Sex beginnt auch in Berlin mehr im Kopf,als dort wo wir meinen ihn als erstes zu spüren, denn, wenn er dort ankommt, ist es meistens schon zu spät, haben Sehnsucht und Hormone im Hirn längst die ihnen logische Entscheidung getroffen, die uns wie ein Blitzschlag zu treffen scheint, wo wir die Ursachen außen vor lassen. Darum ist über Sex reden auch der sicherste Weg zu diesem zu kommen, die Erregungskoeffizienten unabhängig von mehr oder weniger geschickten Berührungen zu steigern.
Lange suchte die Menschheit nach dem Punkt oder Schlüssel, der die Lust auslöst und konzentrierte sich dabei auf diesen oder jenen Punkt und meinten dann, nach je Theorie, es müsse nur ausreichend an der Klitoris gerubbelt oder der G-Punkt massiert werden, um Frau die gewünschten unendlichen Orgasmen zu bescheren. Das kann so nicht bestätigt werden und es sind wenige Fälle bekannt, bei denen die rein mechanische Berührung genügte die Höhepunkte immer wieder zu erreichen.
Männer sind da ja von Natur aus scheinbar schlichter konstruiert, meinen sie, um es sich einfacher zu machen, aber wer jemals eine feinfühlige erfahrene Liebhaberin hatte, wird diese Theorie für so unsinnig halten wie das Geschwätz derer, die meinen, es käme nur auf den einen Punkt an, der richtig, also technisch richtig berührt, das andere von alleine erledige.
Sex ist so bunt und vielfältig wie seine Teilnehmer - sicher gibt es die Frauen, die gerubbelt werden wollen und dabei schönste Höhepunkte erreichen, oder zumindest so tun, um die Männer mit der entsprechenden Erwartungshaltung zufrieden zu stellen - wer da die Wirklichkeit von der Phantasie sauber zu scheiden weiß, ist ein Kenner weit über dem Durchschnitt der Erfahrung und auch wenn wir solches gerne mutmaßen, was wissen wir schon beim Sex, der im Kopf beginnt, wirklich?
Wo sich noch nicht Paare über Sex unterhalten ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass sie hierbei an selbigen denken und so immer mehr Lust empfinden, auch wenn sie nur darüber reden und alle Erfahrung spricht dafür, dass, was im Kopf geschieht, wesentlich wichtiger ist für alles weitere, als was die nur Geschlechtsorgane später mechanisch miteinander anstellen.
Spannend wäre nun die Frage, ob bei diesen Gedanken, die uns Lust machen das Schwergewicht der Lust überhaupt liegt und der spätere Vollzug der selbigen nur noch ein mechanischer Akt ist, dessen Wert viel zu hoch eingschätzt wird, da entscheidend für die Lust immer noch ist, wie wir uns dabei fühlen und wer wollte das Gefühl auf einen mechanischen Akt reduzieren wollen?
Die wenigen male, die ich mit Huren schlief, bis mir klar war, dass dies nicht meine Welt ist, ich dabei keine Lust empfinde und der Akt als sportlicher Vorgang eher reizlos ist da doch relativ simpel im mechanischen Ablauf und die artistischen Elemente für das dabei empfundene Glück nicht von entscheidender Bedeutung sind, wurde mir klar, Sex ist nicht gut und interessant, wie wir uns ineinander reiben, sondern warum wir es wollen und zulassen, als großes Glück empfinden.
Dazu gehört auch das Gegenteil, warum die sexuelle Belästigung und die Überschreitung der Grenzen eine so schlimme persönliche Verletzung darstellt, liegt daran, dass wir uns bei der Hingabe je hergeben füreinander und dazu gehört eben, das sich wollen, was uns völlig verwirrt, wo es daran fehlt. Diese Verletzung ist daher eine der schlimmsten, weil sie das, was wir gern schenken wollen und nimmt und damit, was ein Glück natürlich ist, zur unglücklichen Erniedrigung für die Beteiligten macht, denn der mechanische Vorgang ist bei einer Vergewaltigung, sofern es um die Befriedigung des einen im anderen geht nicht so viel anders, als beim gewollten Sex, vermutlich sind die wechselseitigen Bewegungen beim freiwilligen Sex sogar oft heftiger als beim erzwungenen Sex, wo nur eine Seite nötigt, doch ist das Gefühl, was der ungewollte Zwang hervorruft, ein völlig anderes als der freiwillige Sex uns bietet und macht auch bei möglicherweise nicht unähnlichen mechanischen Bewegungen das ganze zu einem Akt der Zerstörung und Beleidigung, wie es schmerzvoller kaum empfunden werden kann infolge des Ausgelierfertseins.
Aus der negativen Abgrenzung lässt sich also leicht begründen, warum es beim Sex entscheidend eigentlich auf das Gefühl ankommt und die kurz davor Reduktion auf die rein mechanische Bewegung ein historischer Irrtum ist, wofür positiv auch spricht, dass die intensivsten Erfahrungen der Lust jene sind, in denen jede Bewegung aufhört, sich in Ruhe gemeinsam zum Höhepunkt gefühlt wird, nahezu ohne Bewegung, denn die heißen Ritte sind es nicht, die in Erinnerung auf Dauer bleiben, sondern die Momente der Langsamkeit, in denen aus nichts alles wird.
Würden wir den Sex auf den mechanischen Vorgang reduziert betrachten, langweilten wir uns vermutlich schnell damit, ist dieser doch relativ ähnlich, auch wenn sich der Geruch und Geschmack des je Partners dabei immer unterscheiden, lohnte das Gehoppel nicht des Aufwandes, den wir darum teilweise betreiben, von der Schönheits-OP, über die Reizwäsche bis zum pornografischen Spielzeug, was immer nur bemüht ist die Illusion zu verbreiten, es ginge dabei um mehr, als die je Reibung ineinander, die aber als solche eigentlich langweilig ist und bei der anstatt der Handbetrieb schneller zum Erfolg führte.
Hier werden die Vertreter der Paartheorie beim Sex sicher vertreten keine Onanie der Welt könne je den gemeinsamen Höhepunkt ersetzen, was richtig ist, geht vom Gefühl her nichts drüber und alles sonst wirkt wie ein müder Abklatsch, der eben nicht richtig kommt. Dabei ist es nicht das mechanische Gefühl der je Kontraktion der Beckenboden oder sonstigen Muskulatur im gegenseitig genau gleichen Moment, auch nicht das selig synchrone Stöhnen, sondern ein sich warm ausbreitendes Gefühl der sich gegenseitig geschenkten Erfüllung, die tief befriedigt.
Sex ist also am schönsten, wenn wir gleichzeitig kommen, auf welchen Weg wo auch immer, scheint es uns und das weniger weil dabei gleichzeitig die beteiligte Muskulatur erschlafft und damit nicht eine Seite sich nur frustriert in oder mit schlaffem Überbleibsel befriedigt, sondern beide noch voller Spannung gemeinsam diesen Punkt erreichen und sich danach befriedigt dem Glück gekommen zu sein hingeben. Was nun für mechanische Gründe der Schönheit dieses Ereignisses spricht, dann wäre es aber ebenso schön, wenn einer zu früh kommt, weil für ihn alles gut war und die Befriedigung so eine vollständige war, sehen wir davon ab, dass die dann folgende Befriedigung des übrig gebliebenen oder noch bedürftigen Partners eine Anstrengung sein könnte, die uns die ganze schöne Befriedigung rauben könnte, da wir das natürlich gern tun müssen, weil es ja um Gefühl füreinander geht.
Wie wir uns dem Thema auch nähern, zeigt sich der Vorgang an sich, ist wo gut ausgeübt schon wichtig, am besten um gleichzeitig zu kommen, um Spannung und Erschöpfung synchron zu genießen, nicht diametral dem eigenen Gefühl entgegengesetztes spielen zu müssen, um auch den anderen zu versorgen. Aber letztlich zählt nur das Gefühl dabei, denn Sex fängt im Kopf an und so ist es auch immer wieder Abenteuer, sich in ein Café zu setzen oder in einen Club zu gehen und nur zu beobachten, was aus dem Gespräch über Sex wird und wie es die Menschen verändert und dabei sind wir an einem interessanten Punkt des Zusammenspiels von Gefühl und Körper, denn scheinbar wirkt sich das Reden über Sex immer wieder schnell auf die Geschlechtsorgane aus und öffnet oder erhebt diese geradezu, erregt oft nachhaltiger als viele Berührungen.
In jungen Jahren, während der ersten Erfahrung mit dem Sex und seinen Spielarten, suchen wir oft, ich jedenfalls tat es, nach dem entscheidenden Punkt auf den es ankommt, um zum Erfolg zu kommen - dann hören wir auf, darüber nachzudenken, machen einfach nur noch, weil wir nebenbei den Kopf mit vielen anderen Dingen voll haben und irgendwann kommt der Punkt, bei manchen jedenfalls, an dem wir merken, wir haben keine Ahnung, weder worauf es ankommt, noch welches der entscheidende Punkt immer ist, der berührt werden muss, weniger noch, woraus sich Gefühle zusammensetzen und was sie ausmacht, wir haben nur irgendwann die Ruhe der Erfahrung, dass sich die Natur, wenn es passt von alleine ihren Weg sucht und es dann, passt es, immer irgendwie geht, aber es dabei auf eine Summe von Dingen dabei ankommt, die zu vielem außerhalb unserer Wahrnehmung und unseres Einflusses liegen, warum es müßig ist, darüber nachzufdenken, oder Theorien dazu zu entwickeln, wie es optimal sein könnte - es passt, dann läuft es von alleine, oder es passt eben nicht, dann passiert eben nicht viel und ist aber auch keiner Aufregung wert.
Wie wir es aber auch drehen und wenden, Sex beginnt im Kopf und er endet auch da, auch wenn wir meinen er reduziere uns im Akt auf unsere Geschlechtsorgane, er hängt immer im Kopf fest, im Scheitern wie im Glücken, warum wir uns weniger Gedanken über das warum nicht machen sollten, als lieber mehr und gelassen uns zu überlegen, wie nun und was besonders schön wäre - schnell reduzierten sich die atavistischen Gelüste auf ein weniges und wir konzentrierten uns lieber auf die Lust der Gedanken, die der eigentliche Höhepunkt in allem sind und so bleibt am Ende zu hoffen, dass auch dies aus praktischer Beobachtung in den Berliner Cafés teilweise entstandene Stück seinen Teil dazu beiträgt, mehr zu genießen, was ist, es wird nicht mehr, aber sich daran freuen, ist wichtiger, als jede Theorie belegen kann - lasst den Sex auch im Kopf leben und tut es elegant, wenn ihr die Finger benutzt, es macht alles wertvoller und so sind die nicht materiellen Gedanken die größtmögliche Wertschöpfung beim Sex, was mehr können wir wollen?
jt 27.9.14
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