Die meisten Berliner haben schöne Wohnungen, viele sogar sehr nette, inzwischen wohl sanierte Altbauwohnungen, in denen sie sich in Ruhe vergnügen können und dies teilweise wohl auch unbeobachtet tun, glauben wir den Erzählungen, bei denen zwar in Berlin sicher gewisse Zweifel immer angebracht sind.
Dennoch findet sich gerade in den lauen Nächten des Sommers oder auch noch im wie jetzt warmen Spätsommer in den Parks zur Liebe zusammen. Es fragt sich da der Beobachter des nächtlichen Treibens bei seiner Runde um den Platz in dessen Park die Liebenden zugange sind, ob diese dort eher keine Wohnung haben oder ihre Wohnung sich aus ungeklärten Umständen für diese Lust nicht eignet - seien es die hellhörigen Nachbarn, die besser schlafenden Kinder, die dort Gattin oder der Gatte und der anderen Umstände mehr - oder die Wahl bewusst getroffen wird, weil die Lust unter dem freien Himmel über Berlin eine noch viel größere ist,
Nur leicht getarnt knutschen sie auf den Bänken und sitzen einander auf dem Schoß mehr oder weniger optimal dafür gekleidet. Ob die Nutzung von Trainingshosen in einem bestimmten Teil der Bevölkerung deshalb Rückschlüsse auf ihr Paarungsverhalten zulässt, ist, meines Wissens, noch nicht Gegenstand einer aussagekräftigen Untersuchung gewesen. Im hiesigen Kiez tragen dabei auffällig viele Damen Röcke, die fraglos gut geeignet sind, um Zugang zu den Regionen zu bieten, die hier wohl im Mittelpunkt stehen, wie teilweise auch zur Tarnung des Vorgangs an sich, zumindest wo die Röcke weit genug sind. Dagegen sind Träger von Trainingshosen hier auch nächtich seltener zu beobachten und wenn dann eher allein beim Spaziergang mit ihrem treuen vierbeinigen Gefährten, wenn sie mehr oder weniger ignorant an den wohl weniger treuen hier Aktiven vorüber ziehen.
Der Lärmpegel aus den Cafés um den Platz wie die immer Lautstärke der Trinker in der Mitte des Platzes verpflichtet die aktiven Paare nicht zu besonderer Schweigsamkeit, ihre Äußerungen des Wohlgefallens gehen nahezu im sonstigen Lärm unter. Als hallte noch das Echo des Tages im Ort fort, erfreuen sich die Bänke auf dem hier Spielplatz besonderer Beliebtheit. Ob dies allerdings doch eher daran liegt, dass diese schwerer einsichtig oft zwischen Büschen stehen und die dortige Pumpe zum unauffälligen Händewaschen sich eignet, ist auch noch nicht genauer erforscht worden. Geringe Erfahrungswerte sprechen nicht dagegen, widerlegen aber auch nicht die Theorie des Echos des Tages und so scheint es ja auch naheliegend den Ort des Vergnügens der Kinder am Tag des Nachts dazu zu nutzen, sich dem Vergnügen hinzugeben, mit dem sonst auch Kinder gemacht werden könnten, wobei nicht davon auszugehen, dass die Mehrheit genau das hier beabsichtigt. Allerdings scheint es sehr wohl möglich, dass in Anbetracht der hohen Geburtenrate der zentralen hiesigen Kieze, ein Zusammenhang besteht.
Bis auf ein leichtes Kichern lassen sich die dabei aktiven Teilnehmer der nächtlichen Liebe auch nicht weiter von zufälligen Passanten stören - wo kämen wir da auch hin, sie waren ja zuerst da und was geht es die überhaupt an. Die oben beschriebene Kleiderwahl der Damen lässt den Fortschritt der Annäherung für den Flaneur, der nur dezent schauend vorbei geht, nicht sicher erkennen. Dies ist bei den Männern, soweit sie sich beim Akt Bewegungsfreiheit verschaffen wollen, wesentlich leichter, da dann die Hose bis über die Knie herunter gelassen über den Füßen sich am Unterschenkel staut. Bei den Damen kann ein Slip oder das wenige, was ein solcher benötigt, am Fuß hängend, darauf hindeuten, dass es sich nicht nur um vorsichtige erste Küsse handelt.
Dabei scheinen die Damen jedoch ein höheres Bedürfnis nach Unauffälligkeit zu haben, selten lassen sie ihre Unterwäsche einfach hängen und setzen sie so der Gefahr aus mit dem hier Sand in Kontakt zu kommen. Zumindest bei den Erfahrenen wird es so sein, da ansonsten eine unnötige Beanspruchung, der danach ohnehin bereits mehr als gereizten Mitte durch ungewollte weitere Reibung entstehen könnte und wer weiß, was sich in diesem Sand noch so alles findet. Jedenfalls findet sich selten eine Frau, die ihre Freiheit im unteren Bereich so klar mit verbliebener Unterhose am Knöchel signalisiert, wie sich dies in heimischen Wohnungen wohl findet, wenn sich Paare so wie hier offensichtlich der Lust hingeben, die sie gerade überkam.
Die meisten derer, die an diesem nächtlichen Lustspiel teilnehmen, tun dies auf den genügend Bänken, manche jedoch, dahingestellt ob besonders verwegen oder doch eher dezent auf bessere Tarnung bedacht, schlagen sich in die hier Büsche und ich will für sie hoffen, dass sich die hier tagsüber aktiven vielen Käfer nicht in ihrer sonst Nachtruhe stören lassen, da es sonst womöglich schwer würde, das zärtliche einander Krabbeln vom viehischen Krabbeln der ungefragten Teilnehmer noch zu unterscheiden. Dennoch scheint die Sehnsucht mancher groß genug, wenn nun gerade alle geeigneten Bänke besetzt sind oder weil sie meinen sich so besser zurückziehen zu können, dass sie sich freiwillig in die Büsche schlagen und dort zu bleiben, bis ihr Treiben das erwartbare Ende findet, oder sie unerwartet anderes hinaustreibt. Bei beiden Gruppen zeigt sich aber dasselbe Jucken und Schütteln danach, mit dem sie sich von allem sonst dort kriechenden zu befreien versuchen, dahingestellt, ob dabei erfolgreich.
Auffällig ist, dass ein großer Teil der hier Nachtaktiven sich wohl sehr bewusst ist, dass dies tagsüber ein Spielplatz ist, warum die meist genutzten Kondome nicht noch zusätzlich auf die bereits mit den Lattebechern der Muttis bis zum Rand gefüllten Mülleimer gestopft wird, sondern die meisten dies kleine Überbleibsel mit sich nehmen, bis zum anderen Ende des Platzes um es dort zu entsorgen. Auch hier ist wohl noch keine statistische Untersuchung der Mülleimerinhalte erfolgt, aus der sich auf die je Aktivitäten und ihren persönlichen Erfolg schließen ließe. Eine solche würde vermutlich vielfältig interessante Ergebnisse zeitigen.
Die höchste Aktivität in diesem Bereich scheint zwischen 1h und 2h zu liegen. Ob danach noch eher Clubs oder Bars aufgesucht werden, getrennt zum je Zuhause gegangen oder geradelt wird, ist nur teilweise bekannt. Wobei spannend wäre, welche Bars und Clubs die höchste Frequenz an Platzbesuchern haben und welche die geringste. Hier liegen dem Anwohner gewisse Vermutungen nahe aber ohne irgendwie verifizierbare Aussagen machen zu können, enthält sich der nächtliche Flaneur da jeden Urteils, da es bei diesen Fragen doch sehr große persönliche Unterschiede gibt und wir daher davon ausgehen können, dass jede generelle Aussage sich immer wieder in der Praxis widerlegen ließe.
So wird sich also um den nächtlichen Platz viel geliebt, besonders auf ihm und lustigerweise meiden die hier regelmäßig flanierenden und kontrollierenden Polizisten die dunkleren Gänge völlig, als gäbe es ein geheimes Einverständnis zwischen Innenministerium und dem für Familie, da sich ansonsten Berliner Ordnungshüter selten davon abhalten lassen genau dort aufzutauchen, wo sie stören. Auch die in Aussicht stehenden Gebühren wegen der begangenen Ordnungswidrigkeiten scheinen nicht verlockend genug zu sein, die Peinlichkeit der Störung freiwillig in kauf zu nehmen. Das Treiben geht also ungestört weiter, solange es die Witterung erlaubt und es fragt sie mancher wohl bei wievielen der im nächsten Sommer wieder um den Platz geschobenen Wagen der gute Professor Helmholtz wohl Pate stünde, könnten dazu präzise Aussagen gemacht werden.
Doch, wie immer in Fragen der Liebe und der Lust bleibt viel im Ungewissen, in dem wir das hiesige Treiben nun auch belasen, damit sich in Ruhe findet, wer sich sucht und den offensichtlich dazu gut geeigneten Ort genießt. Sicher ist nichts, aber wenig scheint die hier daran zu hindern, wieder zu kommen und so geht es weiter bis der Herbst in den Winter übergeht und es die Menschen entweder seltener tun, wogegen alle Erfahrung spricht, oder doch dazu zumindest eine Wohnung aufsuchen, die gut überdacht manches entspannter genießen lässt, aber eben seltener direkt unter dem Himmel über Berlin.
jt 19.9.14
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