Montag, 2. September 2024

Lektürentagebuch 01/09/24

Lektürentagebuch 01/09/24

Mit Bobkowski und dem Papageienbuch
In den September gestartet was zum hier
Verlängerten Sommer so gut passt der
Zugleich Aufbruch in den Herbst ist

Nun können wir bei über 30 Grad die
Schmelzenden Nikoläuse wie sonst
Spekulatius wieder mit uns nehmen
Weil die Zeiten ganz sicher wechseln

Auch unvorstellbares wird mit dem
Glauben an Kontinuität wahr um so
Im Lauf der Zeiten wieder zu stehen
Denke es und an Verwandlungen

Wie der Papagei der Prinzessin von
Der Verwandlung des Verehrers die
Geschichte erzählte der dem Mann
Der Schönsten völlig danach glich

Wie er diesen im eigenen Haus vom
Wächter aussperren ließ um sich 
Darin mit den beiden Damen voller
Lust an der Liebe endlich zu erfreuen

Wie dann der verzweifelte Gatte
Zum König lief und ihn um Hilfe
Der Ungerechtigkeit wegen bat
Doch auch der König konnte nicht

Sagen welcher von beiden der
Richtige war so gut war der einst
Betrüger von seiner Fee verzaubert
Die in Indien eine gute Göttin war

Um zu erfahren welcher der echte
Gatte und reiche Kaufmann war
Wer alle betrogen hatte ersann
Der König eine feine List

Ließ die beiden Ehefrauen ganz
Alleine zu sich kommen um sie
Einzeln zu fragen was ihr Mann
Ihnen zur Hochzeit schenkte

Dies fragte er danach auch die
Beiden identisch aussehenden
Männer und wusste sofort wer
Der beiden der echte war

Die rein äußere Verwandlung
Der Wesen und Erinnerung fehlt
Genügt nicht zur Täuschung weil
Der Kern des Menschen innen liegt

Wunderbar diese sinnlich weisen
Indischen Papageiengeschichten
Die auch wo sie märchenhaft sind
Noch pragmatisch spitzbübisch bleiben

Immer geht es dabei um die Lust
Wie das Vergnügen an ihr welches
Zu erreichen alles versucht wird 
Auch Zauberei geboten sein kann

Wie Andrzej Bobkowski mit ganz viel
Feingefühl die Leser an seinem Aufbruch
In Hinter dem Wendekreis teilnehmen
Lässt ist wirklich große Literatur

Noch dazu eine in der sich Literatur
Wie Kulturgeschichte mit den eigenen
Erinnerungen kreuzt und verbindet um
Ein neues Bild der Zeit zu malen

Das Einpacken von Büchern in Kisten
Jenes Verstauen der Bibliothek was
Für den Autor das einzig wichtige ist
Bei diesem Umzug klingt erstmal öde

Doch schafft Bobkowski es uns Leser
An Überseekisten und Koffern wie den
In ihnen verstauten Bänden innig so
Teilhaben zu lassen es ist eine Freude

Die Beziehung zum Autor lebt auf wie
Erinnerungen an die Lektüre welche
Werke lebendig für uns noch hält
Auch von lange verstorbenen Dichtern

Alle begeisterten Leser verstehen die
Bedeutung der Bibliothek wie ihrer
Verstauung als Wesenskern zu gut
Sie ist was uns wirklich ausmacht

Wie er die Bände dabei wieder und
Wieder in die Hände nimmt und auch
Aufschlägt um zu erinnern wie im
Bekannten neues zu entdecken

Das andächtige Innehalten bei dem
Mit Blick auf die Bücher noch sein
Frankreich in Erinnerung kommt
Auftaucht in Geistesblitzen als Bilder

Sehr feinfühlig beschreibt Bobkowski
Diesen Abschied der auch wieder ein
Aufbruch zum neuen Ziel ist ohne zu
Wissen dass es sein letztes wird

Die Wehmut für den Moment wie die
Hoffnung auf den Aufbruch endlich
Nach Jahren im geliebten Asyl noch
Eine Heimat jenseits des Wendekreises

In Südamerika zu finden statt in Europa
Was lange schon das Ziel war ist doch
Auch ein Abschied vom Kontinent wie
Seiner Kultur die ihn bisher prägte

Während sich Bobkowski von seinem
Gastland Frankreich langsam leider
Verabschiedet variiert Proust noch die
Peinlichkeit in Balbec um ganz neue

Varianten der doppelten Lügen mit
Denen Bloch sich vielfältig blamierte
Es aber wie alles zu erklären wusste
Was es noch peinlicher für ihn macht

Diese feinen Beobachtungen der tiefen
Abgründe die sich im sozialen Kontakt
Zeigen offenbaren ein gute Gespür für
Den grausamen bürgerlichen Mord

Es ist nur unwichtiges Gerede von
Bloch über den Protagonisten wie
Seinen Freund den Herzog was
Als bewusst gestellt verdreht wird

Unklar ob die Bedeutungslosigkeit
Der Aussagen größer ist als alle
Versuche der Rechtfertigung doch
Ergeht sich Proust daran seitenweise

Hohe Kunst bleibt es diese kleinen
Nichtigkeiten lesbar zu halten wie
Leser durch anderes zu fesseln das
Den betäubenden Tratsch aufhebt

Die Ironie darin noch erkennen
Einfach trotzdem weiterzulesen
Weil Proust es wert ist sind nicht
Die fernliegendsten Gedanken

Werden ich je erfahren welche
Bedeutung dieser Klatsch hat
Oder verfliegt er wie so viele
Haarfeine Details im Nichts

Wer Proust liest und aushält
Sich diese Fragen nie stellte
Scheint die emotionale Tiefe
Nicht weiter zu erkennen

Nach dem warum fragen nur die
Narren und Laien im proustschen
Kosmos verlorener Zeiten der sich
Mit Lichtgeschwindigkeit wandelt

Es ist und damit wird es das was
Dem Werk den Namen gab also
Die ewig verlorene Zeit auf der
Suche nach sich dazwischen

jens tuengerthal 2.9.24

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