Montag, 16. September 2024

Lektürentagebuch 15/09/24

Lektürentagebuch 15/09/24

Heute in zwei Büchern gelesen
Dafür beide ausgiebig genossen
Friedells Kulturgeschichte wie in
Lozana die Andalusierin einem

Roman der erstmals wohl 1523
Erschien und von dem es nur
Noch ein Exemplar gab in der
Kaiserlichen Hofbibliothek Wien

Begann mit Friedells herrlichen
Ausführungen zur Reformation
In dem Kapitel Bartholomäusnacht
Was viele Geschichten enthält

Friedells weiter historischer Blick
Der Zusammenhänge auch über
Kontinente sichtbar macht wurde
Hierbei zunächst etwas spöttisch

Die verschiedenen Varianten der
Reformation und ihre dabei ganz
Entschiedene Gegnerschaft die
Mit Calvin und Luther nur beginnen

Doch weit in viele kleine Gruppen
Reichen die sich erbittert bekämpfen
Statt gemeinsam für eine Reformation
Einzutreten sich lieber noch unbringen

Wohin das cuius regio eius religio aus
Dem Augsburger Religionsfrieden das
Reich in verschiedenen Gruppen führte
Ob es nicht weiser wäre die Religion

Gleich zur Privatsache zu machen doch
Dafür war sie noch mit zuviel Macht wie
Deren heiliger Begründung verbunden
Auch Deutschland ist noch nicht wirklich

Laizistisch geworden sondern schleppt
Noch ein Staatskirchenrecht mit was 
Nicht mehr ins moderne Europa passt
Was keiner wirklich zu ändern wagt

Friedell kommt in seinem Bericht aus
Der Zeit zu einem der großen Kämpfer
Für die katholische Kirche der seinen
Orden wie eine Armee einst aufbaute

Ignatius von Loyola und die Jesuiten
Die auch die Wissenschaft wie alles
Bis zur Perfektion betrieben wie sich
Damit viele Feinde auch machten

Erzählt von der Person des Gründers
Seinen Wegen wie seiner Strenge
Mit der er sich selbst geißelte für
Was auch immer denke ich dabei

Was weiter zu dem König leitet der
Ein Leben wie im Kloster in seinem
Escorial Palast führte Philipp II. der
Sich als Vorkämpfer der Kirche sah

Friedell nennt ihn auch den König
In dessen Reich die Sonne nie
Unterging was der Titel seines
Vaters als Kaiser vorher noch war

Dies beschreibt die um den Globus
Reichenden Kolonien Spaniens die
Ein Weltreich schufen was Philipp
Mit großem Fleiß selbst regierte

Friedell beschreibt den immer in
Schwarz gekleideten Philipp in
Seiner religiösen Inbrunst als
Typisch spanisch dafür jedoch

In seinem Fleiß und seiner Ordnung
Mit der er als König alles entschied
Als typisch deutschen Beamten dem
Das napoleonische Genie fehlte

Doch wie sein Vater der noch
Als Deutscher Kaiser dazu wirkte
War Philipp ständig überfordert von
Der Vielzahl seiner Aufgaben

Dabei hatte Karl schon die Bürde
Als Kaiser an seinen Bruder in
Wien abgegeben aber dafür auch
Die spanischen Niederlande noch

Seinem Sohn überlassen die auch
Genug Ärger und Krieg mit den
Protestantischen Nachbarn noch
Brachten wie sein Sohn später

Jener berüchtigte Don Carlos der
Vermutlich geisteskrank war wie
Auch die Großmutter die als die
Wahnsinnige Johanne bekannt ist

Darüber plaudert Friedell einfach
Ganz nebenbei was sich großartig
Liest wenn er auch die Vernunft von
Philipp II. eher infrage dabei stellt

Jener König der erst die bloody Mary
Heiratete wie dann um deren noch
Protestantische Schwester Elisabeth
Warb welche aber niemals heiratete

Wie Philipp mit seiner Armada in den
Krieg gegen England zog um dabei
Seine riesige Flotte zu verlieren ist
Bezeichnend für seine Vorhaben

Ob der Wahnsinn oder das Wesen
Von Philipp stark von der damals
Normalen habsburgischen Inzucht
Geprägt war lässt Friedell dahinstehen

Die Lektüre von Friedell macht auf
Ihre Art immer wieder glücklich weil
Ein kluger Kopf Geschichte auch in
Größeren Zusammenhängen erzählt

Eine immer noch und immer wieder
Lohnende Lektüre als Spaziergang
Durch eine religiös aufgewühlte Zeit
Von der wir manches lernen könnten

Ist Religion wirklich Teil unserer Kultur
Oder nur deren völlig überflüssiger
Wurmfortsatz der wenn er sich noch
Entzündet lebensgefährlich wird

Schaue ich in die islamische Welt
Denke ich eher an den Appendix
Als an geistige Entwicklung wie das
Christentum lange noch mehr faulte

Den albernen Aberglauben endlich
Zur völligen Privatsache von dann
Erwachsenen Menschen zu machen
Wäre eine angemessene Reaktion

Wie weit wir davon heute noch sind
Sollte jeden vernünftigen Menschen
Erschrecken der sieht wie nah das
Geistige Mittelalter kommen kann

Heute wird der Hokuspokus dann
Gerne spirituelle Welten genannt
Bleibt aber so unfrei wie immer
Verkündet dafür letzte Wahrheiten

Das Europa der Glaubenskriege
Was Friedell unter dem Titel der
Batholomäusnacht beschreibt ist
Eine sehr finstere Epoche noch

Sich bewusst zu halten wie nah
Die Intoleranz unserer Welt ist
In welche Katastrophen sie uns
Alle immer wieder führte hilft

So wie Friedell lesen hilft sich
Der Folgen zu erinnern auch
Beim Ende des großen Autors
Bleibt diese Erinnerung wach

Egon Friedell sprang aus dem
Fenster in den Tod weil er die
Abführung durch die Nazis da
Irrtümlich da schon fürchtete

Zuvor schrie der achtsame
Kaffeehausgänger aber noch
Achtung niemanden zu verletzen
Welch Verlust für unsere Kultur

Lozana die Andalusierin die sich
Eine Reportage in 66 Heften nennt
Ist ein springlebendiger Roman aus
Der Zeit von Philipps Kindheit 

Damit ist der Band der richtige
Anschluss an die historische Lektüre
Mit Dialogen aus dem wilden Rom
Der Renaissance voller Macht und Lust

Das Buch von Francisco Delicado ist
Dem Namen entsprechend sehr delikat
Mit ständigen sexuellen Anspielungen 
Die nicht ausgesprochen werden

Es ist die Zeit vor dem sacco die Roma
Der noch auf Anordnung von Philipps
Vater also Karl V. erfolgte oder doch
Zumindest von ihm toleriert wurde

Doch herrscht in diesem Roman nicht
Die höfische Perspektive sondern der
Blick kommt von ganz unten so ist die
Titelheldin spanische Arbeitsmigrantin

Die Stadt ist voller Betrüger Gauner
Huren und Scharlatane die sich über
Ihre Geschäfte dort auch unterhalten
Ein wildes lustvolles Leben führen

Bei jeder Äußerung fragt sich darum
Der Leser reden sie über Sex wie den
Verkauf ihrer Körper oder nur Rezepte
Was sagen sie zwischen den Zeilen

Am Ende wird der sacco di Roma der
Die Blüte der Renaissance beendete
Als Überfall von über vierzigtausend
Deutschen Barbaren noch beschrieben

Warum es nur dieses eine Exemplar
Der Originalausgabe in Wien gibt ist
So spannend wie Frage warum die
Habsburger Hausbibliothek es rettete

Welcher der raubenden Barbaren die
Vergewaltigten wie zerstörten um so
Unbezahlten Lohn zu erhalten es wohl
Nach Wien dann brachte bleibt offen

Es ist eine lohnende immer wieder
Auch komische Lektüre bei der aus
Frauensicht in eben Dialogen viel
Vom Geist der Zeit sich spiegelt

Wie nah kommt uns so manches
Heute noch vor und wie deutlich
Sind die Hurengespräche die so
Tun als plauderten sie bloß über

Rezepte aus der spanischen Heimat
Um gleich übereinander herzufallen
Kaum hat Lozana den Raum wieder
Verlassen sie gefährlich zu nennen

Wie spannend ist es das Rom der
Ausschweifenden Renaissance aus
Dieser Perspektive kennenzulernen
Bevor der Sacco diese Zeit beendete

Das leider inzwischen vergriffene Buch
Was auch ich antiquarisch erstand ist
Unbedingt als Lektüre zu empfehlen
Ein Gefühl für die Zeit zu bekommen

Dass die Wiener das letzte Exemplar
Der Welt an Leser verleihen ist eher
Unwahrscheinlich auch ohne Haus
Habsburg dort denke ich als Leser

Dies insbesondere da der Übergang
Von der freien Renaissance hin zur
Epoche der Glaubenskriege eine
Geistige Wende wieder bedeutete

Es war bei seinem Erscheinen noch
Der 51. Band der Anderen Bibliothek
Von 1996 die noch so manche große
Literarische Schätze bereithält

jens tuengerthal 16.9.24

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