Lektürentagebuch 15/7/24
Manches hindert manchmal auch
Am Lesen was ich aber anders als
Montaigne eher bedaure als begrüße
Entfremdet es mich doch meiner Natur
Sich viel vorzunehmen an Tagen die
Von alleine immer gefüllt noch werden
Schiene mir ein absurdes Vorhaben
Was mich nur weiter von mir entfernte
Immer habe ich die letzten Tage noch
Noch einige Seiten Proust gelesen der
Jedoch allein mir schnell lästig wird
Weil der Blick für die Ironie dann fehlt
Noch immer im Grand Hotel in Balbec
Berichtet Proust vom gerade Besuch
Der Prinzessin von Luxemburg die mit
Der Freundin der Großmutter verkehrt
Dadurch kommen auch sie in ihre etwas
Herablassende Gunst und fühlt sich der
Erzähler wie ein Haustier oder Kleinkind
Von der Fürstin behandelt denn wenn
Der Adel zur Zeit der Handlung auch in
Frankreich eher nur noch Geschichte
Etwas kann ist es diese Herablassung
Mit Grandezza ohne jeden Inhalt dabei
Die Unterschiede spüren zu lassen ist
Für einen hochsensiblen Knaben wie
Den proustschen Ich-Erzähler wie ein
Schmerzhafter Schlag ins Gesicht
Zwar wird die leichte Verärgerung hier
Nicht nur zwischen den Zeilen spürbar
Sondern deutlich ausgedrückt doch die
Lieben Grüße welche die Herzogin mit
Der die Großmutter enger verkehrt dann
Ausrichtet lassen diesen ersten Eindruck
Fast wieder im Seewind verwehen nun
Dankbar für die Ehre der Bekanntschaft
Dieses feine sprachliche Spiel mit den
Bis heute real existenten Klassen die
Gesellschaften in sich tragen macht die
Suche nach der verlorenen Zeit immer
Wieder zu einem feinsinnigen Sittenbild
Was besser den Umgang mit Menschen
Wie ihre Gewohnheiten lehrt als manche
Benimmbücher neuerer Zeit es können
Mit Manieren wurde auch der Prinz
Asfa Wossen Asserate seines Zeichens
Neffe von Kaiser Haile Selassie bekannt
Als Band der Anderen Bibliothek damals
Der gebürtige Äthiopier der in Addis Abeba
Die deutsche Schule besuchte studierte in
Deutschland und wurde Corpsstudent an
Seinem Studienort Tübingen wie er später
Wie seit langem schon in Frankfurt lebt
Dort einen gebildeten Freundeskreis fand
Er blickt von außen wie von innen auf das
Land dessen Pass er längst schon hat
In einem neuen Band ebenfalls aus der
Wunderbaren Anderen Bibliothek hat der
Äthiopische Prinz nun unter dem Titel
Deutsch vom Scheitel bis zur Sohle
Als feiner humorvoller wie liebevoller
Beobachter alphabetisch geordnet über
Typische deutsche Gewohnheiten wie
Ihre Namen und Wirkungen geschrieben
Dieser reale Multikulturalismus eines
Kaiserlichen Prinzen der intellektuell
Wie feinsinnig auf unser Land schaut
Das auch seines wurde lohnt immer
Heute las ich das Kapitel mit dem so
Passenden Titel Jägermeister was die
Geschichte und Schrecken der Jagd
Wie deren Spuren in unserer Sprache
Feinsinnig beschreibt und darüber als
Kluger Unterhalter plaudert was der
Autor Wossen Asserate wie kaum einer
Sonst auf hohem Niveau so gut kann
Was der Dichter aus Erfahrung nun
Bestätigen kann insofern er sich an
Seine Begegnung mit Wossen Asserate
Auf der Leipziger Buchmesse erinnert
Beim Rauchen trafen wir uns zwischen
Den Hallen dort und es wurde ein so
Munteres wie heiteres Plaudern auch
Über gemeinsame Bekannte noch
Die Lektüre von Wossen Asserate nach
Prousts ein wenig französisch mokanter
Ironie über den Adel lässt milde lächeln
Dieses Buch sollten viele Deutsche lesen
Sie liefen Gefahr noch etwas über sich
Dabei zu lernen vor allem auch dabei
Über ihre Gewohnheiten lachen zu lernen
Weil der Prinz immer freundlich bleibt
jens tuengerthal 15.7.24
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