Donnerstag, 5. Oktober 2017

Selbstbestimmer

Was ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker uns wert?

Die Katalanen wollen selbst bestimmen, ob sie zu Spanien gehören oder nicht. In einem Europa, das durch den Euro die Nation in ihrer ursprünglichen Konstruktion überwand, wirkt die nationale Zersplitterung wie ein Treppenwitz der Geschichte, den uns die Jugoslawen bei ihrer stattlichen Auflösung am Ende des vergangenen Jahrtausends noch einmal kriegerisch erzählten.

Wir kennen die Folgen, wissen um die Fehler und sollten darum vorausschauend und angemessen im Blick auf eine nachhaltige Lösung reagieren, die für ganz Europa taugt, die Separatisten in die Schranken weist und zugleich die Bürger durch Förderung besser integriert.

Was denken sich wohl die jubelnden oder die zornigen Massen, die diese Freiheit fordern?

Glauben sie Europa, dass mit der Kommission gerade die Frage um Hilfe ablehnte, sondern den Spaniern aufgab, ihre internen Probleme intern zu regeln, nähme diese neue Nation bereitwillig auf?

Sicher nicht und vor allem nicht gegen die Stimme Spaniens.

Was wäre also dieser unabhängige Inselstaat mitten in der EU?

Einer, der wieder Zollgrenzen zur EU errichten müsste und ähnliche überwunden geglaubte Inszenierungen - von der nationalen Währung ohne Sicherheiten bis zur irgendwann Armee, um den Größenwahn ihrer Führer im nationalen Alleingang zu sichern.

Es klingt nett, wenn jedes Volk per Volksentscheid über seine staatliche Zugehörigkeit selbst entscheiden könnte. Fraglich nur wessen Rechte dabei Vorrang haben sollen, was das Volk eines Staates ist und wer also zur Abstimmung darüber berechtigt ist..

Hat eine kleine Gruppe von Separatisten das Recht über die eigene Abspaltung zu entscheiden oder müsste eine solche Scheidung, wenn überhaupt, nicht vom ganzen Staatsvolk, dem ja auch damit ein Teil seines Gebiets und seiner Souveränität genommen würde, entschieden werden?

Dieser ganze katalanische Hokuspokus ist ein albern übersteigertes Kinderspiel von Profilneurotikern mit Identitätsproblemen, ähnlich ernst zu nehmen wie das fränkische Streben nach Unabhängigkeit von Bayern oder die Schildbürgerstreiche der Reichsbürger.

Wie die Reichsbürger meinen diese national betörten, eine Gruppe, die zufällig in einem Gebiet lebt, könne über dessen Unabhängigkeit per Volksabstimmung entscheiden, als sei je ein Staat darauf gegründet worden und als müsste nicht jede Zukunft miteinander ausgehandelt werden.

Hätten nicht, wenn, alle Bewohner des Landes das Recht über solch eine Frage abzustimmen und nicht nur eine Gruppe von Radikalen?

Selbst wenn ich den Katalanen zugestehe, dass sie ein eigenes Volk sind und eine eigene Sprache sprechen, sich in dieser Minderheit von der spanischen Mehrheit unterdrückt fühlt, wüsste ich nicht, warum eine Minderheit, der Mehrheit diktieren dürfte, wie ihr Staat funktioniert und wem sie zugehören.

Wenn die Reichsbürger unter sich eine Volksabstimmung veranstalteten, in der es um die Auflösung der bestehenden Bundesrepublik und ihrer Länder ginge und an dieser nur die betroffenen Reichsbürger teilnähmen, weil sie im übrigen ohnehin verboten worden wäre, würde keiner auf die Idee kommen, eine auch neunundneunzig prozentige Zustimmung bände die Bundesregierung oder einen Bürger.

Dies Beispiel zeigt die Abusrdität der verbotenen katalanischen Abstimmung und die Hysterie dieser Unabhängigkeitsbewegung. Das genügte eigentlich schon, diesen ganzen Unsinn als einen Schildbürgerstreich von katalanischen Reichsbürgern abzulehnen, doch ist es noch absurder, weil die EU ja gerade den Nationalstaat überwand, den diese Nationalisten auf terroristische Weise wieder etablieren wollen.

Die Nation besteht vor allem aus der Hoheit in Geldfragen. Mit dem Euro hat die EU die klassische Nation überwunden. Nach den Erfahrungen zweier Weltkriege, war es höchste Zeit diesem Wahngebilde des 19. Jahrhunderts Schranken zu setzen, es in eine höhere Ordnung einzufügen, die eine gemeinsame gerechte Ordnung verwaltet.

Wenn ich nach Europa will, steht dies in eklatantem Gegensatz zum nationalen Autonomiestreben, Wer das sucht, hat in der EU nichts verloren, weil er ihre Grundprinzipien nicht verstanden hat.

Wie kann noch dazu einer erwarten, dass ihn eine Gemeinschaft aufnimmt, deren Mitglieder er schädigte, da er einem Land raubte und den Staat damit quasi eigenmächtig enteignete?

Wer will eine Gruppe von Querulanten, die sich nicht an die geltenden Regeln und Gesetze halten in eine Gemeinschaft aufnehmen, die auf gemeinschaftlicher Einigung aufbaut?

Wann kommt endlich jemand, dies den Katalanen klar und deutlich zu sagen?

Was sie fordern, hat keine Rechtsgrundlage, ist sogar illegal, verletzt europäische Rechte und beraubt eines der Mitglieder, verstößt im Kern gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, weil es meint aus einem Teil für das Ganze eine Entscheidung treffen zu dürfen.

Es geht nicht um nationales Selbstbestimmungsrecht einer nationalen Minderheit, sondern um den Versuch einer Minderheit der Mehrheit ihre Meinung zu diktieren. Die einzig taugliche Abstimmung über das Bestehen eines Staates und seiner Grenzen, wenn ich eine solche überhaupt  zulassen will, muss alle Bürger beteiligen und nicht nur eine aufrührerische Minderheit, die sich zu separieren versucht gegen den Willen der großen Mehrheit des Staatsvolkes.

Es gibt in Deutschland eine kleine Gruppe Reichsbürger und ängstlich, rassistisch gestimmter Pegiden. Würden diese eine Volksabstimmung über den Austritt aus der EU und die Schließung der Grenzen wie die Einführung der Todesstrafe durchführen, die zuvor von der Bundesregierung für illegal erklärt worden wäre, was nicht mal nötig wäre, damit die Polizei effektiv gegen sie vorgehen könnte, hätte dies natürlich keinerlei rechtliche Wirkung. So wenig wie das katalanische Unabhängigkeitsreferendum gerade. Im Gegenteil ein solcher Bruch nationalen Rechts, könnte sogar als Hochverrat bestraft werden, insofern Menschen dabei tätig wurden, die es darauf absahen, das Land und seine demokratische Rechtsordnung zu beseitigen.

Die Frage, die sich für die Zukunft stellt, ist, wie gehen wir mit solchen Separatisten um, die den Staat negieren und seine Autorität im demokratischen Europa infrage stellen?

Eigentlich sind dies Terroristen und es müsste gegen sie mit der gleichen Härte vorgegangen werden wie einst gegen ETA, IRA oder PKK. Doch ist dies sinnvoll?

Wer gegen den nationalen Wahn mit Gewalt vorgeht, schafft Helden, Hass und stärkt diejenigen, die der Gemeinschaft schaden. Es fragt sich also welche Reaktion auf solche separatistische Bestrebungen angemessen wäre.

Einzig angemessen wäre, sie zu ignorieren und wo sie terroristisch werden mit polizeilichen Mitteln Grenzen aufzeigen, die Täter hart bestrafen und den Rest so gut wie möglich, wieder zu integrieren.

Über den Bestand einer Nation als solche kann nur diese selbst entscheiden, wo sich eine Gruppe mit Gewalt - auch die Durchführung einer illegalen Volksabstimmung, ist Gewalt - gegen das Interesse der Mehrheit richtet, müssen dieser staatlich Grenzen aufgezeigt werden, wenn wir am Konstrukt des Staates in alter Form als dem Träger der Gewalthoheit festhalten wollen.

Warum der Staat die Hoheit über den Einsatz von Gewalt haben soll, wer sie sonst haben könnte und was passierte, wenn wir dem Staat nicht mehr erlauben seine Interessen durchzusetzen, kann diskutiert werden. Es gab und gibt immer wieder Staaten, die gegen die Menschenrechte verstoßen, die Demokratie mit Füßen treten, Widerstand erzwingen. Hier ist Widerstand geboten.

Im vorliegenden Fall jedoch geht es um einen Rechtsstaat in der EU, dessen Rechtsstaatlichkeit nicht infrage steht. Widerstand gegen einen solchen ist erst mal illegal und erfordert also die Solidarität aller Partner der Gemeinschaft.

Das Bestreben der Katalanen kann zu keinem erfolgreichen Ziel in der EU führen und darf dies nicht, wenn wir die Gemeinschaft nicht auflösen wollen. Das Urteil über den noch amtierenden Separatisten wäre damit klar. Er hat seine Pflichten verletzt, sich vermutlich des Hochverrats strafbar gemacht und muss seines Amtes enthoben werden, für dies Handeln mit den Mitteln des Rechtsstaates bestraft werden.

Einer Lösung bringt dies weder die Region, noch den spanischen Staat oder gar Europa näher. Das rechtlich gebotene Durchgreifen hätte längst erfolgen müssen, indem der amtierende regionale Verwalter hätte verhaftet werden müssen, bevor es zu dieser illegalen Abstimmung kam. Nun fühlt sich ein zu großer Teil der Bevölkerung dort als Opfer des Zentralstaates und durch alles staatlich gebotene Handeln persönlich angegriffen und verletzt.

Sie wurden illegal nach ihrer Meinung in einer verbotenen Abstimmung gefragt und haben ihre Meinung klar geäußert. Damit wären sie eigentlich Mittäter des Hochverrats und entsprechend zu bestrafen.

Die rechtlich klar gebotene Durchsetzung des Rechtsstaates verstärkte das Problem aber noch weiter und ließe eine friedliche Lösung in weite Ferne rücken. Zugeständnisse an die Separatisten andererseits, legalisierten ihr Verhalten im Nachhinein und schadeten damit langfristig ganz Europa, stärkte solche Bewegungen überall.

Hier könnte abgewogen werden, ob die von einer Befriedung durch Zugeständnisse ausgehende Gefahr größer ist, als der Gewinn an Frieden dort. Dabei  muss das Schicksal einzelner Teilnehmer gegen den Bestand der Nation als solcher abgewogen werden und der Frieden gegen den drohenden Bürgerkrieg.

Darum wäre eine Unterscheidung zwischen den Tätern und Anstiftern der Bewegung und den nur Mitläufern vielleicht hilfreich. Der amtierende Leiter der Regionalverwaltung muss konsequent abgesetzt und verhaftet werden, um ihn dann dem geltenden spanischen Recht gemäß zu bestrafen. Da hat sich Europa nicht einzumischen und muss dessen Bitte um Mediation ignorieren. Mit Straftätern wird im Rechtsstaat nicht verhandelt, ihnen wird der Prozess gemacht.

Ob die spanische Regierung dafür langfristig die Autonomie der Region aufheben muss, um sie von Madrid aus zur Strafe zentral zu verwalten, wie nun bereits gedroht wird, scheint dagegen fraglich, auch wenn es das rechtlich gebotene Handeln wäre.

Der Rechtsstaat findet seine Grenzen, wenn ihn eine Mehrheit ablehnt und zum Widerstand gegen ihn bereit ist. Hier könnte die EU ein unterstützendes Regionen Projekt aufsetzen, dass die regionalen Besonderheiten stärkt und fördert, eine Loslösung von der EU und Spanien unattraktiver für die Bürger scheinen lässt.

Dieses Zuckerbrot und Peitsche Prinzip ist nicht konsequent und kann die schädliche Folge haben, dass sich andere Regionen in ihrem Streben nach Unabhängigkeit bestätigt sehen, um zumindest mit Gewalt diese Vorteile zu ergattern. Damit würde die Maßnahme der Befriedung langsfristig neue Konflikte schüren.

Würde ein solches Projekt jedoch etwa von Merkel und Macron europaweit aufgelegt und hier sinnvoll und nachhaltig investiert, könnte ein solches Konjunkturprogramm für die Regionen ganz Europa in seiner Vielfalt stärken. Spanien müsste niemand bevorteilen, würde die Täter seinen Gesetzen gemäß bestrafen und sich dafür einen langfristigeren Frieden einhandeln.

Mehr ist momentan wohl nicht zu erreichen. Versuchen wir am besten, diese kleine Lösung vorsichtig zu erreichen, statt eine dauerhafte Problemzone im Norden Spaniens zu etablieren. Alle politisch verantwortlichen dieser illegalen Abstimmung bestrafen und des Amtes entheben, dafür den Bürgern, die ein Bedürfnis nach mehr regionaler Selbständigkeit haben, das Zuckerbrot der Förderung reichen, das langfristig und nachhaltig bindet, in vielen Regionen Europas für Wachstum sorgen kann und sinnvoller investiertes Geld wäre.

jens tuengerthal 4.10.2017

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Kauflust


Zusammen für die Lust
Einkaufen vermehrt sie
Schon ohne mehr als das
Weil Gedanken eindringen

Sich lange nicht sehen können
Ist tragisch für Lust und Liebe
Wie sollen wir für beide sorgen
In der Ferne dann fragte sich

Manchmal kann auch ein Ersatz
Liebevoll geschenkt besser sein
Als sonst nur einsame Hände auch
Wenn nichts ganz ersetzen soll

So habe ich ihr den E-James nun
Geschenkt wider die Einsamkeit
Wie lustvoll war schon der erste
Probelauf sogleich für beide

Es macht an die Lust denken
Füreinander doppelte Freude
Geschenkt dem anderen wie
Aufgeheizt dann genossen

jens tuengerthal 4.10.2017

Strumpflust

Strümpfe sind doppelt lustvoll
Sie bedecken und lassen offen
Geben ganz angezogen Zugriff
Schaffen Sommerlust im Herbst

Als ich eben mit der Liebsten noch
Die Rolltreppe im Einkaufszentrum
Hinab und hinauf fuhr griff ich zu
Landete feuchtfröhlich inmitten

Keiner konnte irgendwas sehen
Mantel und Rock verdeckten gut
Nur ihre Augen spiegelten die Lust
Als meine Finger in sie drangen

Sich unter vielen lustvoll berühren
Steigert die ohnehin immer noch
Auch wenn sie mich lachend wohl
Abzuwehren versuchte genoss sie

Kaum unten oder oben angelangt
Zog ich die Hände zurück bot ihr
Den Arm zum einhängen um ganz
Unauffällig hinaus zu flanieren

Wie heiß sie war ahnte ich schon
Doch zeigte sie es mir erst allein
Fast schwanden mir dabei Sinne
Wie sie mich in sich nun aufnahm

jens tuengerthal 4.10.2017

Interregnum

Was passiert in der Zeit dazwischen?

Gerade wurde der Physik Nobelpreis für den Nachweis von Gravitationswellen vergeben, mit denen Spuren des Urknalls oder der natürlich logisch existenten Energie davor nachgewiesen werden können, weil von nichts, nichts kommt. Sie gehen auf Einstein zurück, der sie als mit Lichtgeschwindigkeit sich bewegende Spuren aller Materie im Raum vermutete.

Es geht dabei auch um Raumzeit. Die Zeit krümmt den Raum heißt, der Raum verändert sich mit der Zeit, ist uns verständlich und kennen wir, mit der Zeit verändern sich die Dinge eben. Wo der Raum die Zeit krümmt, kann dies je nach Geschwindigkeit aber seltsame Folgen haben. Wir altern bei einem bestimmten Tempo weniger schnell auf atomarer Ebene, was in Zerfallsprozessen nachweisbar ist.

Nehmen wir noch den Welle-Teilchen-Dualismus auf subatomarer Ebene hinzu, wird die Frage, was bin ich eigentlich, nie wirklich zu beantworten sein, außer mit einem entschiedenen, es kommt drauf an. Die für viele Menschen dank gezüchteter Illusionen vermeintlich so wichtige Sinnfrage, wäre für eine unklare Existenz noch weniger zu beantworten und stürzte viele so vermutlich in eine existenzielle Krise, wenn sie sich der Tragweite für unsere einzig reale Existenz bewusst wären. Es ist unklar, was wir wann sind. Auf die Frage nach dem Warum gibt es keine Antwort und braucht es keine.

Wir sind, mehr wissen wir nicht. Dies können wir so sehr wie möglich genießen, mehr ist nicht. Was wir wann sind, ist so ungewiss wie aller Sinn in einem einfach natürlichem Universum. Was ist, ist, mehr wird es nicht. Dies können wir genießen oder nicht und zwischen Geburt und Tod sind wir. Eigentlich zwischen Zeugung und Tod doch um die darauf folgende komplexe ethische Diskussion möchte ich mich an dieser Stelle einfach mal  drücken, weil es ja um etwas ganz anderes geht.

Das Interregnum ist die Zeit zwischen zwei Regierungen. Es gibt historisch berühmte, wie das nach dem Tod des letzten großen Staufers Friedrichs II., der das Staunen der Welt noch genannt wurde,und der Kaiserkrönung Rudolfs von Habsburg, der eine lange Dynastie des Hauses Habsburg begründete, die bis zum Untergang des Reiches 1806 nur noch selten unterbrochen wurde oder jene im römischen Reich gegen Ende.

Gerade erleben wir mal wieder eine solche Zeit, weil die alte Bundesregierung nur noch ihr Amt verwaltet, bis die neue vom Bundestag gewählt wurde. Merkel wird vorher und nachher Kanzlerin sein, wenn nicht etwas völlig unerwartetes geschieht. Bis dahin führen Parteien Gespräche darüber, wer welche Macht bekommt. Dies ist der normale Ablauf nach einer Wahl, diesmal noch ein wenig gestört weil eine Partei ganz schnell die Zusammenarbeit verweigerte und alle sich einig waren mit einer anderen nie zusammenarbeiten zu wollen. Ob die Parier-Partei Partner sein will oder genau das nie, weil ihre Aufgabe nur im gut bezahlten Mäkeln besteht und die andere sich verweigernde Partei die Demokratie genausowenig verstand, wird nicht diskutiert, wie alle Gespräche bisher nicht weiter ernst zu nehmen sind, da es noch die Zeit des Interregnums vor der Landtagswahl in Niedersachsen ist.

Nach Stimmen und Vertrauensverlust des regierenden Ministerpräsidenten hatte dessen Koalition die bloß einstimmige Mehrheit im Landtag verloren und musste sich also der Vertrauensfrage und infolge Neuwahlen stellen. Effektiv und sinnvoll wäre gewesen, diese mit der Bundestagswahl zusammenzulegen. Tatsächlich wurde die Niedersachsen-Wahl um drei Wochen verschoben, weil sich der Amtierende dann bessere Chancen versprach, auch wenn dies über den Willen des Verfassungsgerichts gut getarnt wurde.

Bis diese Wahl vorbei ist, geht der Wahlkampf in Niedersachsen weiter wie zuvor und können in Berlin keine vernünftigen Verhandlungen geführt werden, damit sich keiner vorab etwas vergibt. Eine Zeitverschwendung von 3 Wochen, in denen logisch nichts geschieht als Schattengefechte, kein Parteivoritzender zurücktritt, keiner schmerzhafte Entscheidungen einer Koalition verkündet, um bloß das eigene Klientel nicht zu verprellen.

Zustandegekommen durch den fliegenden Wechsel einer Grünen, die von ihrer Partei und deren linken Flügel persönlich frustriert, zur CDU ging und damit die Mehrheitsverhältnisse entscheidend verschob, zeigt sich plötzlich zu stark die Macht des Bürgers und die Freiheit des Mandats. Stärker als erwünscht, weil es den geordneten Ablauf stört

Es gibt Gründe dafür, die Wahl in Niedersachsen von der Bundestagswahl zu trennen, damit die Wähler bewusst entscheiden, die Dinge nicht vermengt werden und anderes mehr. Rechtlich halten diese Gründe mit Sicherheit einer Überprüfung stand, auch wenn sie faktisch nur der politischen Taktik eines bis dahin unterlegenen Ministerpräsidenten dienen, der sich nach den Wahlen noch einen Aufschwung erhoffte, weil er mit Recht glaubte, tiefer als mit Schulz könne die SPD nicht fallen, es kann also nur noch aufwärts gehen.

Umgekehrt profitiert Merkel noch nicht von der letzten Wahl, weil sie sich aufgrund der anstehenden Wahl noch sehr bedeckt halten muss, während ein mehr als angeschlagener SPD Vorsitzender noch einmal alles ins letzte Gefecht werfen kann.

Wir sind in einer Zeit, in der politisch nichts entschieden wird, alle mehr oder weniger abwarten, bis es wieder an die pragmatische Arbeit des Regierens geht. Das Leben läuft jeden Tag weiter, auch wenn noch keiner weiß, wie künftig regiert wird. Gesetze treten fristgemäß in Kraft wie das jüngste zur Ehe für Schwule. So läuft das Leben halt weiter, auch wenn noch keiner weiß, wie es wo endet. Die Bundesregierung ist nur der austauschbare Kopf einer riesigen Verwaltung, die ihre Arbeit unabhängig von Wahlen einfach erledigt, wie es Vorschrift ist.

Da wir die Zeit nicht anhalten können, die Beschleunigung auf Lichtgeschwindigkeit oder gar darüber kein Mensch übersteht, läuft die Arbeit in den Ämtern auch weiter, völlig unabhängig davon, wer ihnen eines Tages vielleicht vorstehen will. Ob es darum nahe liegt im effektiv verwalteten Interregnum zu fragen, wozu wir überhaupt noch eine Regierung brauchen, fragt der überzeugte Demokrat lieber nicht - die höheren Beamten raunen es ohnehin immer und so mancher Ministerialrat denkt, ihm sei doch egal, wer unter ihm Minister ist, er hat schließlich seinen Job auf Lebenszeit.

Die Gewaltenteilung hebt sich in der Zeit dazwischen ein wenig auf, weil ja immer alles funktionieren muss. Ob das gut oder schlecht ist, weiß ich nicht zu sagen, will ich zumindest an dieser Stelle nicht bewerten. Wie es einleitend um Gravitationswellen noch ging, die einfach immer da sind, auch wenn wir sie nur unter besonderen Umständen messen oder wahrnehmen können, zeigt sich auch beim Interregnum, dass alles relativ ist. Eine gute und effektive Verwaltung sorgt für einen gesunden Staat. Dieser funktioniert im Rechtsstaat auch mal ohne Regierung oder ist es vielleicht umgekehrt, stören Regierungen nur die Verwaltung bei ihrer Arbeit?

Das Interregnum stellt Fragen, die wir aus Gewohnheit selten stellen. In der Zeit dazwischen geht alles weiter wie immer. Ausgetauscht werden nur irgendwann die Köpfe, was die Verwaltung selten wirklich stört, den gleichmäßigen Ablauf nicht beeinflussen darf. Was bleibt und was wechselt, wer entscheidet am Ende, was wirklich im Land passiert? Wäre ein Interregnum auf Dauer effektiver als viele populistische Debatten?

jens tuengerthal 4.10.2017

Dienstag, 3. Oktober 2017

Resterampe

Sind Frauen in Deutschland nur für die Resterampe?

Erst als Kohl abgewirtschaftet hatte, Schäuble im Spendenstrudel zunächst mit zu ertrinken drohte. Kam die Stunde von Kohls sauberem Mädchen Angela Merkel, die aus der Opposition heraus die CDU wieder an die Macht brachte und nur Stoiber sich noch die Hörner abstoßen ließ, weil sie Zeit hatte, Schröder schon bald die Vertrauensfrage stellte.

Seitdem führt die Kanzlerin das Land und die Partei mit wachsendem Zuspruch und das obwohl von Putin geförderte Propaganda Sender bei für so etwas wohl besonders anfälligen Sachsen und anderen naiven Bürgern reichlich Störfeuer schon länger senden. Die Deutschen schätzen ihre ruhige Hand, ihre Zuverlässigkeit und ihre Bescheidenheit, die gut preußische Art, mit der sie mehr leistet, als in Erscheinung tritt und so wird das Land die ganze Qualität ihrer Arbeit vermutlich erst zu schätzen wissen, wenn sie die Kanzlerin nicht mehr hat.

Im Erfolg hat die Partei Kohls nie den Wechsel zur Führung durch eine Frau geschafft. Es passte nicht zum konservativen Image und der Überzeugung vieler Hinterbänkler sich für gute Frauen stark zu machen.

Aus der Niederlage kam die Wende und unter der später Kanzlerin, mit ihrer Ministerin Ursula von der Leyen, präsentierte die Union noch lange vor der SPD eine taugliche Politik zur Kinderbetreuung und das sogar gegen die lächerlich chauvinistische CSU.

Die Männer waren belastet oder hatten keinen Plan und eine Frau übernahm die Führung. Sie wurde und wird angefeindet aber sie führte das Schiff in Ruhe durch die teils stürmische See. Ohne die Flüchtlingsverschickung durch Erdogan über den Balkan könnte sich Merkel nun wohl in Ruhe auf der absoluten Mehrheit ausruhen. Bescheiden alles richtig gemacht, zu ihrer Verantwortung konsequent gestanden, mehr Mut bewiesen als alle Männer vor ihr, lange schon nobelpreiswürdig.

Eine Frau, die als langweilig galt, Physikerin aber kein Redetalent, Kohls Mädchen aus der DDR, die nur durch seine Gunst Karriere machte, wurde zur einflussreichsten Frau der Welt, führt ihr Land erfolgreicher durch alle Krisen bisher als die bloßen Zahlen der letzten Wahl nahelegen und beweist dabei in jeder Situation eine solch männlich ruhige Hand, dass es an der Zeit scheint, die Geschlechtsattribuierung umzukehren.

Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht zum Opfer von Ehrgeiz und Intrigen wird, wie sie in allen Parteien herrschen. Eine starke Frau an der richtigen Stelle,  die bescheiden gute und zuverlässige Arbeit für ihr Land leistet. Was besseres konnte Deutschland nach der Zeit der testosteronhaltigen Rituale der Männlichkeit unter Kohl und Schröder nicht passieren.

Lange schon schreibt sich die SPD auf ihre Fahnen für Frauen zu sein, den Feminismus zu fördern und haben darum solch wunderbar starre Institutionen wie die Quote geschaffen, um die Basis zu lähmen, die mit nichts anderem als der korrekten Quotierung beschäftigt scheint. Real wurde das nicht.

Es gibt zwar nette Frauen Organisationen in der SPD, wie etwa die ASF, die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, doch zu mehr als zum Eierwärmer stricken für ihre stets männlichen Vorsitzenden und Kandidaten hat es dort noch nie gereicht. Die SPD ist ein typischer Altherrenverein. Einer der älteren Herren war Kanzler, bevor er zum Russen rüber machte, einer ist nun Bundespräsident, nachdem er gegen Merkel schon mit schlechtem Ergebnis scheiteterte. Wenn sie nicht der Russe versorgt, versorgen sie sich selbst.

Nun kam einer aus Europa, sogar mit Bart und wenn ich sehr freundlich bin, sage ich noch der Buchhändler sah wie ein typischer Oberstudienrat aus, doch eigentlich will ich gar nicht so nett sein, zu diesem intriganten Laden, der sich nur die Pöstchen in der obersten Etage hin- und herschiebt, um sich dann vermeintlich demokratisch von der Basis für ihren Posten-Basar bejubeln zu lassen und den größten aller sozialen Versager zum Mr. 100% zu wählen, natürlich quotiert Männlein wie Weiblein.

Nun plötzlich taucht Andrea Nahles aus dem Nichts auf. Der vermutlich klügste Schachzug, den Schulz in seiner bisherigen Karriere überhaupt machte. Kenne und schätze Andrea Nahles persönlich sehr. Sie ist, wenn sie eine Arbeit übernimmt, so zuverlässig wie die Kanzlerin und schafft es sich in ein System einzufügen.  Sie galt immer als extrem links, weil sie von den Jusos kam und dort ihre Karriere als Vorsitzende begann. Diese Zeiten liegen lange hinter ihr. Als Ministerin hat sie mit ihrer guten und zuverlässigen Arbeit sogar CSU Kollegen zum einhelligen Lob gebracht. Sie ist gut und sie macht was. Tat dies relativ uneitel und war sich nicht mal zu doof im Bundestag Pippi Langstrumpf zu singen, als es ihr gerade passte.

Sie wird Schulz beerben, wenn es nicht Manuela Schwesig tut und damit die schöne blonde Ostdeutsche zur Kandidatin gegen Mutti werden sollte. Eine interessante Konstellation. Verschiedene Sozis fahren den Karren immer tiefer in den Dreck und als nichts mehr geht, überlassen sie in der Opposition langsam den Frauen das Ruder, vorgeblich nur erstmal, um sich zu erholen und kooperativ. So wie ich die beiden kenne, wird das nicht vorübergehend sein, sondern der Beginn eines totalen Wandels der Sozialdemokratie, die endlich für das stünde, was viele in ihr vermissen. Eine moderne, frauentaugliche Politik, wie sie ihnen die CDU seit Jahren vorlebt. Nur eben einen Zacken jünger und schärfer dabei.

Weder Andrea Nahles noch Manuela Schwesig wollen als Königsmörderinnen da stehen und den überholten und angeschlagenen Schulz stürzen, nur darum ist er noch im Amt. Sie sollten sich ein Beispiel an Merkel nehmen, der Alte hat ihr zwar bis zum Ende gegrollt, ihrer Übernahme der Macht hat das nicht mehr geschadet, im Gegenteil.

Fraglich nur welche der beiden übernehmen soll und wird. Manuela Schwesig ist als MP in MV erstmal aus dem Geschehen und ab vom Schuss, hat dafür  Regierungs- und Gestaltungsmacht. Andrea Nahles hat mehr politische Erfahrung auch auf der großen Bühne und kennt als ehemalige Generalsekretärin auch die Partei gut genug, sie sofort zu führen, besser als Schulz sogar der einst euphorische Mr. 100%. Sie wird Gegner in der Partei haben, was besser scheint als 100% Zustimmung wie zuletzt.

Als Konkurrenz zu Merkel halte ich sie für die beste Wahl in dieser Zeit. Unklar ist nur, gegen wen sie bei der nächsten Wahl antreten müsste und aus welcher Position heraus. So könnte es sein, dass Manuela Schwesig noch einen Versuch vorher hat, aber wahrscheinlicher ist es anders herum und es ist klar, dass Andrea Nahles, die den Laden lang genug kennt, weiß, es geht nur als Vorsitzende und Kandidatin, wie Merkel es zeigte und wenn Andrea nun noch Manuela den Vortritt lässt, so nur noch, um diese den Stoiber machen zu lassen.

Einzig für Manuelas verstärktes Interesse spricht deren solidarische und lautstarke Verteidigung des noch Vorsitzenden Schulz, die für gewöhnlich in der SPD auf das genaue Gegenteil schließen lässt, was nicht unbedingt für die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie spricht - aber inzwischen liegt dies Kapitel ja weit hinter mir und es geht derzeit fast um Mitleid mit einer untergehenden Spezies,

Aber lassen wir die SPD ihre Damenkämpfe intern und allein durchführen, die werden das schon hinkriegen. Eine der beiden wird als nächstes übernehmen und fraglich ist nur noch, ob sie Schulz brutal absägen und Streit provozieren oder nach der Niederlage in Niedersachsen einfach das Ruder in der Partei gelassen übernehmen, das ihnen die verzweifelte Führung der Versager nach Schröder dann anträgt.

Frauen starten aus der Krise und bauen auf dieser ihre Basis mit Zuverlässigkeit auf. So tat es Merkel und so tut es nun schon Andrea Nahles, nachdem Manuela Schwesig ihr durch das überraschende mecklenburgische Erbe als Konkurrentin entzogen wurde.

Was sagt uns diese Beobachtung für die Zukunft der Politik, wie tief lässt sie in die eigentlich chauvinistischen Kaderstrukturen etwa der SPD blicken, die ihre Quoten nur zur Basisbeschäftigung zelebrieren?

Führung wird künftig weiblich sein aber scheinbar brauchen viele Männer erst die totale Niederlage, um den Weg der Zukunft einzuschlagen. Die nach Kohl zerstörte CDU hat dies unter Merkel fast zwanzig Jahre eher geschafft als die SPD. Die Konservativen waren also progressiver und weitsichtiger, könnte es scheinen, wenn es nicht nur die Folge der völligen Niederlage gewesen wäre, in der belastete Funktionäre nicht mehr zum Zug kamen.

So scheint es einen Prozess der Zerstörung zu brauchen, um die Wiedergeburt des Weiblichen zuzulassen in einer festgefahrenen Welt. Dabei  könnte Schulz einmal eine Weiche in die richtige Richtung gestellt haben, auch wenn ihn der nun nachfolgende Zug überrollen und an den Rand drängen wird.

Voraussetzung für den Erfolg ist nur, dass Andrea nicht nur ihr Lieblingsprojekt von der einheitlichen Linken verfolgt, um nach links zu kuscheln, sondern erkennt, Mehrheiten werden in diesem Land nur in der Mitte gemacht, wo es weniger Show als Ausdauer braucht, um die Macht zu erobern. Welche Frauen nun in der Nachfolge Merkels in der CDU stark werden, ist noch unklar, auch ob sie eine andere neben sich groß werden lässt.

Der Blick auf die Damen wird uns mehr über die Zukunft des Landes verraten als die letzten Grabenkämpfe der Herren. Schauen wir dorthin, wo sich bald etwas bewegt.

jens tuengerthal 3.10.2017

Zweiheitlich

Ist Deutschland ein Land oder wird es noch ewig ein Gebilde aus zwei Teilen bleiben?

Wir feiern nun das 27. mal den Tag der Deutschen Einheit, drei mal drei mal drei oder drei hoch drei - klingt alles sehr magisch, nützt aber real auch nicht mehr als jede Magie, die immer bloß Hokuspokus bleibt, außer vielleicht in der Liebe, wo das magische Element die Bedingung des Ungreifbaren wurde.

Aber hier geht es ja nicht um so schwierige Dinge wie Liebe, sondern nur um die Vereinigung zweier Staaten, die immer eins waren, bis sie Dummheit und Leichtsinn gepaart mit dem sozialistischen Aberglauben auseinanderrissen.

Nach dem verlorenen 2. Weltkrieg, der die Diktatur des Nationalsozialismus unter Hitler, das bisher wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, beendete, war Deutschland in Besatzungszonen der Alliierten geteilt worden. Die westlichen Mächte waren sich relativ einig, die östliche Diktatur, verlor die Einigkeit im Kampf mit dessen Ende, da ihr Ziel sich mit den freiheitlichen Prinzipien der übrigen nicht vereinigen ließ.

So gab es die SBZ, was für Sowjetisch Besetzte Zone stand und die drei West-Zonen. Das gleiche spiegelte sich in Berlin noch einmal in einer Stadt. Bis auf die Phase von 1918 bis 1933 hat dieser Teil Deutschlands nie eine Demokratie erlebt. Wer 33 geboren wurde ist heute 84 Jahre alt, die von 1918 werden nächstes Jahr 100 und von denen gibt es bekanntlich nur noch sehr wenige.

Aus dem Osten flohen viele, aus Angst vor den bösen Russen, wie weit diese auf Märchen der vorher Diktatoren nun beruhte oder nicht einmal dahingestellt, auch meine Großeltern väterlicherseits flohen aus Güstrow. Die Heimat der Familie lag eigentlich in Thüringen, um Gotha und Jena, wo die Großväter mütterlicher und väterlicherseits studierten. Fahre ich durch Thüringen, schlägt mein Herz höher, besuche ich Weimar, fühlte ich mich nicht nur Goethes wegen Zuhause. Der Thüringerwald, die drei Gleichen, die Wartburg, die Altstadt von Erfurt - wenig löst mehr Heimatgefühl in mir aus, auch wenn ich dort in der östlichen Provinz nie lebte, sie nur auf dem Weg nach Berlin durchquerte, für kurze Zwischenstopps dort anhielt.

Bin in meinem Leben vier Frauen aus Thüringen näher begegnet und weiß heute, schwärmen ließ mich immer ihre Heimat mehr als ihre Natur oder ihr Wesen. Im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass ich keiner näher kam, sie mir alle fremd blieben irgendwie, weil sie anders sozialisiert aus einer anderen Welt zu kommen schienen in ganz vielem.

Seltsamerweise scheint mir im Rückblick sogar meine einmal Liebste aus Wismar, die nahe Rostock geboren wurde, denen aus Thüringen ähnlicher als denen aus Lübeck oder Hamburg. Als hätte die DDR alle Bürger des Landes, ob sie nun von der Küste oder aus den Bergen kamen in einem einheitlichen Geist erzogen, der sich von den Anschauungen im Westen ganz grundsätzlich unterschied.

Auch bei den Berlinerinnen unterschied sich Ost und West im Wesen ganz entscheidend und tut dies bis heute, sogar wenn manche über die nur noch imaginäre Mauer gingen und sich dies- oder jenseits der gefühlten Grenze ansiedelten.

Natürlich kannte ich die Sprüche über die Ossi Frauen, die selbstbewusster und freier wären, lockerer auch beim Sex und entsprechend waren vermutlich die Begegnungen schon vor Erwartungen geprägt, die mal übertroffen und mal widerlegt wurden. Sex haste halt, das ist ganz natürlich und fertig, was der magischen Erotik als Idee gegenübersteht, ließe sich der Unterschied vielleicht kurz zusammenfassen.

Es gibt beim Akt an sich keinen Unterschied, fühlt sich genauso an, egal wo jemand geboren wurde und egal wo sie herkommen haben vermutlich weit über 98% der Frauen ein Problem beim Sex zu kommen dies zumindest zusammen zu kommen, auch wenn ungefähr gleich viele es westlich wie östlich bestreiten und sich und ihren Sexualpartnern ein Leben lang etwas vorgauckeln. Dies mit relativem Erfolg scheint mir, weil immer noch scheinbar 99% der Menschen für Sex hält, wenn sich eine Seite in der anderen befriedigt und dies möglichst schnell erledigt.

Kann nicht sagen, dass die Frauen im Osten entspannter oder besser im Bett wären, als die im Westen, die Erfolgsquote für echten Sex ist so gering wie überall, auch wenn es mir im Osten noch schneller deutlich wurde, weil mit weniger Magie auch weniger gelogen wird.

Doch es geht ja nicht um Sex oder darum, was 99% der Paare das wechselseitige Onanieren für Sex halten lässt, sondern um die Einheit und was sie ausmacht. Zugegeben passt es aber doch irgendwie ganz gut, weil du schließlich nirgendwo die innere Einheit zweier Menschen besser spürst, als wenn sie sich gegenseitig zum Höhepunkt reiten, den sie gemeinsam erleben. Ein keineswegs selbstverständliches Glück, wie ich heute weiß und das ich um so mehr genieße, desto klarer mir diese Gnade als solche wurde.

Deutschland ist weit entfernt davon einen gemeinsamen Höhepunkt zu haben, um beim obigen Beispiel zu bleiben, gelegentlich kommt es zu nettem Vorspiel, was die Beteiligten dann Sex nennen, weil sie es nicht besser kennen aber diese vollkommene und natürliche Harmonie miteinander ist sehr selten noch und so wird es klarer als mit der Analyse von Wählerstimmen.

Der Osten sei braun, männlich und frustriert wird geraunt, weil es die Statistiken und der Blick auf Pegida offenbaren. Dagegen halten ostdeutsche Ministerpräsidenten, dass der größte Teil der AfD Wähler im Westen saß, im ländlichen Bayern, im Ländle und in NRW und verfälschen damit die Statistik zu ihren Gunsten mit bloß realen Zahlen ohne Verhältnismäßigkeit.

Erst war der Osten rot, dann soll er braun sein, jedenfalls gibt es bei einem hohen Anteil der Wählerstimmen ein demokratisches Defizit könnte es dem kritischen Beobachter erscheinen. Oder ist es umgekehrt, glauben die Ossis mit ihrer jungen Demokratie noch stärker an die Macht ihrer Stimme und die Versprechen der Populisten?

Die Linke im Westen gibt sich gern jung und wild, während sie im Osten das Überbleibsel der alten Kaderpartei und also konservativ ist, immer die SED Nachfolgeorganisation bleibt. Was ist sie und gibt es die Linke jenseits des Aberglauben an den Sozialismus überhaupt?

Kenne so verschiedene Ossis, nachdem ich nun im 18. Jahr im wilden Osten der Republik zumindest Berlins wohne, an keinem Ort in meinem Leben länger gelebt habe, dass ich lügen müsste, wollte ich ein einheitliches Urteil abgeben. Es gibt nicht den Ossi, so wenig wie den Wessi.

Die Pfarrerin, die nebenan wohnt, ist anders sozialisiert als die Tochter der Puppenspielerin oder des Seemanns und der Krankenschwester, der Sohn der Autorin und des Filmemachers völlig anders als die parteinahen Arbeiterkinder - gemeinsam haben sie alle, dass sie meist weniger gesellschaftliche Klassen sehen, diese auch ganz bewusst leugnen und sich über sie lustig machen.

Eine Zeit schien mir deutlich, dass die Ossis, die früh in die Kita kamen und es zuhause nicht extra lernten, weniger gut mit Besteck umgehen konnten, wie es Helmut Kohl noch Angela Merkel nachsagte. Konnte ich auch bisher nicht widerlegen, aber es gibt Ausnahmen doch scheint die Haltung gegenüber dem Besteck und bei Tisch heute eines der letzten Klassenmerkmale zu sein, mit denen sich die bürgerliche Herkunft von der aus dem Arbeiter und Bauern Staat sichtbar unterscheidet.

Ob es ein Gewinn ist, sich einer Klasse zugehörig zu fühlen und sich darin und mit ihren Eigenschaften von den anderen zu unterscheiden, bin ich mir nicht ganz sicher. Es ist einerseits ein Stück Heimat und Geborgenheit bestimmte Rituale zu kennen und zu befolgen, die dich als Angehörigen einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht offenbaren. Andererseits schafft es auch Grenzen und erschwert anderen unnötig  und formal den Zugang, schließt eine sich inzüchtig erhaltende Klasse von frischen äußeren Einflüssen ab, schafft ein ungesundes Klassendenken, dass mehr den Unterschied zelebriert als etwas eigenes zu entwickeln. Das ist klar uns scheint mir logisch.

Lese ich dagegen Walter Benjamin in seiner Kindheit in Berlin oder Franz Hessel, fühle ich mich in ganz vielem schnell Zuhause, genauso geht es mir mit den Brüdern Goncourt oder Thomas Mann - das ist Heimat - die  bürgerliche Welt, in der ich groß wurde, mit ihren Statussymbolen der Bildung und des gediegenen Wohlstands - bei Familie Goethe fühle ich mich wohl, ihnen fühle ich mich verwandt, auch noch bei Wilde, während mich Berlin Alexanderplatz lange eher befremdete und der Arbeiter mich nicht weiter interessiert. Die Enzyklopädisten sind meine Vorbilder, während mir der Sozialismus nur als eine neue Variante des Aberglaubens erscheint, eine ganzheitliche Lehre mit Heilsanspruch eben.

Sehe bis heute Privatfernsehen meist als Unterklassen-TV und schaue es nie, hatte noch nie einen eigenen Fernseher, auch wenn die meisten Zuschauer und die Produzenten ohnehin finanziell viel besser dastehen als ich, der nur noch eine Idee des Bürgerlichen verteidigt, ohne es pekuniär umsetzen zu können. Dabei ist doch gerade der Handel und finanzieller Erfolg die Bedingung des bürgerlichen Aufstiegs aus den engen Höhlen der Arbeiter.

Warum nun dieser Ausflug zur Klassengesellschaft und meinem Begriff von Bürgerlichkeit als Ideal der Demokratie?

Weil der ehemalige Arbeiter und Bauern Staat genau diese Klasse hochhielt, sie den anderen diktieren ließ, die Bürger als Feinde unterdrückte,, löst es bei mir einen ungeheuren Widerwillen aus. Damit groß geworden aus bürgerlichen Verhältnissen zu kommen, war ich stolz darauf, dass mein Urgroßvater mütterlicherseits Ostfriesland elektrifizierte, während ich die Gewerkschaften ablehnte, die später sein Unternehmen in Bremen kaputt streikten.

Ob dies tatsächlich an den Gewerkschaften lag oder nicht doch an der Unfähigkeit meines Onkels, der die Firma vom Großvater übernahm, sei einmal dahingestellt, gewisse Erfahrungen sprächen auch für letzteres und eine Erziehung zur Toleranz verböte mir eigentlich solche Vorurteile. Doch ganz tief in mir spüre ich die die angeborene Abneigung gegen alle Gewerkschaften, wie Klassenfeinde, auch wenn ich es als lächelnd nun mit Abstand betrachte.

Eine umgekehrte Ost-West-Erfahrung machte ich bei meinem mehrjährigen Ausflug in die SPD, der meine preußischen wie hanseatischen Großväter und Urgroßväter wohl im Grab rotieren ließ. Dort sammelten sich in den Abteilungen der SPD in Prenzlauerberg, wie die sonst Ortsvereine in Berlin genannt werden, viele der alten Linken aus dem Westen, die nun etwa beim Bundestag arbeitend im schicken und leicht alternativen Osten mit den schönen Altbauten eine neue Heimat suchten. Dagegen wanderten die Gründer der SPD im Osten, die erst ein halbes Jahr SDP hieß und ihre Wurzeln im Pfarrhaus in Schwante hatte, immer weiter gen Norden nach Pankow oder gleich in die Mark.

Vorsitzender der Pankower SPD war, als ich damals eintrat, gerade ein linker Wessi aus ursprünglich Bad Kissingen geworden und die alten Pankower, die mit Prenzlauerberg und Weißensee vom Senat in der Gebietsreform zwangsvereint wurden und nur durch einen Husarenstreich ihren Namen für das ganze Gebiet durchsetzten, fühlten sich an den Rand gedrängt, während wir vom Berg das Gefühl hatten, in die Zone zu kommen, wenn wir in den anderen Teil unseres Stadteils fuhren.

War in dem alten Arbeiterverein, der mir eigentlich so wesensfremd war, nur gelandet, weil mir Wolfgang Thierse sympathisch war, den ich für einen der bärtigen evangelischen Pastoren damals hielt. Dass er real katholisch und aus Schlesien war, erst später zur SPD stieß, erfuhr ich erst als ich schon Mitglied war. Der von den Grünen als politisch korrekter Glaubensgemeinschaft dominierte Berg war zwar früher ein klassisches Arbeiterviertel aber mutig und echt bürgerlich wäre eigentlich gewesen, in die FDP einzutreten, die hier im Promilleanteil vegetierte, doch das lag mir völlig fern damals, als noch Westerwelle dort das Zepter schwang.

So lernte ich viele der Gründer von Schwante kennen, hauptsächlich Pfarrer und Ingenieure - die bürgerliche Klasse der DDR, die zwar im Sozialismus groß wurde, aber eine freie bessere Welt wollte. Die Konservativen und eher bürgerlich denkenden waren in der Pankower SPD in der Minderheit und auf der Flucht an die Ränder -  dort fühlte ich mich wohler als bei den geheimen Plänen der linken Sozen, die von einem Zusammenschluss mit der Linken und der Heimkehr ihres einst angebeteten Gottes Lafontaine insgeheim träumten, den ich nicht ausstehen konnte, warum ich erst Jahre nach dessen Austritt überhaupt für einige Jahre in diese bis heute so wunderbar verlogene SPD eintreten konnte.

Weiß nicht, ob andere Parteien weniger verlogen sind, kenne ja nur die eine von Innen näher und das hat mir für mein Leben gereicht, denke es wohnt dieser Art der kollektiven Meinungsbildung inne und es ist nicht meine Art miteinander umzugehen - diese ewigen Intrigen und Lügen zugunsten der Partei sind mir wesensfremd, auch wenn mich Politik schon immer interessierte, pass ich in keine Partei wirklich und suchte darum auch den Kontakt zu der bürgerlichen Minderheit der vertriebenen Ossis in der eigentlich linken Pankower SPD, die schon früh zu den Speerspitzen eines Bündnisses mit der Linken gehörte, was nun auch die Führung der geschrumpften Bundestagsfraktion meiner zum Glück ehemaligen Partei betreibt.

Bin also ein Wessi und noch dazu zutiefst bürgerlich liberal von der Herkunft und Überzeugung her. Als ein solcher bin ich in nahezu jeder Partei verloren und im Osten ein Fremdkörper auch von der Gesinnung her. Sind meine Betrachtungen zur uneinigen Republik also bloß die einer kleinen Splittergruppe?

Denke ich etwa an meine eine Ex aus Thüringen, die Cluburlaub in der Türkei liebte und nach der Wende in Duisburg studierte, schien sie mir besser integriert und zur Mehrheitsmeinung passender als ich, der so etwas furchtbar findet und dem nichts fremder ist, als sich bespaßen zu lassen oder im Erdoganland Urlaub zu machen, was ihr, die auch in der DDR sehr angepasst lebte, normal erschien. Sie war in nahezu allem ziemlich durchschnittlich und normal und auch wenn meine Tochter über sie sagte, sie sei einfach langweilig gewesen, würde ich nicht so streng urteilen wollen - sie lebte einfach in einer anderen Welt uns unsere Welten waren nicht kompatibel und wurden es auch in keiner Hinsicht und nur die Gewohnheit ließ uns ein halbes Jahr lang von Ehe schwärmen, die nie eine Basis hatte.

Das genaue Gegenteil war die Ex aus Mecklenburg, die Kapitänin und Schauspielerin, die nie im Leben in einen Club Urlaub machen würde, dafür professionell auf den für mich Horrorschiffen der Tourismusindustrie arbeitete und beide blieben mir im Wesen fremd. Konnte mit ihnen nicht streiten und wenn hielten beide mir noch ewig jedes Wort vor, was dabei gefallen war, ohne es im größeren Kontext zu verstehen nach meinem Gefühl.

Beiden blieb ich wesensfremd und so habe ich immer noch das Gefühl, vielfach in einem fremden Land zu leben, ist mir meine nun Frau, die aus Schwaben kommt und kroatische Wurzeln hat viel vertrauter als alle vor ihr und das auch wenn sie 25 Jahre jünger ist als ich, während meine Damen aus dem Osten alle eher mein Alter waren. Ob das an einer geistigen Rückentwicklung bei mir liegt, ich wieder jünger werde, oder daraus sich eine gewisse Inkompatibilität von Ost und West ableiten lässt bis heute, weiß ich nicht zu sagen.

Die eine hasste den Osten, sprach voller Verachtung über die kleingeistige Diktatur der Spießer in der DDR, die sie nur auf Hiddensee erträglich fand, während die andere still erlitt, was ihr alles verboten wurde aber auch nicht alles schlecht fand, irgendwie angepasst lebte, sich immer noch über ihren unmöglichen Bruder aufregte, der gegen die DDR Regierung 1989 demonstrierte beim Massaker von Tiananmen in Peking und damit die ganze Familie in ein schlechtes Licht stellte und unnötig gefährdete, wie sie bis heute meinte.

Könnte noch viele verschiedene Geschichten erzählen dazu, so unterschiedlich wie die Menschen, die sie erlebten - diese eint, dass sie sie in der DDR groß wurden, die Erfahrung der Diktatur kannten, wie immer sie diese empfanden, jene dass ihnen diese Erfahrung fehlt, sie aber im Selbstverständnis der Freiheit und der Schuld am Krieg groß wurden.

Meine Liebste ist fünf Jahre nach der Vereinigung geboren - sie kennt nur ein Deutschland in ihrem Leben, wie meine Tochter für die es nur musealen Charakter hat über die Grenze zu fahren. Dachte immer, wenn Mann und Frau sich in der Liebe finden und über die alte Grenze vereinen, höbe es diese auf und sage heute, welch Überschätzung der Liebe, zu denken, sie könne unser Wesen ändern und welch Unterschätzung der Natur.

Die Gegensätze werden in der Liebe noch spürbarer, wir können sie nur ignorieren, weil wir uns vom Trieb der Natur ablenken lassen oder die Vernunft uns hilft, ignorant zu sein, gegen alles Gefühl.

Solange Menschen leben, die in zwei Welten groß wurden, wird es diese zwei Welten geben -  darüber hinaus, wirken die traditionellen Fesseln der Regionen auch noch weiter bei denen, die lange nach der Wende geboren wurde. Wir sind, auch wenn die Trennung nur 40 Jahre währte ein Land mit zwei Kulturen und zwei Völkern. Manches wird vereinheitlicht und dennoch fühle ich mich in Weimar immer noch mehr zuhause als in Heidelberg je, doch bleibt das Gefühl der Fremdheit immer, so absurd es mir zugleich wieder scheint.

Anlässlich meines Geburtstages saß ich neulich mit Freunden aus Ost und West zusammen, wir führten intensive Gespräche über Kultur und mehr - es gibt unterschiedliche Erinnerungen aus den je Lebenswelten aber es zählten in der Diskussion mehr individuelle Sichten und Erfahrungen für den jeweiligen Standpunkt. Der Ossi, der seit der Wende politisch engagiert ist, weiß besser über die Demokratie und ihr Funktionieren bescheid, als der leicht monarchistisch gesinnte Wessi. Die Pfarrerin aus dem Osten setzt sich eher natürlich für Freiheit und Gleichheit ein als der adelige Wesi, der mehr intellektuell argumentierte, ganz anders als der intellektuelle Wessi, der sich ohne praktische Ahnung von Politik zu haben gern elitär konservativ gibt.

Wir leben nebeneinander und manchmal auch zusammen, gelegentlich ist es auch schon egal, wo jemand herkommt - die zwei Teile bleiben in vielem bestehen und wie wichtig sie uns sind, entscheiden wir selbst. Verdächtig sollte nur sein, wer sie betont, um sie zu benutzen und gefährlicher ist nur, wer sie einfach ignoriert.

jens tuengerthal 3.10.2017

Montag, 2. Oktober 2017

Wahlheimat

Wo bin ich Zuhause und worauf kommt es dafür an als Schlüssel zur Mitte

Lebe in Berlin, mitten in Prenzlauerberg einem irgendwie relativ linksgrün geprägten Szeneviertel und das nunmehr den längsten Teil meines Lebens. Der Flair des Viertels wandelte sich von ehemals linksalternativ zu bürgerlich-grün und wie ich immer mehr graue Haare bei mir sehe, werden sie auch auf den Straßen des Viertels normaler und während sich einige auch nur schlesische Ureinwohner des Kollwitzkiezes noch medienwirksam über die Schwäbisierung des hiesigen Vokabulars aufregten, zeigt sich auch an solchem Lokalpatriotismus die Verbürgerlichung des ehemals alternativen Lebens. Wo wird solche Intoleranz gegenüber Zugereisten zur nationalen Bewegung, wann dominiert die Angst in der Dekonstruktion?

Es sind hier tatsächlich mehr Kinderwagen zu sehen, als in irgendeinem anderen Viertel und vor allem mehr stolze Menschen, die sich bewusst für diese Rolle und diesen Weg entschieden haben. Sie leben damit in einer Gegend die sehr stadtnah ist, wunderbare Altbauten bietet und zugleich, im Gegensatz zum benachbarten Wedding ethnisch relativ rein blieb, warum sich von dort aus leicht Toleranz und Multikulti predigen lässt.

In den Schulen oder Turnhallen gab es eine zeitlang einige Flüchtlinge zu bestaunen, nun sind sie in Container und andere Behausungen an den Rändern umgesiedelt worden. Mein Berg gab sich solidarisch und auch ich stand am Anfang begeistert als Helfer an der Essensausgabe für Geflüchtete, wie die Asylanten in immer neuen Sprachsaltos auf der Suchen nach der gerade maßgebenden politischen Korrektheit genannt wurden, weil Asylant ein Schimpfwort der Rechten geworden war und keiner hier in den Verdacht geraten wollte, mit diesen Leuten zu sympathisieren.

Wir achten auf unsere Sprache, kleiden uns auf eine bestimmte Art modisch, die uns deutlich sichtbar von den Bewohnern Pankows oder gar Brandenburgs unterscheidet. Dafür kaufen wir lächelnd schrumpelige Äpfel beim Bio-Markt, dem wir ohnehin unseren monatlichen Obolus ableisten, um eine Vergünstigung für Dinge zu bekommen, die wir beim Discounter noch günstiger und meist besser aber mit weniger sozialem Prestige bekämen. Es ist eine relativ geschlossene, nur vorgeblich tolerante, faktisch aber in ihrem Konsens sehr enge Welt, die vor allem über alle, die nicht ihre Dogmen teilt mit bitterer Härte urteilt.

Der überschaubare Bereich bis zum S-Bahn-Ring ist relativ homogen besiedelt. Hier gibt es nur wenige Ausreißer noch, wie es auch kaum noch Alteinwohner gibt, zu denen Wolfgang Thierse, der sich über zu viel schwäbisch an seinem Platz einst erregte, sich wohl zählte, auch wenn der Katholik ein erst länger nach dem Krieg über den Umweg Thüringen zugereister Schlesier eigentlich ist. Manche derer, die vor der Wende hier lebten treffen sich noch in der Blues Kneipe namens Die Speiche bei mir am Platz, natürlich eine Raucherbar, geführt vom Betreiber des ehemaligen Café Gabaty, das am Rand der gleichnamigen ebenfalls längst ehemaligen Pankower Tabakfabrik stand, bis Linke Verbindungen es anderen zu schob, dahingestellt, wer dazu mit wem und so weiter. Sie ist ein Sammelpunkt für ehemalige Bewohner geworden. Hier trifft sich ein Publikum jenseits der 50 vermutlich schon, mitte 40 zumindest sicher, die zu Wendezeiten noch jung waren und der alten Zeiten gedenken, in irgendwie “weeßte noch”-Manier eine Art verlorene Heimat Gefühl zelebrieren.

Keiner der Besucher käme wohl auf die Idee, jene Rock-und Blueskneipe einen Vertriebenenverband zu nennen und doch hat sie verdammt viel davon auch in der Brauchtumspflege, findet sich hier eine geschlossene Gesellschaft. Wie jene geschlossene Gesellschaft gebildeter Akademikerkinder, die sich hier nach der Wende immer mehr ansiedelten und den ehemals alternativen Kiez immer mehr sanierten, bis Glänzelberg, wie es auf manchen unserer Mülleimer nun steht, besser passte als Prenzlberg.

An meinem Platz gibt es immer noch einige Platzbewohner über die sich manch neue Mutti mit Designerkinderwagen noch aufregt und gelegentlich mal Streit sucht, bis sie von den anderen Muttis zurechtgewiesen oder sichtbar ignoriert wird. Die letzten Penner oder Alkis gehören hier zur Folklore, wer angekommen ist, wird gegrüßt und die Neubewohner geben sich gern tolerant, um sich gut und Grün fühlen zu können, auch wenn das Leben derer am Platz mit ihrem nichts zu tun hat.

Einer der Bio-Läden um den Platz nennt sich Ost-Kost, ist Teil des heimatlichen Kiezes und vermittelt dieses Wohlfühlgefühl, biologisch und politisch korrekt, wenn auch ein wenig teurer als beim Discounter einzukaufen und dient auch mehr der Gewissenvermittlung für Zugereiste als tatsächlich OSTalgie zu betreiben. Der alte Osten wird ein wenig hochgehalten, auch wenn keiner in dieser spießig engen und piefigen Welt würde leben wollen.

So sind manche der leicht alternativen, immer schickeren Kieze, die sich über die bösen Kapitalisten und Makler nach vorne und offiziell aufregen, während sie nach hinten die Hand aufhalten, wenn es um ihre Wohnung und ihre Kohle geht, so verlogen wie alle Welt, nur dass sie sich hier gern die schöne Maske leicht alternativer Toleranz gibt.. Es ist ein etwas nobles Biotop, was immer bürgerlicher wird, auch wenn es sich gern noch ein wenig alternativ gibt. Dies ist meine Wahlheimat, ich habe sie mir ausgesucht und fühle mich wohl hier, auch wenn diese Kieze in ihrer pseudo alternativen Manie eher peinlich sind, sich etwas vorspielen mit ihrer vermeintlichen Toleranz, die ganz schnell endet, wenn tatsächlich für eine zeitlang Sinti oder Roma Familien aus Flüchtlingskreisen in ihren schicken Hinterhöfen angesiedelt werden.

Zuerst erkundigen sich alle noch ganz freundlich bei den Neulingen. Dann wundern sie sich über manch ungewohntes, schließlich wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt, Bestätigung gesucht, was sich in bekannten Mustern steigert - “ist bei dir auch was verschwunden?”, “klauen die vielleicht?”, “hab die gehört, geht gar nicht hier” - dann wird festgestellt, die passen ja gar nicht hierher und dann verschwinden sie irgendwann wieder ganz dezent.

Den einen verschwand ein Fahrrad, den anderen ein Kinderwagen oder Spielzeug und es begann Misstrauen und als sie wieder weg waren, erzählten wir uns die Geschichten unserer Sorge - wussten alle was wirklich war, ohne eine Ahnung zu haben, weil die ja einfach nicht hierher passten, stellten erleichtert fest, dass sie ja nun weg waren. Wohin die “Zigeuner” kamen, was natürlich politisch korrekt in meinem guten Hinterhof niemand sagte, wusste keiner, hauptsache sie waren weg - 1933 - 1945 hätten wir uns da noch Gedanken machen müssen, aber heute doch nicht mehr, denk ich mir und gleichzeitig über Homogenität in Siedlungen nach und wie wichtig sie ist.

Der vordere Prenzlauerberg ist eine sehr homogene Siedlung in seiner ganzen Verlogenheit, kaum noch Alteinwohner, viele Zugereiste, zu einem ganz großen Teil Akademiker, die sich gern ein wenig alternativ tolerant oder künstlerisch geben. Geld wird beim Staat oder im Netz verdient, wenn überhaupt. Wir leben hier relativ ungestört, unsere Kinder gehen mit Kindern aus nahezu gleichen Umständen in die Schule und wir paaren uns gern im gleichen Bereich, warum es immer wieder auch welche gibt, die mehr als einen Liebhaber miteinander teilten, wie ich es selbst einst schon erleben durfte. Es sind alle Bedingungen einer geschlossenen Gesellschaft gegeben, die sich an der Illusion ihrer weltbürgerlichen Toleranz aufgeilt, die Intoleranz der Spießer vom AfD ablehnt, sich dazu inzüchtig fortpflanzt und durch die ab und an gern begrüßten “Anstandsneger” nicht bemerkt wie rassisch rein und geschlossen sie lebt und sein will.

Lebe gern hier und fühle mich wohl auch in den Cafés mit ihrem homogenen Publikum und den immer um die gleichen Themen kreisenden Fragen, es ist wohl so etwas wie meine Heimat, auch wenn es eine mit wie immer beschränkten Horizont ist. Bezeichnend mein Blick in den Hinterhof, der an einer nahen Wand endet, die als ich hier einzog noch von wildem Wein grün wuchernd bewachsen  war, heute aber schlicht grau-gelb und kahl ist mit wenig Licht von Oktober bis März und einem inzwischen abschließbaren Guantanamo-Käfig für unsere vielen Mülltonnen ist. Das schöne Grün musste entfernt werden, weil es den Putz zu beschädigen drohte.

Zelebriere mein Gefühl von bürgerlichen Leben mit Tee und Büchern, weil mir nichts so wertvoll erscheint und habe dennoch eine irgendwie dumpfe Ahnung, dass all dies furchtbar verlogen einfach ist und ich Teil einer begrenzt haltbaren Inszenierung bin, die sich im Untergang feiert, als sei sie für die Ewigkeit.

Das ist meine Wahlheimat mitten im Bionade-Biedermaier, der noch beschränkter wirkt, wo er sich gern großzügig, weltoffen und tolerant geriert, auch wenn es eigentlich nur um Schöner Wohnen mit globaler Deko geht. Wir erregen uns kollektiv über die dumpfen Ossis in mittlerweile Pankow, die AfD wählen - wie kann man nur - einige wählen hier nun schick als Künstler die Linke, ohne zu bedenken, dass es sich dabei um die SED-Nachfolge-Organisation handelt und nennen Sahra Wagenknecht lieber eine linke Intellektuelle als eine olle Stalinistin mit Stallgeruch im Kadersozialismus. Hier wird mittlerweile der Kandidat jener ominösen Linken mit Mehrheit gewählt, der sich mit seiner Ray-Ban-Brille abbilden lässt, um ein Lebensgefühl auszudrücken, zwischen Bio-Mate, Designer-Thermoskanne und Hartz IV.

Als frei denkender Mensch, fühle ich mich in diesen ganzen Konventionen spießiger Selbstbetrachtung irgendwie eingesperrt. Fraglich nur, was besser wäre oder eine echte Alternative. Das überaltete und irgendwie scheintote Charlottenburg? Der null innovative Westen, der nur noch seine Erinnerung kultiviert? Das noch gläubiger, alternative Kreuzberg oder Friedrichshain in dem ich neben den Multi-Kulti-Jüngern auch noch echte Araber, Muslime und ihre Kinder in den Schulen teilweise in der Mehrheit haben mit entsprechend durchgreifenden Lernerfolgen für meine Kinder?

Vermutlich wäre nur das wirklich vornehme Dahlem oder eine noble Villa im Grunewald, wo nur wohnt, wer es sich leisten kann und Geschmack hat, eine taugliche Alternative, wäre es nicht so langweilig dort, denn mit viel Geld, lässt es sich ebenso leicht tolerant und weltoffen sein, wie mit naiven Lügen hier.

Wir wissen, warum wir hier in dieser geschlossenen Welt leben, in der wir die Ossis weitgehend erfolgreich verdrängten, über diese heute Bewohner des Speckgürtels oder Brandenburgs gern lästern, auch wenn wir natürlich tolerant sind und alle unseren einen guten Ossi als Freund haben oder unter Männer früher auch die Qualitäten der lockeren Ossi-Frauen im Bett lobten, von denen sich manche eine Scheibe abschneiden könnte, wie wir zwinkernd dann bemerkten, was ein ebenso rituelles wie inhaltsleeres Gerede ist, für das ich keine sachliche Bestätigung geben könnte, im Gegenteil, löge ich nicht die üblichen Spiele hier mit, wenn es geboten ist.

Habe ich nun eine Schwäbin zur Frau gewählt, die in kein Schema passt, weil ich aus dieser schlicht uniformen Welt ausbrechen will, in der wir schön hochdeutsch reden, immer politisch korrekt sind und Sex nur so haben, dass es die Kinder nicht stört?

Natürlich nicht, sondern weil ich sie liebe und sie die Beste ist, der ich je begegnen konnte, ein Glück für jeden denkenden Mann in jeder Hinsicht. Aber das ich mir eine solche Frage stellen muss, zeigt die Enge der Welt in der ach so toleranten Großstadt Berlin im ehemals Preußen, wo nach dem alten Fritz noch jeder nach seiner Fasson selig werden sollte.

Lebe in einem Bereich, den sich manche NPD oder AfD Funktionäre für ihre Dörfer in Mecklenburg oder der Mark wünschen - eine national befreite Zone, die sogar so reinrassig und geschlossen ist, dass sie sich, ohne sachliche Probleme befürchten zu müssen, das Gegenteil auf die Fahne schreiben und für geträumten Multikulti, den es faktisch hier nicht gibt, Grün wählen.

Die DDR war auch so eine geschlossene Welt, die international für den Sozialismus auf der ganzen Welt und die internationale Solidarität eintrat, intern aber die wenigen Nordkoreaner und Afrikaner oder Kubaner eher in geschlossene Siedlungen steckte, um ihrer homogenen Bevölkerung nur nichts ungewohntes zuzumuten. Natürlich gab es hier wie dort die “Anstandsneger”, wie manche sie sogar nannten in völliger Verkennung politischer Korrektheit, aber was interessieren die nur Symbole im realen Leben.

Gestern lief ich mit meinem Schatz gen Weißensee und wir wagten mal einen Blick in die dort Kneipen, sahen Gesichter mit denen wir nicht über die Wahl diskutieren oder die Prinzipien bürgerlicher Toleranz erörtern wollten. Das ist sicher nicht typisch Weißensee, war vermutlich reiner Zufall und doch wunderte es mich kein bisschen. Die Musik klang nach Böhse Onkelz oder schlimmer und mehr in mir, möchte nicht mit solchen Menschen in einer Stadt leben, als sich in Toleranz zu üben.

Nahe meiner Wahlheimat und sogar heute unter einem Dach des künstlich vereinten Bezirk Pankow, der diesen Namen dank eines Schildbürgerstreichs der von daher schwäbischen Pankower trägt, prallen Welten aufeinander. Ossis, die sich benachteiligt fühlen, Wessis, die alles besser wissen und noch dazu politisch korrekt, die Welt zu einer Toleranz erziehen wollen, die sie selbst nicht kennen, weil sie in einer abgeschlossenen Welt leben. Keiner versteht den anderen aber jeder weiß genau, was besser wäre.

Es ist wirklich nett hier. Gibt sogar manchmal gute Gespräche mit gebildeten Menschen, wenn auch der größte Teil, seinem realen Niveau entsprechend, die Mode des Tiefstapelns gerne mitmacht, weil es schicker und einfacher ist, sich als akademischer Proll zu geben, denn die eigene Kultur in der separierten Welt konsequent zu leben, weil hier doch keiner so richtig konservativ sein möchte.

Die Gegend ist mehrheitlich irgendwie Grün, nur hinter der vorgehaltenen Hand ist sie auch mal ehrlich aber nicht vor sich selbst und darum lebt es sich so nett hier, weil sich alle über ihre wahren Absichten freundlich belügen, sich gern besser spielen, als sie sind und sich nicht mal in der anonymen Wahlkabine trauen dem Aufstand ihres Inneren gegen die Dummheiten politischer Korrektheit nachzugeben.

Das Eis auf dem wir uns hier noch etwas vorlügen ist dünn und es gibt gute Gründe, zu fragen, wie lange es halten wird und ob nur der Wohlstand noch die Schminke über der anderen Seite der Bürgerlichkeit ist, die gern intolerant ihre Welt abschirmt. Bedenke ich, wie intolerant sich hier gern gegenüber nicht alternativen Positionen gegeben wird, frage ich mich, wie bald die Stimmung kippt und was dann passiert. Ist die Toleranz echt oder gedeiht sie nur im geschützten Biotop meiner Wahlheimat?

jens tuengerthal 2.10.2017

Donnerstag, 28. September 2017

Playgone

Essay zum Tode Hugh Hefners

Der letzte große Playboy ist weg, titeln die Magazine zum Tod von Hugh Hefner, dem Erfinder des Magazins Playboy. Der Berliner ist dann immer versucht, zu sagen, noch lebt Rolf Eden im schönen Grunewald. Doch ausnahmsweise geht es mal nicht um Berlin sondern um Kalifornien. Dort lebte der angeblich letzte Playboy Hugh Hefner in seiner längst teuer verkauften Villa mit den vielen Lustgrotten, was wörtlich oder bildlich verstanden  vermutlich ihn treffend beschreibt, bis zu seinem Lebensende

Aber was war der Magazingründer und Mädchenliebhaber eigentlich für ein Mann, lebte er die gut verkaufte Inszenierung, realisierte er Männerträume, war er eher ein Frauenideal oder lebte er einfach, was ihm gefiel, so geschmacklos es uns heute auch scheinen mag?

Feministinnen weltweit regten sich über das Frauenbild des Playboy auf, der die Damen entweder unbekleidet oder nur sexy verhüllt mit einem Puschel über dem Po abbildete und sie damit auf ihre Sexualität reduzierte, dem hielten Playboy Redakteure und betroffene Männer, die sich mit solchen Feministinnen auseinandersetzen musste, was ja manchmal unvermeidbar ist, immer wieder entgegen, es ginge doch viel mehr um Inhalte und die nackten Damen seien einfach ein Gimmick dazu,  um das Auge zu erfreuen. Überhaupt seien die Frauen dort doch besonders ästhetisch abgebildet, was doch gerade für eine Verehrung und nicht eine Verachtung der Frauen spricht.

Es stimmte, wie ich aus Erfahrung weiß, die Artikel waren meist sehr gut recherchiert, oft wirklich spannend und teilweise von großen Schriftstellern verfasst. Die Frauen waren halt dabei, schön zu sehen dass erste, was sich nahezu jeder darin ansah, auch ich, weil eine nackte Frau für mich einfach ein schöner reizvoller Anblick ist, mehr aber auch nicht. Ich liebe auch schön gebundene und fein gemachte Bücher sehr und finde deren Anblick sogar oft erregender als den der meisten Frauen, was aber vielleicht auch eine etwas spezielle Vorliebe von mir ist, der auch aus Erfahrung sagt, die Vielfalt wird überschätzt und dennoch freue ich mich an der schönen Natur des weiblichen Körpers, egal ob ich am Nacktbadestrand liege oder mir einen Playboy anschaue, ähnlich wie mich auch ein schöner Wald oder Berg entzücken kann, nur ist der selten so erregend wie schöne Bücher oder eben Frauen.

Sich daran zu freuen, finde ich nicht verwerflich. Damit muss mir die aktuelle Ästhetik der Mode mit viel zu dünnen, unnatürlich proportionierten Frauen nicht gefallen, die häufig noch wider die Natur als komplette Nacktschnecken vor uns erscheinen. In den Playboy wird keine Frau gezwungen, im Gegenteil, viele bewerben sich darum und hoffen damit eine Karriere als Model zu starten oder erhoffen sich sonstige Vorteile für ihr Leben. Die mit denen ich darüber sprach, sagte mir alle, sie fanden es eine gute Erfahrung und hätten sich danach besonders schön gefühlt.

Damit muss ich nicht die typisch neureich amerikanische Ästhetik des Magazingründers gut finden, die sich im Laufe der Jahre immer mehr an den US-Durchschnitt anpasste. Finde sie grässlich und billig und es auch zu blöd, wenn Frauen mit einem Puschel auf dem Po und Hasenohren durch die Gegend laufen. Aber ich freue mich an mehr Nacktheit und dem Anblick der Natur, wie sie überall selbstverständlich sein sollte, um sich an menschlicher Schönheit in ihrer vielfältigen Gestalt zu erfreuen.

Dafür und für das sexuelle Selbstverständnis vieler Frauen hat Hugh Hefner großes geleistet und das wird auch immer der Würdigung verdienen, trotz dieser für meinen Geschmack peinlich neureichen Inszenierung, wie sie auch ein Rolf Eden, der letzte lebende Playboy ist nämlich spätestens jetzt ein Berliner, bis zur Perfektion beherrschte.

Nacktheit im Alltag normaler zu machen, ohne die Grenze zur Pornographie zu überschreiten, sondern sogenannte ganz normale Frauen von nebenan erotisch zu inszenieren, hat ein erregendes Moment in der Gesellschaft geschaffen, was vielen Frauen erst ihre Macht über den Mann auch durch ihren Körper bewusst machte. So wurden Frauen durch den Playboy nicht verdinglicht und bloße Lustobjekte männlicher Anschauung, die sie einzig ausbeuten will, wie manche noch vom schwarzerschen Feminismus leidvoll betroffene meinen beklagen zu müssen, sondern selbständige Täterinnen der Verführung, die ihre Macht spielerisch zu nutzen wussten.

Dazu muss Frau nicht 20, gertenschlank und blendend aussehend sein, wobei jede Abweichung noch weg gephotoshopt wurde, sondern nur sich mit Lust zeigen wollen, um schön zu sein. Sicher könnte über die typisch amerikanische Ästhetik im Playboy gestritten werden, aber mir erscheint dies völlig müßig, als würde ich mich über die Geschmacklosigkeit eines Donald Trump oder der Zuschauer des Privatfernsehens erregen.

Vielleicht sind FKK Magazine mit nackten Menschen, die früher sich Nudisten nannten, noch geeigneter ein schönes Bild der Natur zu verbreiten, doch kenne ich bisher kein Nudisten Magazin mit journalistisch und schriftstellerisch so reizvollen Artikeln wie den Playboy. Darum muss ich nicht den Geschmack der Amis teilen, um die Freude am weiblichen Körper sthetisch gut zu heißen.

Es wird die Sexualisierung der Frau und ihre Rolle als bloßes Lustobjekt durch Bilder, wie sie der Playboy am Rande der Legalität inszenierte von feministischer Seite beklagt. Ist Erotik und Lust eine Reduktion und Schwächung der Frau oder gibt es der Frau nicht viel mehr Macht als sie in allen verklemmten Zeiten unter der Diktatur der bigotten christlichen Moral bisher hatte?

Immer noch meint dieser anmaßende Aberglaube, in all das eingreifen zu dürfen, was Lust, Fortpflanzung, Trieb und allgemein die Freude an unserer Natur betrifft. Es wird dies verlogene Spiel Moral genannt, tritt unter dem Deckmantel der Religion auf und hindert bis heute mehr Frauen daran ihr Sexleben zu genießen, als glücklich zu werden.

Der Playboy hat mehr zur Befreiung der weiblichen Sexualität und damit der gegenseitigen Erfüllung getan als sogar vermutlich die Pille oder zumindest vergleichbar. Dafür kann Hugh Hefner trotz seiner vielen Geschmacklosigkeiten und seiner typisch amerikanischen Ästhetik gelobt werden, nicht dafür, dass er Pfeifenraucher war und damit Stil bewies, einen solchen werden die meisten ihm schon vorher unterstellt haben.

Sex normaler machen, wie es auch Beate Uhse tat, kann auf eine aufklärerisch wissenschaftliche Weise getarnt werden, wie es auch die Filme eines Oswald Kolle oder jüngste Serien im Fernsehen taten oder auf eine etwas aufschneiderisch verführerische Art, wie es im Playboy geschah. Den Deutschen gilt letztere Form als unsauber, während erstere fast einen Stempel vom Amt bekommt für verantwortungsvolle Aufklärung.

Über Sex reden, sich an der Lust und der Schönheit freuen, tut den Menschen gut, wenn sie nicht stattdessen lieber auf Rollen versessen, nur nach Problemen suchen. So betrachte ich den alten Playboy, der gerade verstarb, als schlicht nettes Accessoire der Zeit. Dabei muss mir weder die Inszenierung der Frauen in seinem Magazin noch die Häschen-Ästhethik überhaupt gefallen - finde sie so grässlich wie den meisten Hollywood Kitsch oder die florideske Disney-Ästhetik, in die auch President Donald so gut passt.

Aber über den Playboy über weibliche Schönheit zu reden, warum ich Schamhaare natürlich schön finde, ihr Fehlen als einen pädophilen Angriff auf meinen Geschmack sehe, warum natürliche Weiblichkeit schöner ist als die totgeschminkt inszenierte, finde ich gut und im Ergebnis der Beziehung förderlicher und erregender als kollektive Erregung über weibliche Inszenierung. Bin mir wohl bewusst, wieviele überzeugte Feministinnen, sich angesichts dieser Worte empört abwenden, aber ich ertrage diesen herben Verlust recht stoisch, da der Lustgewinn ihrer Gegenwart nörgelnd ohnehin sehr gering war.

Liebe Aktfotos und fotografiere meine Liebste zu gerne nackt, freue mich an ihrer Schönheit darum noch mehr und dies nicht, weil sie eine perfekte Figur hat und jung ist, hat sie und ist so, sondern weil ich sie liebe. Sie wird immer die schönste Frau für mich sein, die ich einzig anbetungswürdig finde - weil ich sie so sehr liebe und dieses Denken scheint mir typisch männlich. So wie wir uns selbst nur selten kritisch betrachten, sondern eher beim Blick in den Spiegel überschätzen, neigen Frauen nach meiner Erfahrung mehrheitlich zum Gegenteil und zum kritischeren Blick.

Der Playboy bringt längst keine Aktfotos mehr, außer es gehört zum Artikel, will eher ein Society Magazin werden. Die BILD hat auch die Nackte von der ersten Seite verbannt, was ästhetisch kein großer Verlust war. Aber fehlt der Gesellschaft diese Nacktheit und was bräuchte es anstatt?

 Würde mir viel mehr Nacktheit wünschen und Freude wie Leidenschaft in der Inszenierung des eigenen Körpers, weil nichts der Lust förderlicher ist. Mehr Nackedeis im Alltag und normalen öffentlichen Sex statt dessen Skandalisierung. Dies alles natürlich beim gebotenen Schutz der Kinder, was immer eine Epoche dabei gerade für geboten hält.

Freuen wir uns aneinander, genießen wir voller Lust unsere natürlichen Körper, lernen wir mehr über Sex, um auch Schwierigkeiten dabei, überwinden zu können. Dachte früher guter Sex läge in der Natur und müsse nur gemacht werden, dann passt es schon. Weiß inzwischen, dass dies nicht der Fall ist, cirka 98% der Paare nie gemeinsam zum Höhepunkt kommen, also immer im Vorspiel stecken bleibt, bei dem auch nur jeder für sich kommt, statt wirklich Sex zu haben.

Dies liegt zum einen an der Natur und zum anderen an mangelnder Aufklärung darüber, wie auch unter Schwierigkeiten alle Weg nach Rom führen können, ohne gläubig werden zu müssen. Darüber, dies sei hier versprochen, werde ich bestimmt auch nochmal ein Essay zum weiblichen Höhepunkt und dem gemeinsamen Glück schreiben, bestimmt bald und vielleicht sogar nach dem gerade Genuss dessen, was ich hier preise und warum ich heute sage, die meisten Menschen haben nie in ihrem Leben Sex sondern onanieren nur irgendwie mehr oder weniger erfolgreich ineinander, sind damit aber zufrieden, weil sie es nicht anders kennen, aber hier geht es ja nicht um die Technik des Sex sondern um ein Gedenken an Hugh Hefner, den alt gewordenen Playboy und seine Verdienste.

Hefner hat mehr Sex und mehr Nacktheit in den Alltag gebracht, wenig von dem, was er tat, wäre nun genau mein Geschmack, was ich auch schon oft genug gesagt habe, aber mehr Lust finde ich gut und natürlich, freuen wir uns daran und in diesem Sinne gedenke ich dem Verstorbenen dankbar, er hat mehr Sex auch in die verlogen prüde amerikanische Gesellschaft gebracht und das ist ein größerer Verdienst für den Weltfrieden als ihn die meisten Präsidenten vollbrachten. So verkehrt kann dieser Hugh Hefner also nicht gewesen sein. Der Playboy-Gründer ist tot, es lebe die freie Natur.

jens tuengerthal 28.9.2017

Mittwoch, 27. September 2017

Glücksflut

Du kommst
Bist schon längst
Auf dem Weg zu mir
Um wieder zu kommen

Zu mit und überhaupt
Kann es kaum glauben
Wieviel Glück ich habe
Das Glück kommt zu mir

Überflutet von Gefühlen
Harre ich der Dinge nun
Es wird immer schöner
Deine Sintflut zu mir

Es gibt kein zu viel
Von dir eher zu wenig
Zu lang zu weit weg
Viel mehr ist besser

Lasse es fließen
Wie später wieder in dich
Und du über mich kommst
Wenn alles Gute eins wird

Die Glücksflut tut gut
Genieße diese Gnade
Unverdient noch mehr
Dankbar voll Liebe

jens tuengerthal 27.9.2017

HiHa 061

Habe Mut

Habe Mut wurde
Das Motto der Aufklärung
Vorgedacht von Kant

Der kluge Preuße
Dachte Freiheit konsequent
Ein Geschenk für uns

Es brauchte nach ihm
Keine Götter mehr für die
Moral im Leben

Er definierte
Wie immer exakt erst
Was Aufklärung ist

Befreiung bleibt es
Für jeden selbst gewählt
Verantwortung auch

Da Mut zu haben
Heißt befreit erst zu leben
Wozu weniger

Mut haben machte
Leben auch gefährlicher
Der Preis der Freiheit

jens tuengerthal 27.9.2017

Tee Haiku 0040

Hassbremse

Linke und Rechte
Sind voller Hass immer mehr
Ähneln sich dabei

Die Wahl ist vorbei
Zeit endlich zu entspannen
Lass sie mal machen

Trinke meinen Tee
Nichts davon tangiert mich noch
Nur viel Lärm um nichts

Mehr Entspannung macht
Zufriedener als Meinung
Merke ich wieder

Es braucht mehr Bildung
Diese braucht immer viel Zeit
Warten wir mal ab

Macht lieber Liebe
Macht auf Dauer glücklicher
Befriedigt auch mehr

Nichts als Liebe braucht
Der Mensch allein zu seinem
Glück leben wir es

jens tuengerthal 27.9.2017

Dienstag, 26. September 2017

Vorlust

Morgen kommst du wieder
Zu und noch mehr mit mir
Sehnsüchtig träume ich mich
Wieder ganz eins mit dir

Wir haben alles miteinander
Was ich nur träumen kann
Liebe Geist Zärtlichkeit Glück
Da scheint die Lust wenig

Doch gerade sehnt sich alles
In mir in dir wieder zu sein
Deine ganze Lust zu spüren
Dich auf mir schreien zu hören

Träume vom schönsten Busen
Den ich wieder küssen darf
Wie meine Lippen auf all deinen
Lustvoll kein Ende je finden

Was fehlte mir nachts deine Nähe
Morgens ganz einsam ohne dich
Vermisste ich unsere Gespräche
Wie deine einfach nur Zärtlichkeiten

Aber gerade spüre ich dich stärker
Noch inmitten getrieben von Lust
Die miteinander Befriedigung sucht
Erfüllung sicher selig auch findet

Wenn wir dann danach Arm in Arm
Erschöpft vom Sturm der Lust liegen
Wird alles andere wieder kommen
Doch gerade will ich dich nur ganz

Wie glücklich bin ich zu wissen dabei
Dir geht es genauso wenn du schreibst
Wie nass du schon in Gedanken bist
Deine Stimme vor Lust dabei zittert

Es wäre nicht viel nur Lust zu haben
Aber es ist das Schönste sie zu teilen
Nicht könnte mir gerade mehr sein
Und so haben wir alles miteinander

Auf alles was wir teilen freue ich mich
Wenn wir unsere Lust aneinander wie
Ineinander gestillt und reichlich ergossen
Jetzt bin ich einfach zu scharf auf dich

jens tuengerthal 26.9.2017

HiHa 060

Radikale Aufklärung

Ohne Gott dachten
Die Aufklärung radikal
Zuerst Franzosen

Baron Holbach lud
Zur Tafelrunde bei sich
Diderot und Grimm

Die klügsten Köpfe
Ihrer Zeit verkehrten mit
Abbé Galiani

Voller Lust dabei
An Debatte wie Ausschweifung
Waren sie berühmt

Berüchtigt wohl auch
Die Enzyklopädisten
Jagte die Kirche

Die Pompadour war
Kluge Retterin mehrfach
Des Wissensprojekt

Wissen besiegte
So den Glauben auf Dauer
Brachte erst Freiheit

Ein Lexikon macht
Alle gleich und lüftet wohl
Jedes Geheimnis

Darum war es schon
Zelle der Revolution
Wichtiger sogar

Mit Büchern begann
Die Aufklärung erst
Eines überwand alles

jens tuengerthal 26.9.2017

Tee Haiku 0039

Auflösungserscheinungen

Kaum gewählt schon löst
Die erste Fraktion sich auf
Es ist Bundestag

Petry sagte heil
Und zugleich adé beim AfD
Erwartungsgemäß

Klar unerfahren
Darf jeder mal üben im
Laienparlament

Es braucht mehr Bildung
Profis statt Propaganda
Verstand statt Hetze

Über Politik
Schimpfen war immer leichter
Als besser machen

Darum trinke ich
Lieber beim abwarten Tee
Hilft stets weiter

War viel Lärm um nichts
Macht ein wenig Radau nun
Ist bald wieder weg

Danach braucht es Zeit
Für Aufklärung und Vernunft
Mehr Diskurs statt Hass

Warten wir mal ab
Trinken lieber guten Tee
Wird schon noch werden

jens tuengerthal 26.9.2017

Fürsorge

Liebe ist Glück in Erfüllung
Alles wird schön miteinander
Leidenschaft und Lust leben
Ihrer Natur nach füreinander

Wir streben nach Befriedigung
Des Glücks auch in der Lust
Dankbar wer dies gefunden
Mehr noch wer es ganz teilt

Freue mich so doppelt dankbar
Am Glück und seiner Erfüllung
Viel mehr aber als die nur Lust
Wiegt mir die Liebe als Fürsorge

Wo jeder des andern Glück will
Geht alles Streben zuvorderst
Auf das Glück der Liebsten
Ihr Glück macht erst glücklich

Sich um den anderen sorgen
Alles tun wollen für sein Glück
Ist noch erfüllender als sich bloß
An ihm befriedigen zu wollen

Wo beide mehr des anderen Glück
Erstreben als das eigene zu suchen
Findet bald keiner mehr Erfüllung
Warum unsere Natur uns treibt

Wir folgen unserem Trieb in allem
Der die Liebe im Gleichgewicht hält
So ist die Fürsorge uns mehr wert
Aber der Trieb genauso wichtig

Beide gemeinsam auch wenn sie
Gegensätzlich zu wirken scheinen
Führen erst zur Erfüllung in allem
Lassen uns glücklich erst bleiben

So ist die vollkommene Liebe nicht
Jene die sich nur aufopfert sondern
Die in der beide im sich gut wollen
Befriedigung miteinander finden

Dankbar wer solches Glück findet
Es liegt wohl in unserer Natur
Lassen wir diese einfach zu
Findet die Liebe alles alleine

So genieße ich meiner Natur nach
Was ist als größtmögliches Glück
Den Rest erledigt unsere Natur im
Streben nach Liebe und Erfüllung

jens tuengerthal 25.9.2017

Montag, 25. September 2017

HiHa 059

Vernunftglaube?

War es der Glaube
An die Vernunft oder doch
Das reine Wissen

Aufklärung heißt auch
Erleuchtung im englischen
Was viel zum Geist sagt

Was Aufklärung ist
Erklärte Kant in einem Satz
Der Mut zu denken

Befreiung endlich
Aus der Unmündigkeit wird
Freiheit begründen

Es ist kein Glaube
Vernünftig lieber zu sein
Einzig konsequent

Trauen wir wieder
Mehr Vernunft steigen Chancen
Auf Glück in Freiheit

Ohne Freiheit ist
Auch keine Liebe möglich
Zu oft vergessen

Nutzen wir endlich
Die Chancen der Freiheit auch
Glücklich zu sein

jens tuengerthal 25.9.2017

Tee Haiku 0038

Berlintypisch

Herbst in Berlin ist
Wenn Licht draußen weniger
Bleibt egal wann dann

Grau ist dann die Stadt
Bunter bleiben nur Blätter
Wie manche Menschen

Berlin wählt typisch
Erwartungsgemäß wieder
Bleibt der Osten rot

Der Westen mittig
Der Osten noch radikal
Ungar irgendwie

Flughafen schließen
Wollen weniger als doch
Alles so lassen

Belästigung teilen
Will die Berliner Vernunft
Ohne Politik

Stimmen kaufen ist
Hier attraktiver noch als
Die Verantwortung

Wenig spricht dafür
Dass es nochmal besser wird
Hoffnung stirbt zuletzt

Nichts wie weg wäre
Wohl weise nur undenkbar
Weil nichts besser wird

Sterben im Moloch
Lautstark bis dahin leiden
Dann überleben

So ist das halt hier
Keiner kann es ernst nehmen
Und das ist gut so

jens tuengerthal 25.9.2017

Buchliebhaberin

Meine Liebste ist die beste
Liebhaberin aller Zeiten was
Zu genießen schon größte
Freude mir immer wieder ist

Sie ist noch dazu schöner
Als ich je zu träumen wagte
Ein Traum von einer Frau
Das ist jetzt ganz objektiv

Noch dazu findet sie mich
Auch irgendwie erträglich
Was doch schon viel ist
Mehr als die meisten haben

Sie sagt es natürlich auch
So romantisch wie wir es sind
Verliebt und rosa Wolken nur
Im Sinn den wir nicht brauchen

Aber das alles wöge wenig
Verglichen zu unserer Liebe
Zu den Büchern die wir ganz
Teilen als Bücherliebhaber

Hier sehe ich ihre Augen
Feucht glänzen vor Glück
Wie sonst nur ihren Schoss
Wenn ich ihn gerade küsse

Obwohl ich nur davon höre
Es auf Bildern sehe oder mal
Lese wenn sie mir sogleich
Vorlesen will voller Begeisterung

In dieser großen Liebe sind wir
Uns so ähnlich wie nah im Glück
Welch Erfüllung mit so jemand
Sein Leben teilen zu dürfen

Von schönem Sex schwärmen
Wohl manche Paare heute auch
Wenn unklar ist was das heißt
Doch Welten teilen ist mehr

Alles haben ist unbeschreiblich
So fühle ich mich glücklicher
Als ich je zu träumen wagte
Weil wir alles haben und sind

Muss nirgendwo mehr hin
Außer zu ihr natürlich noch
Habe alle Träume erfüllt
Bin vollkommen glücklich

Dankbar für die verzauberte
Buchliebhaberin träume ich mich
Von Berlin auf die Insel der Feen
Wissend die schönste ist meine

jens tuengerthal 24.9.2017

Sonntag, 24. September 2017

Trotzwahl

Über Gründe, Bedingungen und Perspektiven der neu gewählten Republik

Trotz der gerade Wahl ein wenig Abstand zu nehmen, statt wie viele hier, gen Alex zu ziehen und gegen die bösen Rechten zu demonstrieren oder wie der größte Verlierer Schulz dem Testosteron auf andere Weise freien Lauf zu lassen, scheint mir das Gebot der Stunde.

Wir haben nun, wie alle europäischen Nachbarländer auch Rechtspopulisten im Parlament, ihre Sprüche bleiben peinlich und kündigen den Konsens der friedlichen Republik und besonders stark sind sie im Osten, bei denen, die sich freiwillig in diese Republik aufmachten, ohne bis jetzt schätzen zu können, was diese ausmacht außer 10 Sorten Zahnpasta. Hier haben die Feinde der Demokratie am rechten und linken Rand eine Mehrheit und es hilft nichts hier den einen zu tabuisieren, um sich als linke Volksfront zu solidarisieren, damit das Problem kleiner wird.

Der AfD ist im Parlament und sie werden sich hoffentlich dort bestmöglich blamieren, nichts erreichen und bald wieder verschwinden, wie es solche kurzzeitig aufkommenden Gruppen an den Rändern immer taten, weil die ganz große Mehrheit sich für die Demokratie entschieden hat und für die Mitte stimmte.

Wer nun meint, wie Seehofer den AfD noch rechts überholen zu müssen, wird genauso scheitern, wie linke Fanatiker, die alle Anhänger der Rechten als Nazis bezeichnen und zum Widerstand aufrufen. Die Mehrheit liegt wie die richtige Antwort in der Mitte. Noch nie hat die CSU ein solch schlechtes Ergebnis eingefahren wie nach ihrem bisherigen Schlingerkurs.

Die Mehrheit der Deutschen ist mit der Kanzlerin zufrieden. Bei einer Direktwahl hätte sie vermutlich sogar eine absolute Mehrheit errungen. Der Hass, der ihr vom rechten und teils  linken Rand militant organisiert entgegen schlug, zeugt nur davon, wie weit sich diese Ränder von der demokratischen Mitte entfernt haben.

Merkel hat in schwieriger Zeit viel Mut bewiesen. Es ist schade, dass Deutschland den Mut seiner Kanzlerin, die Deutschland und Europa in dieser Zeit so erfolgreich führt, nicht belohnt hat. Nicht Merkel hat polarisiert und den AfD stark gemacht, sondern ein SPD Wahlkampf, der auf Gerechtigkeit verlogen setzte, statt konstruktive Perspektiven zu setzen, mit denen die Mehrheit sich identifiziert.

Die SPD wird sich nun in der Opposition der Linken weiter annähern und hoffen, dass alles Heil von links kommt, wie sie es immer tat, wenn es ihr schlecht ging und weil die linken Stimmen schon immer die lautesten in der Partei waren, wenn auch selten die Intelligentesten, mich haben sie damals erfolgreich damit vertrieben. Sollte die SPD mit der Linken fusionieren oder sich ihr weiter annähern, was in der Opposition gegen Merkels Mitte Politik mit Jamaika relativ wahrscheinlich ist, können sich beide auch zusammen künftig bei unter 20% einrichten.

Wer nur die Verlierer verteidigt, hat keine Perspektive für die Zukunft, so hehr und gerecht dies alles klingen mag. Erfolgreich war die SPD als sie einen Schröder hatte, der als Automann eine auch ökonomische Perspektive bot, daran sollte sie sich besser erinnern, will sie sich nicht auf Jahrzehnte in der Opposition mit weiter schwindenden Anhängern einrichten.

Erfolgreich war auch der Umbau zu einer mehr ökologisch und nachhaltig orientierten Ökonomie, der dem Grünen Koalitionspartner zu verdanken war. Diese haben wohl immerhin noch besser abgeschnitten als die Linken, weil sie alle Probleme möglichst vermieden haben. Damit haben sie einen Teil ihrer linken Wähler an die SED Nachfolge Organisation, die sich heute Linke nennt, verloren. Es werden bei einer Regierungsbeteiligung noch mehr werden, aber es werden auch neue Anhänger dazu kommen, die den wirtschaftlichen Wert dieser nachhaltigen Politik zu schätzen wissen, offen ist nur, wie die Partei das innerlich überlebt. Sie hat mit ihren beiden Spitzenkandidaten zwei Köpfe in den Verhandlungen, die offen für Jamaika sind und zu den Realos gehören.

Flüchtlinge waren ein Thema und waren kein Thema in diesem Wahlkampf. Der AfD machte sie dazu und streute Angst in der Tradition der NSDAP, die genau damit auch erfolgreich wurde. Vor allem bei konservativen Wählern und Nichtwählern, die eher sonst der SPD zuneigen, verfing diese Politik der Polarisierung.

Bedenken wir, wieviele Menschen unkontrolliert ins Land kamen, ist die Veränderung bei der Kriminalität nahezu vernachlässigenswert, auch wenn der AfD noch so laut schreit. Schauen wir, mal abgesehen vom wie immer Berliner Chaos, wie gut die Integration klappt, kann Merkel mit ihrem “Wir schaffen das” eigentlich nur mit Beifall und Stolz zugestimmt werden. Es ist nicht alles gut, aber die Lage, die eskaliert war, ist relativ unter Kontrolle, Deutschland hat eine neue Vorbildfunktion in Europa errungen und das nicht nur als Mahner für schwäbische Haushaltspolitik, sondern als Vorkämpferin der Menschenrechte, was diesem Land angesichts seiner Geschichte gut steht.

Dies hätte sich in deutlich mehr Stimmen für Angela Merkel niederschlagen können und sollen, wenn gute Politik belohnt werden soll, tat es aber nicht, weil die Kanzlerin keine Blenderin ist, sondern ruhig ihren Job erledigt, nichts aufregendes zu bieten hat auf den ersten Blick, einfach gute Arbeit zuverlässig leistet. Schade ist nur, dass die Mutti der Nation nicht genug Gespür für eine Stimmung der Angst hatte, die von Russland finanziert angeheizt wurde, ihr ruhiges Regieren zu stören.

Fraglich nur ist, was sie hätte tun können, um dies zu verhindern oder zu ändern, während sich SPD Granden nebenbei von Putin hofieren lassen, der auch AfD und Linke finanziell unterstützt, der Demokratie im Land damit bewusst schadet. Es wird viel in der Zukunft an der Politik mit Russland liegen und inwieweit einer ihrer Koalitionspartner dort einen Weg der Annäherung nach Europa gegen alles Geschrei vom Kalten Krieg wieder eröffnet. Mit einem unberechenbaren Trump in Washington braucht Europa auch mehr Stabilität im Osten, eine Partnerschaft statt eines Kampfes, den keiner gewinnen kann.

Die Grünen Freunde der Ukraine, die auch dortige Faschisten großzügig  pragmatisch zu übersehen lernten, werden sich dem sicher zunächst entgegenstellen, die Liberalen haben mit vollem Risiko das Gegenteil schon vorher klargemacht und das wird in eine konstruktive Richtung weisen können, die auch der Linken und dem AfD bald den Hahn zudreht und diese fragwürdigen braunen Kohorten wieder in die Minderheit schickt, in die sie gehören. Auch die ominöse Tätigkeit russischer Hacker im Netz wird dann bald wieder enden oder weniger werden.

Es ist gut, wenn sie SPD und Linke nun in der Opposition finden und einigen, damit entscheidet die SPD selbst, ob sie eine Zukunft in der Regierung hat oder ewig nörgelnde Opposition und nur Stimme der Verlierer bleibt, die bei einer erfolgreichen auch liberalen Politik immer weniger werden sollten.

Es gehört auch zu unserer Zeit, dass traditionelle Bindungen nachlassen, es mehr Wechselwähler gibt oder solche, die taktisch wählen. Wir kommen in eine neue Situation, die unsere Demokratie nicht gewohnt ist. Es werden sich die radikalen Stimmen am Rand, also AfD und Linke jagen, wozu die Spitzen beider Seiten auch schon aufriefen. Wünsche ihnen ein fröhliches Halali dabei und hoffe der Rest kann nebenbei zum demokratischen Diskurs zurückfinden.

Die AfD Wähler werden nicht für die Demokratie zurück gewonnen, indem wir sie als braune Faschisten lautstark beschimpfen oder Randale gegen sie veranstalten, im Gegenteil, all dies fördert nur die Unsicherheit und Angst, stärkt sie nur, die ihre kommunikative Unfähigkeit bald von alleine beweisen werden und dazu braucht es keine Diskriminierung ihrer Wähler, die am besten erkennen, welchen Fehler sie machten, wenn alle möglichst ruhig und effektiv ihre Arbeit erledigen.

Frankreich hat den Front National überstanden, dieser zerlegt sich gerade selbst noch weiter nach herben Verlusten, Belgien hat den Vlaams Blok, Österreich die FPÖ, in Großbritannien haben sich die Radikalen gerade wieder geschrumpft - auch diese Stimmen gibt es, sie drücken eine Angst und Unzufriedenheit aus, der sich die Politik nun konstruktiv annehmen muss, damit der Wahlspruch der CDU, vom Land in dem wir gut und gerne leben, auch wieder für eine Mehrheit der Konservativen stimmt.

So gesehen ist das Ergebnis nicht so schlecht. Eine vermutlich Jamaika Koalition überlässt Merkel den Raum rechts, auch wenn die FDP dort fischen will, wird ihr dreitagebärtiger Spitzenkandidat als designierter Außenminister wenig am rechten Rand bewegen können, dafür aber hoffentlich wieder das traditionell liberale Image als derjenigen stärken, die für Freiheit einstehen, wenn er nicht den Fehler macht, Schäuble verdrängen oder nachfolgen zu wollen oder Gabriels Superwirtschaftsministerium, das immer farblos blieb außer der Proteste der eigenen Linken gegen Panzergeschäfte mit Saudi Arabien.

Noch ist alles offen, aber eine Kanzlerin Merkel, die zwischen Liberalen und Grünen ausgleichen muss und doch als konservative Kraft wieder da steht, könnte besser sein als mit der vorlauten aber immer häufiger peinlichen SPD, die sich auf ihre Kosten ständig profilieren musste in diesem Männerverein mit Frauen zur Dekoration. Die Grünen können für Ideen kämpfen, die ohnehin kommen, wie die Elektromobilität und nachhaltige Energieerzeugung, was wieder für eine Spitzenposition dabei in der Weltwirtschaft sorgen könnte, die mehr Zukunft hat als die vereinsmeierische Kohlesubvention der Sozen.

So gesehen, ist dies Wahlergebnis nicht toll und erfordert viel Arbeit und Verhandlungen danach, aber ich denke, es wird dem Land gut tun. Als erstes muss viel Geld auch in die  politische Aufklärung durch die Bundeszentrale im Osten investiert werden, da nur Aufklärung eine Perspektive nun noch hat. Erst wenn die Menschen selbst beginnen, kritisch zu denken, statt von Moskau finanzierte und vorgebetete Psalmen der Verschwörung nachzubellen, wird sich im Denken dort etwas ändern. Es leben dort Menschen, die aus einem Land kommen, in dem von 1933 bis 1989 keine Demokratie herrschte. Da braucht es viel Arbeit, gute Nerven und Zeit, noch etwas zu ändern.

Der Afd sitzt im Bundestag, darum ist weitere Dämonisierung erstmal müßig. Nun müssen sie zeigen, was in ihnen steckt. Können sich in der Führung weiter öffentlich zerstreiten, die Menschen mit Tabubrüchen nerven, die zu einer weiteren Polarisierung gegenüber links führen, wo sich dann Sozen und Linke als Antifaschisten zum wechselseitigen Untergang solidarisieren werden, wenn nicht endlich wieder einer aus der Mitte bei der SPD stark wird. Doch ist die Vermutung größer, dass sie  sich nun um Sigmar scharen und nichts ändern, sondern lieber den Buhmann beschimpfen, den genau diese Rolle nur stärker macht.

Also abgesehen von der vermutlich eher nervigen und fruchtlosen Opposition sind aber die Aussichten für eine Regierung der Mitte relativ gut und es werden dabei wohl die Interessen eines großen Teiles der Bevölkerung berücksichtigt und es könnte stabiler durch die Krise führen als es bei solch unsicheren Kandidaten wie Schulz jemals aussah.

Die Situation ist, wie sie ist und es gibt verschiedene Mehrheiten in der demokratischen Mitte, schade ist, dass eine vorbildlich arbeitende Kanzlerin für ihre zuverlässige Arbeit nicht belohnt wurde, sondern als erste Beamtin des Staates, die null Neigung zum Populismus hat, sondern lieber ruhig ihre Pflicht preußisch korrekt erledigt, für einen grauenvollen Wahlkampf der SPD ohne glaubwürdigen Kandidaten bestraft wurde. Das hat sie nicht so verdient, so sehr ich sie früher auch kritisierte, wirkte kein CDU Kanzler bisher besser und nachhaltig konstruktiver für unser Land als Merkel - vielleicht kann sie es in der neuen Rolle nun den Menschen wieder besser beweisen und ihrem Vorbild Katharina der großen Aufklärerin weiter nacheifern, denn der Osten braucht dringend Aufklärung - zerrissen zwischen den Feinden der Demokratie an den radikalen Rändern, die normale und zuverlässig gute politische Arbeit, nicht zu würdigen wissen.

Im Vertrauen auf Merkels ruhige Hand, sehe ich der Zukunft auch nach dieser Wahl gelassen entgegen. Mag der AfD sie jagen wollen, wird sie es abprallen lassen und diese nur sich selbst offenbaren - wenn die russischen Propagandasender das Programm und die Richtung ändern, wird sich manches Problem von alleine erledigen. Es gibt viele Baustellen aber es geht nun ruhig weiter in die Zukunft und gute Demokraten werden den AfD lieber sich selbst erledigen lassen, als ihn nun niederzubrüllen. Aufklärung braucht Zeit, Ruhe und Geduld, kein Geschrei, davon hat die Mehrheit nun ohnehin genug. Von denen, die gewählt haben, wählten 80% Parteien der Mitte, die paar Radikalen am linken und rechten Rand wird eine gestandene Demokratie wie die Bundesrepublik schon gut wegstecken können. Regen wir uns weniger auf, schauen wir lieber, wie sie ihre Arbeit erledigen.

jens tuengerthal 24.9.2017

HiHa 058

Aufklärungsbarock

Kleider oder Geist
Was bestimmt die Epochen
Vernunft und Gefühl

Aufklärung begann
Mitten im Barock blühte
Im Rokoko auf

Der Renaissance Geist
In Freiheit wieder geweckt
Sucht neue Wege

Manche dachten weit
Über ihre Zeit hinaus
Formten die Zukunft

Habe Mut schrieb uns Kant
Hat es im Kern begriffen
Denken braucht Freiheit

Moral besser ohne
Götter mit Verantwortung
Um menschlich zu sein

Aufklärung hat erst
Götter Herrschaft wieder
Beendet endlich

Mensch im Mittelpunkt
Freiheit als die Erfüllung
Unseres Strebens

jens tuengerthal 24.9.2017