Lektürentagebuch 10/7/24
An seinem 153. Geburtstag war
Marcel Proust Kern meiner Lektüre
Mehr als sonst las ich in la recherche
Wie der Korrekturausgabe von Combray
Dort in den Träumen junger Mädchenblüte
Versunken im Strandbad in der Normandie
Wo er Cabourg Balbec nannte während die
Korrekturen sein Denken auch zeigen
Seit vielen Jahren lese ich schon die
Suche nach der verlorenen Zeit in
Stets nur homöopathischen Dosen um
Nicht völlig in ihrem Sog zu versinken
Proust geht mir teilweise so nah dass ich
Wochen oder monatelang keine Seite las
Dann wieder genieße ich ihn lächelnd doch
Stets als feine süße Delikatesse bisher
Valentin Louis Eugène Marcel Proust
Wurde am 10. Juli 1877 in Paris geboren
Als Sohn eines Arztes wie einer jüdischen
Mutter aus wohlhabendem Bankiershaus
Nie musste sich Marcel um seinen Unterhalt
Sorgen Geld war genug immer da wie er die
Erlebnisse des Ich-Erzählers in la recherche
In der gehobenen Bourgeoisie selbst lebte
Es erzählt einer aus den gehobenen dem
Adel nahen Kreisen reicher Bürger aus der
Tiefe seines Erlebens von dem manches
Wie Madeleines im Lindenblütentee längst
Sprichwortartig wurde und wuchs auf in
Einem feinen bürgerlichen Haus nahe dem
Bois de Boulogne in dem viel später mein
Großvater morgens vorm Dienst ausritt
Der an Asthma erkrankte Proust lebte
Vielfach zurückgezogen und erlebte die
Welt in Gedanken die er mit so großer
Schönheit wie Können beschreibt
Ein tiefer sehr genauer immer wieder
Auch ironischer Blick der eine immer
Etwas schwüle Erotik zaubern kann
Wirkt beteiligter als Thomas Mann
Dessen ironische Distanz die den
Hanseatischen Humor stets zeigt
Etwas kühl norddeutsch bleibt lebt
Proust voller Gefühl dagegen aus
Anders als Mann lebte Proust auch
Seine Homosexualität schon ganz
Jung in verehrungsvollen Briefen aus
Wie später auch seine Leidenschaft
Als Ich-Erzähler immer beteiligt taucht
Der Leser tief in emotionale Welten die
Mit Zweifeln auch an der eigenen Rolle
In den besseren Kreisen noch kämpft
Vater und Bruder gerühmte Ärzte die
Dafür verehrt wurde er der Künstler
Führte ein Leben für sich in seinen mit
Kork gedämpften Wohnungen in Paris
Kannte die homosexuellen Bordelle gut
Wie auch die Liebe zu den Frauen mit
All ihren immer wieder Verzweiflungen
Wie die kindlichen Sorgen und Zweifel
Keiner beschrieb den inneren Konflikt
Zwischen erwarteter und gefühlter Rolle
So feinfühlig aufmerksam wie Proust es
In la recherche immer wieder feinsinnig tat
Vielleicht war es diese deutliche Spannung
Zwischen Gefühl und Erwartung die ihn
Dazugehören lassen wollen wie zugleich
Auf Distanz immer wieder auch hielt
Nun bin ich schon älter als Proust wurde
Dessen 102. Todestag sich am 18.11.
Nähert und kann ihn lächelnd heute lesen
Er verunsichert mich nicht mehr völlig
Genieße seine feinsinnige Ironie wie den
Genauen Blick auf die Zustände mit dem
Er seine Sicht auf die Dinge beschreibt
Doch irgendwie kommt er mir sehr nah
Will Proust nicht erledigen sondern werde
Weiter wie seit bald 30 Jahren nun meine
Schöne Suhrkamp Ausgabe der recherche
Lesen und als Delikatesse genießen
Zuviel Proust wird mir schnell zu viel
Weniger scheint mir ihm angemessen
Nicht an der Süße zu ersticken wie den
Großen Verzweiflungen zu folgen
Er kam aus einer anderen Welt die mir
In vielem seltsam fremd ist und doch
Zugleich geradezu unheimlich nah geht
Mit seinem Blick für Befindlichkeiten
Proust lesen lohnt immer wieder doch
Wie die feine französische Küche ist er
In kleinen Portionen bekömmlicher als
Mann oder Musil die ich verschlang
jens tuengerthal 10.7.24
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