Montag, 18. Juli 2016

Kulturgeschichten 0293

Klosterleben

Heißt klösterliches Leben Entsagung
Soll durch Abstand vom weltlichen Leben
Das wahre Glück im geistigen sich finden
Geht es um mehr oder weniger dabei

Bekannt sind Klöster als gute Wirte
Als Brauer wie als Bibliothekare längst
Gutes deftiges Essen schätzen viele
Die einmal ein Kloster besuchten

Die Mönche entsagen manchmal dem
Weltlichen Besitz und leben asketisch
Ihre Regel stammt von Benedikt dann
Der sie um 529 schon verfasste

Zumindest die Benediktiner und ihre
Kinder wie Zisterzienser und Trapisten
Halten sich bis heute an diese Regeln
Zur Ordnung ihres klösterlichen Lebens

Ora et labora dies bete und arbeite und lies
Gilt als Ausdruck dieser Regel auch wenn
Es überhaupt nicht in ihr steht drückt es
Doch den Geist klösterlichen Lebens aus

So sang einst Rilke als Dichter im Buch
Vom mönchischen Leben nach dem er sein
Leben in wachsenden Ringen lebte die wohl
Nicht vollendet aber versucht werden sollen

Rainer Maria der elegische kreiste auch um
Gott den uralten Turm jahrtausendelang ohne
Zu wissen ob er ein Falke ein Sturm oder doch
Ein großer Gesang wäre fraglich ob nur er ist

So beschäftigt klösterliches Leben schon die
Menschheit seit einer auf die Idee kam sich
Zurück zu ziehen vom ständigen Trubel wie
Der Hetze der Zeit die schon immer beklagt

Es ist heute wieder in Mode gekommen auch
Damit letzte Kloster sich finanzieren können
Den Rückzug zur Mode zu machen wie eine
Opposition gegen den hektischen Zeitgeist

Zumindest für ein Wochenende oder doch
Einige Wochen ziehen sich dann gestresste
Manager vom Alltag hinter Klostermauern
Zurück zur Stärkung ihres sozialen Profils

Wer meint Klöster seien notwendig solche
Die der christlichen Sekte zugehören weil
Diese ältere Traditionen wie so vieles im
Besetzten Land als eigene okkupierte irrt

Der Garten des Epikur ist ein Beispiel
Für den Rückzug im kleineren Kreis
Der Konzentration wie Reduktion dienen
Soll bei der Suche nach geistigem Glück

Wer liest was Epikur über Brot Käse und Wasser
Im Kreis von Freunden als Gipfel des Glücks
Vor 2500 Jahren schrieb merkt wohl auch
Die Entdeckung der Langsamkeit ist älter

Slow Food ist Mode und eigentlich ethisch gut
Sehen wir davon ab dass jede Massenbewegung
Eigentlich schlecht ist weil sie nur in eben Masse
Hinterherläuft statt selbständig zu denken

Vielleicht ist die Reduktion im Kloster darum kein
Weniger sondern ein Mehr an Freiheit auch wenn
Der autoritäre christliche Rahmen im Aberglauben
Die klare Idee etwas albern unvernünftig belastet

Lebe seit Jahren im Kloster inmitten der Stadt
Habe mich vom Leben zurückgezogen auch
Wenn gelegentlich noch Damen in der Klause
Im Bücherturm empfangen wurden natürlich

Vielleicht ist Reduktion und Übermaß ein Teil
Der menschlichen Natur und jeder sucht sich
Sein Kloster ob im Kleingarten der Bibliothek
Oder dem Park vor der Tür als Ruhepol

So benutzen wir unsere Klöster als Ziele
Der Rekonvaleszenz um sich zu erholen
Für das hektische Leben im sonst Alltag
Und denken dabei gern an nichts

Manche befreien sich im Nichts warum
Viele Cluburlaube oder Mallorca lieben
Andere finden durch Ablenkung mehr
Zu sich wenig leben noch klösterlich

Braucht es Götter für die Klöster heute
Oder genügt die Idee der Konzentration
Bei zugleich Reduktion als Erholung
Dann wäre Epikurs Garten ein Kloster

Sich Zeit nehmen und die Langsamkeit
Wieder entdecken wäre dazu ein Gutes
Die Lektüre von Epikur und Lukrez zeigt
Dazu gut Wege im Alltag als Glück

Doch soll diese Kulturgeschichte nicht
Vom mönchischen Leben erzählen oder
Ein weiterer spiritueller Ratgeber werden
Lieber schwiege ich gänzlich statt solchem

Erinnert sei vielmehr an einen Mönch der
Vor langer Zeit obwohl als Behinderter
Vielleicht geboren zumindest lebend
Großes vollbrachte in vielen Welten

Am 18. Juli 1013 vor also über 1000 Jahren
Wurde Hermann von Reichenau geboren
Ein deutscher Mönch Schriftsteller Mathematiker
Historiker Musiker wie Astronom also ein Genie

Hermann wurde auch der Lahme genannt
Enstammte dem Geschlecht der Grafen von
Altshausen-Veringen und war Benediktiner
Im Kloster Reichenau am Bodensee

Die von Altshausen-Veringen waren eine
Alte schwäbische Dynastie und Hermann
Sohn des Grafen Wolfrat II. und der Hiltrud
Wo er geboren wurde wissen wir nicht

Auch damit bewies der große Chronist noch
Mehr seiner Größe die sich selbst zurücknimmt
Um der Sache ihren Glanz nicht mit nur eitler
Selbstbeschau zu nehmen eben bescheiden

Reichenau zählt neben St. Gallen und Fulda
Zu den bedeutendsten Klöstern der Karolinger
War zu Hermann Zeit bereits 300 Jahre alt
Seine Bibliothek wurde Weltkulturerbe

Längst säkularisiert beherbergt das alte Kloster
Heute Rathaus und Stadtverwaltung von Reichenau
Dahingestellt ob die Verwaltung auf der Insel
Wie so oft die Langsamkeit für sich entdeckte

Seiner Behinderung wegen wurde er der Lahme
Auch genannt es ist heute nicht ganz klar worum
Es sich dabei handelte doch gibt es zwei Thesen
Er litt an spinaler Muskelathropie oder an ALS

Mit sieben Jahren kam Hermann in Obhut des
Klosters vermutlich Reichenau und legte unter
Abt Benno das Mönchsgelübde ab um dann bis
Zum Tod das Kloster nicht mehr zu verlassen

Im Rahmen der üblichen klösterlichen Bildung
Entwickelte er sich zum herausragenden Kenner
Von Geschichte Musik und Astronomie zählte mit
Benno zu den bedeutendsten Gelehrten der Zeit

Beim Übertragen des bis dahin nur in Arabisch
Bekannten Wissens der Mathematik wie Astronomie
War er die führende Person seiner Zeit wie seine
Chronik Hauptquelle des Geschichte wurde

Er galt als der Universalgelehrte seiner Zeit
An dieser Größe mindert es nichts dass sich
Seine Erfindungen kaum durchsetzten weil er
Eher Wissen als Kompilator zugänglich machte

Hermann gilt in Oberschwaben als Lokalheiliger
Wurde jedoch nie formal heilig gesprochen
Vielleicht weil Wissenschaft keine Wunder birgt
Die der Aberglauben so gerne anbetet

In seinem Todesjahr wurde Heinrich IV. König
Noch neben seinem Vater der später dann
Für seinen Gang nach Canossa so berühmt
Gewordene Salier Kaiser nur zur Einordnung

König Sven Gabelart von Dänemarkt eroberte
Im Jahr seiner Geburt England legte damit den
Grundstein des anglo-skandinavischen Reichs
Während die Berber um Cordoba noch rangen

Einer der als Behinderter zu seiner Zeit noch
Kaum eine Chance im Alltag gehabt hätte
Blühte im Kloster zur Geistesgröße auf was
Bewies worauf es für gute Wege ankommt

Aufmerksam auf diesen Hermann von Reichenau
Schauen um Vorurteile abzubauen wie zu begreifen
Der Schutzraum für Geister ob Kloster oder Garten
Ist wichtiger als Geschwindigkeit oder Siege

Ein Hermann überlebte als Wissenschaftler über
1000 Jahre in der Erinnerung weil er seinen Raum
Im Schutz des Klosters fand sich nicht als Lahmer
Im Turnier mit anderen Idioten messen musste

So gibt es welche die lieber im Alltag laut fechten
Manche werden schnelle Helden mehr fallen still
Wie andere die lieber leise lesen und forschen um
Am Bild ihrer Zeit zu schreiben für morgen

Den Geist des Klosters wach halten damit sich
Diejenigen entfalten können die sonst untergehen
Schiene eine wertvollere Idee für die Zukunft
Als die Erfindung von Telefon oder Uhr

Auch ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
Um beim so schlichten Baumbild zu bleiben
Auch ich muss mein Kloster nicht verlasssen
Um über die Welt als Chronist zu schreiben

Möge jeder auf seine Art glücklich werden
Die Chronisten wie die Reisenden noch
Doch mehr Klöster oder Gärten erhielten
Mehr aus der Zeit als neue Flughäfen
jens tuengerthal 18.7.2016

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