt der Calvinismus als eigentlich
Radikalere Reformation wie auch das
Bekenntnis zu ihm dieses verdeutlichte
Sogar zur Ehe des Kurfürsten passte

Sich all diese wichtigen Informationen
Noch auf anderen Irrwegen zu suchen
War ein spannendes Vergnügen hätte
Der Fontane Biografie gut gestanden

Von Fontane ging es zu Thomas Mann
Genauer desse Werk und Zeit in der
Bisher hervorragenden Biografie von
Dieter Borchmeyer noch in Davos

Dabei war die erotische Szene in der
Faßnacht mit Clawdia Chauchat vom
Guten Russentisch an der Reihe die
Wo es zur Sache ging ins französisch

Sich lieber flüchtete nicht indiskret im
Deutschen Text noch zu werden was
Mit Manns Humor so spannend wäre
doch auch Borchmeyer zitiert lieber

Französische Stellen im Original statt
Zur Sache zu kommen und erläutert
Sehr vorsichtig wenn auch immer exakt
Nur im weiteren Kontext des Moments

Lässt sich lang über die Androgynität
Wie die vermutete Homosexualität
Oder das Spiel mit ihr in der Erinnerung
An Pribislaw aus ohne zur Sache

Der erotischen Spannung auch nur
Einen weiteren Satz zu verlieren was
Thomas Mann gemäß allen konkreten
Sex dezent nur im unklaren lässt

Doch ist dies nur teilweise passend
Selbst wenn Mann ins französische
Als Sprache der Erotik hier flüchtete 
Hat die Situation eine eigene Erotik

Wie schafft Mann diese erotische
Spannung mit der Russin allein die
Hans Castorp schon so lange begehrt
Wie fühlbar sinnlich wird es dabei

Es braucht diese Szene keinerlei
Mutmaßungen zur Homosexualität
Noch kindlicher Neigungen es ist
Eine konkrete Sex Situation einfach

Zwischen zwei heterosexuellen sich
Anziehenden Erwachsenen warum
Jede weitere Deutung bemüht dem
Leser hier scheint oder gar absurd

Warum muss ich zu Thomas Manns
Vielleicht vermutlichen Neigungen
Spekulieren bei einer schlichten
Heterosexuellen Sexszene dort

Hier scheint die Auslegungswut
In kafkaesker Manier sich doch
Eher verselbständigt zu haben
Im Zauberberg steht nichts davon

Wunderbar weit sieht Borchmeyer
Sonst die Andeutungen Manns in
Der Dialektik mit der Aufklärung
Für die Settembrini dort steht

Doch wenn es einfach um Sex
Als einmal erfülltes Begehren geht
Was als Geheimnis zwischen ihnen
Später wieder auftaucht genügt dies

Sex ist magisch und besonders genug
Ihn auch beim Namen zu nennen statt
Anderes in ihn deuten zu wollen mit
Immer verfehlter Analyse dabei

Thomas Mann der mehrfache Vater
Konnte oh Wunder auch über Sex
Schreiben und es sogar erotisch tun
Das wäre der Worte wert gewesen

Alle anderen Mutmaßungen dagegen
Scheinen an dieser Stelle doch eher
Fehl am Platz aber vielleicht war das
Professor Borchmeyer zu wenig

Wie weit solche Spekulationen mit
Der sexuellen Neigung des Autors
Oder politischer Korrektheit eher
Zusammenhängen sei dahingestellt

Diese interessiert mich so wenig wie
Sonstige Spekulationen über eine nie
Ausgelebte Neigung wo es um Sex
Am Rande einer Party einfach geht

jens tuengerthal 10.9.24

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