Montag, 29. September 2014

Sex in Berlin XIV

In den Berliner Nächten treffen sich die Menschen in Clubs und Kellern, in Teils noch völlig verrauchter Atmosphäre, um sich zu entdecken. Dabei ist die Beleuchtung meistens eher mäßig, was denen zugute kommt, die im grellen Licht der Natur lieber nachhelfen, als ihr ihren Lauf zu lassen, wie sie eben ist. Insofern es teilweise eher unüblich geworden ist, dies zu tun, erfreuen sich die Betroffenen am schummrigen Kerzenlicht und manche, die bei Tage eher übersehen worden wären, blühen dort zu ungeahnter Größe auf. So ist mancher überrascht, bei Licht besehen, wohin er dort sein Herz fallen ließ oder zumindest, was die Lust aufflammen ließ.

Vermutlich ist diese Beleuchtung der Grund für viel schnelle Begegnungen mit manchmal überraschend schönem Ende, die uns im Alltag unsere Oberflächlichkeit verwehrt hätte und so fragt sich, ob wir nicht vielfach glücklicher wären, wo wir schlechter sähen, statt genau zu wissen, was uns erwartet oder uns nahe kommt, da es uns sonst womöglich nie nahe käme.

Frage mich also, wieviel Lust entsteht erst aus der Illusion und wieviel Realität braucht unser Glück um wirklich als ein solches empfunden zu werden und weiß, von den sich verschobenen Realitäten verwirrt, kaum eine Antwort. Manches mal schon von Bildern getäuscht, in der Realität enttäuscht aufgewacht, die dann doch weniger attraktiv schien, als die Verführung des ersten Anblicks nahe legte. Dafür um so viel häufiger angenehm im Dunkeln der verrauchten Keller überrascht, längst im Zustand jenseits aller Ansprüche, aus der einfach Begegnung glücklich und das Herz der Täuschung zum Trotz hinterher verloren.

Wie real ist dann dieses Gefühl, das auf nur halbsichtbaren Ideen beruht, die wir nahezu trunken schon, kaum richtig wahrnehmen und die uns doch oft mehr ergreifen, als es die Träume tun, die ganz realistisch wahr werden, wie wir sie uns vorgestellt haben?

Denke an die großen Gefühle und die mit ihnen verbundene Lust, denn der Sex ohne Gefühl ist doch immer eher nur eine sportliche Übung ohne bleibenden Wert. Ohne ihn darum schlecht zu achten, stellt er doch immer nur eine halbe Sache dar, wie der weiß, der die gemeinsame Erfüllung mit viel Gefühl schon erlebte und die ewige Sehnsucht danach, die wir gern mit dem Wort ankommen verbinden.

Das Besondere ist es, weil es selten ist und nur sporadisch auftaucht und wir uns voller Gefühl danach sehnen, dass wir schnell fast die bloße Lust mit dem Gefühl verwechseln, das uns dabei leitet. Manche genießen dies gerade darum nur sporadisch und leben sonst zumindest mit anderen eher enthaltsam, andere gönnen sich zwischendurch die sportliche Abwechslung, um nicht aus der Übung zu kommen, sind aber im übrigen eher noch auf ihr Ziel konzentriert, einige im Dschungel der Großstadt verlieren sich an die überall Lust und Schönheit und trennen die Lust vom Gefühl, agieren wechselnd sportlich und träumen nur manchmal insgeheim von der großen Liebe, die sie aber realistisch für unwahrscheinlich halten und darum eher nicht erwarten. Wie zu erwarten, schließt allein schon diese Haltung den Eintritt des für unwahrscheinlich gehaltenen Verliebens mit bodenständigen Realismus meist aus. Sie leben recht vernügt und erwarten nicht viel vom anderen als das gegenseitige Vergnügen, für das sie für sich schon zu sorgen wissen. Zu geben haben sie nicht viel, aber lustig ist es mit ihnen auf jeden Fall immer wieder, mehr sollte keiner erwarten.

Der Autor selbst neigt dazu, zu keiner der Gruppen zu gehören, sondern verliert sich lieber n das Gefühl in der Illusion, es müsste doch die Richtige sein. Die zu erwartenden regelmäßgen Enttäuschungen, werden meist durch schnellen Perspektivwechsel ausgeglichen, da die Beschäftigung mit verlorenen Lieben selten die Lust im Leben steigert, die der Epikuräer doch eigentlich sucht, werden sie nach Möglichkeit durch den schnellen Blickwechsel wieder ersetzt.

Dennoch den Traum von der einen wach zu halten, gibt den gefühlvollen Versuchen zumindest eine Perspektive, da mit jedem weiteren, der sich nicht erfüllt, wie es eben häufiger vorkommt, die eine zu ven vielen wird und dennoch mit der Erinnerung an die Idee des großen Gefühls dort ihren Platz findet. Dennoch bleibt diese Art zu leben relativ viel energieaufwändiger als die kühle Sammlung, die Gefühl und Lust trennt und selten bleibt dann Luft für mehr.

Fraglich, ob sich dies in der Praxis bewehrt hat oder doch eher die seltene Ausnahme bleibt und zugegeben lebt sich der Beleuchtung zum Trotz immer wieder schwer damit, doch bleibt die Hoffnung, es könnte der größere Genuß sein in dem kurzen Leben, das wir nur haben, lieber mit den ganz großen Gefühlen zu leben. Allerdings fragt sich wohl, ob dieses Leben mit immer wieder Wellenbewegungen, weil die große Liebe eben unerreichbar bleibt, nicht unnötig aufregend ist und die Enthaltsamkeit als solche oder die lieber Leichtlebigkeit das Leben nicht schöner macht, als die große Illusion.

Geben wir uns also lieber nicht der Illusion zu sehr hin, sie könnte das Leben nebenbei rauben, auch wenn gerne gesagt wird, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, fragt sich der Betroffene schon, was vom Leben neben der Sehnsucht übrig bleibt jenseits der Beleuchtung und beginnt das neue Lebensjahr wie immer schreibend für sich und voller Sehnsucht, ist also so lange sie da ist, zumindest bewusst lebendig, wenn auch immer wieder leidend, scheinen die Momente der Hoffnung und des Glücks groß genug, dies noch eine Weile auszuprobieren, vor allem da die andere Variante immer unattraktiv bleibt und wer weiß, vielleicht zeigt sich ja die eine doch unerwartet und dann hat es sich bei jeder Beleuchtung betrachtet doch gelohnt.
jt 29.9.14

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