Dienstag, 17. November 2015

Kulturgeschichten 045

Lügenerpresse

Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst
Ob Sachsen darum schon länger
Im Krieg mit sich ist bleibt unklar
Hier starben zuerst die Pariser

Wer behauptet andere lügen
Scheint im Besitz höherer Wahrheit
Deren Verbreitung ihm nicht nur
Aus kommerziellen Gründen wichtig ist

Wer bei politischer Meinung noch
Von Wahrheit spricht ist ein Ideologe
Warum wer nur von Fakten spricht
Gefährlicher ist als wer sie bewertet

Wer von Lügenpresse spricht und sich
Zum Beleg auf russische Medien beruft
Kommt aus dem Tal der Ahnungslosen
Oder ist schlichter gesagt recht einfältig

Ist nicht sagen oder nicht zeigen schon
Lügen fragt sich und wer lügt weniger
Geht es um Wahrheit oder Pflicht oder
Sind diese Spiele zu lächerlich doch

Verschwörungsgläubigkeit ist ein wohl
In Krisenzeiten hoch ansteckender Virus
Greift immer weiter um sich ohne Vernunft
Derer es dringend bedürfte für eine Lösung

Die Angst vor dem Fremden greift um sich
Verdrängt Willkommen und Neugier völlig
Lieber als Logik und Vernunft wird dann
Wilden Theorien absurder Art geglaubt

Manche sind besonders hysterisch
Lassen ihren Ängsten im Hass freien Lauf
Als sei der Skandal ein Wert an sich
Werden diese lieber gesucht als alles

In Zeiten des Umbruchs wenn wir noch
Nicht wissen wohin es geht und wie es endet
Folgen wir den Fähnchen im Wind
Als seien sie Grenzsteine unseres Seins

Das war zu Kaisers Zeiten nicht anders
Auch noch zensierte Medien skandalisierten
Weil alles was gedruckt wird Leser will
Skandale stets Neugier noch wecken

So auch der am 17.11.1906 veröffentlichte
Artikel von Maximilian Harden in der Zukunft
Der Andeutungen zu einer sexuellen Beziehung
Des Kaisers zu Fürst Eulenburg machte

Dabei ging es ihm um den Liebenberger Kreis
Von Beratern um den Kaiser die er für die
Aus seiner Sicht Mißerfolge der Außenpolitik
Als verweichlicht verantwortlich machte

Daraus wurde der Harden-Eulenburg Skandal
Der das Kaiserreich tief erschütterte sowie
Langfristig den Kurs des Kaisers änderte
Womöglich Krieg und Untergang beschleuinigte

Der Liebenberger Kreis leitet sich ab vom
Landgut des Philipp zu Eulenburg-Hertenfels
Auf dem Schloss Liebenberg stand in dessen
Wildreichen Wäldern der Kaiser gern jagte

Schon als Kind schätzte Wilhelm II. die enge
Auch emotionale Beziehung zu Eulenburg
Hielt sich gerne bei dem von ihm zum Fürst
Erhobenen zwölf Jahre älteren Grafen auf

Die reine Männerrunde wurde von einem
Auch homosexuellen Gefühl mitbestimmt
Es wurde informell auf den Kaiser wie sein
Persönliches Regiment Einfluss genommen

Es fanden dort kultivierte wie derbe Vergnügen
Einer auch jagenden Herrenrunde statt die
Das Vertrauen des Kaisers genoss ohne einen
Echten Einfluss offiziell je zu nehmen

Bereits im April 1906 hatte Harden gegen den
Kaiser unter dem Titel Wilhelm der Friedliche
Einen Artikel veröffentlicht der ihm vorwarf
Seine Ziele außenpolitisch nicht zu erreichen

Der Artikel vom November hatte den Ton noch
Deutlich verschärft nachdem Harden inzwischen
Selbst zu Gast in Liebenberg gewesen war warf er
Kuno von Moltke homosexuelle Beziehungen vor

Harden warf Eulenburg vor ein ungesunder
Spätromantiker zu sein der spiritualistische
Neigungen habe wohinter das Vorurteil  steckte
Homosexualität verweichliche die Männer

Reichskanzler Bernhard von Bülow versuchte
Als alter Freund Eulenburgs den Skandal wie
Seine Ausbreitung zunächst zu verhindern
Setzte auf ein baldiges Abflauen der Erregung

Der Kaiser erfuhr erst im Mai 1907 von den
Vorwürfen forderte eine Suspendierung der
Betroffenen und eine gerichtliche Klärung
Die erst den breiten medialen Skandal auslöste

Warum Harden diesen Skandal provozierte
Mit für ihn hohem prozessualen Risiko als
Konservativer ist bis heute strittig auch unter
Historikern die Quellen verschieden auslegen

Eine Seite meint es sei der Einfluss Bismarcks
Nach seinem Tod durch intereressierte Kreise
Die seine Politik fortgesetzt sehen wollten
Andere vermuten eine bloße Mißbilligung

Die Ablehnung teilte Harden lange mit
Friedrich von Holstein der ihn auch mit Akten
Noch zur Sache versorgte wobei unklar blieb
Ob nicht Bülow selbst der Informant war

Eulenburg der vom einfachen Diplomaten
Zum Botschafter befördert worden war
Versuchte diesen auf einen eher friedlichen
Englandfreundlichen Kurs zu bringen

Dies entsprach auch der Sicht von Victoria
Der Mutter des Kaisers und Tochter von
Queen Victoria deren liberale Haltungen
Bismarck schon entschieden ablehnte

Ihr Mann Wilhelms Vater und der 90 Tage
Kaiser der im 3-Kaiserjahr 1888 zu schnell
Am Tumor verstarb hatte dem Sohn auch
Eher misstraut als an ihn geglaubt

Bismarck selbst noch soll Harden einst
Bei einer Flasche Wein die ein Geschenk
Zur Versöhung von Wilhelm II. war vom
Liebenberger Kreis erzählt haben

Bereits 1902 erpresste Harden Eulenburg
Mit der drohenden Veröffentlichung seiner
Neigung zur Aufgabe des Postens als
Botschafter in Wien was dieser dann tat

Nachdem Eulenburg 1906 wieder auftauchte
Wiederholte Harden seine Drohung nochmal
Woraufhin sich Eulenburg in die Schweiz
Vorläufig zurückzog als Erpressungsopfer

Nach anderer Ansicht veröffentlichte Harden
Weniger um Eulenburg zu erpressen sondern
Um den Einfluss des Liebenberger Kreises
Wieder zurück zu drängen der ihm missfiel

In den Jahren 1906/7 verübten 6 Offiziere
Suizid nachdem sie erpresst wurden
Im April 1907 outete Harden Eulenburg dann
Öffentlich mit Schätzchen Kuno von Moltke

Der empörte Wilhelm II. verlangte nun eine
Liste aller der Homosexualität bezichtigten
Unter seinen Vertrauten woraufhin er von
Den dabei Militärs die Abdankung verlangte

Moltke erhob nun Verleumdungsklage
Gegen Harden während Eulenburg alle
Vorwürfe gerichtlich prüfen ließ was zur
Einstellung mangels Beweisen führte

Es kam zu 6 Strafverahren infolge bei denen
Keiner der Beschuldigten schuldig gesprochen
Das Verfahren gegen Eulenburg nach § 175
Wurde wegen schlechter Gesundheit eingestellt

Die Aktion war soweit sichtbar eine große
Propagandaaktion zur Duchsetzung der
Konservativen Ideen Hardens in der
Deutschen Außenpolitik mit Erfolg

Infolge der psychischen Belastung
Erkrankten viele Beteiligte schwer
Sie ist ein Beispiel für Vorurteile wie
Heuchelei zur Erreichung von Zielen

So wandte sich der Kaiser nun mehr
Seinen rein militärischen Beratern zu
Deren Einfluss den Untergang des
Zweiten Kaiserreiches beschleunigten

Die Affäre und ihre Hysterie trieb viele
Homosexuelle in den Untergrund womit
Sich eine stark antisemitische Clique um
Röhm Heine und Heß in der NSDAP bildete

Harden hat vermutlich nicht gelogen
Sondern nur geheime Informationen
Öffentlich gemacht unliebsame Personen
Damit politisch erfolgreich auszuschalten

Die Affäre Wulff im Hinterkopf hören wir
Zugleich die minderbemittelten Pegiden
Stets von Lügenpresse skandieren um
Ihren Rassismus zu legitimieren

Weil die Medien nicht so schreiben
Wie es ihnen passt außer sie werden
Vom Kreml finanziert müssen sie wohl
Lügen weil sie selbst nicht irren können

Ähnlich reflektiert auf sächsische Art
Ist der Schluss vom Vorurteil auf die
Gefühlte Bedrohung durch Fremde
Die durch Beschwörung erst wurde

Wer von Lügenpresse schwadroniert
Ohne dabei zu differenzieren was
Damit im Einzelfall gemeint sein soll
Hat die Demokratie nicht verstanden

Diese aus Vorurteilen geprägte Dummheit
Wird noch verstärkt durch Besserwisserei
Die von Neid und Missgunst getrieben ihre
Ahnungslosigkeit als Wissen vertreibt

Die Eulenburg Affäre war ein Skandal
Der Erinnerung wert bis heute noch
Weil sie zeigte wie Vorurteile schnell
Druck erzeugen und Fakten schaffen

Die Lügen aus den Lagern von NPD
Wie AfD die lange als unfein galten
Sind bei den Pegiden normal geworden
Der Rassismus soll alltäglich werden

Darum ist es wichtig zu unterscheiden
Die Rassisten klar so zu nennen
Ihre Lügen von der Lügenpresse als
Brandstiftung im Geiste zu verurteilen

Eine Demokratie lebt von ihrer Offenheit
Das macht sie stark und wer dies aufgibt
Um primitvste Ängste zu befriedigen wird
Die Freiheit an die Angst ewig verlieren

Die Demokratie lebt vom Gleichgewicht
Der Kräfte in ihr wer diese völlig negiert
Sich mörderisch gegen alle stellt um sich
Verfolgt zu fühlen ist eine Gefahr

Diese Gefahr in der Demokratie ist längst
So groß wie die des Terrors und der Angst
Vor diesem wie uns die Brandstifter zeigen
Die im Land ihr Unwesen überall treiben

Der Versuch Deutschlands Außenpolitik
Unter dem Kaiser rüstiger zu machen
Endete im 1. Weltkrieg und im Ende des
Kaiserreiches achten wir auf die Demokratie
jens tuengerthal 17.11.15



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