Dienstag, 22. Juli 2014

Gazaeskalationsdialektik

Während sich immer mehr in Deutschland in Äußerungen und Protesten ergehen, die sie selbst wohl israelkritisch gern nennen wollen, weil sie sich über den Antisemitismus, den sie für eine nur Keule der Wohlmeinenden halten, fern fühlen, wächst die Angst der Juden hier, die sich ganz real antisemitisch angegangen fühlen, weil ein Land, das nach der bisher schlimmsten Vernichtungsaktion  an einem Volk, das sich durch eine Religion verbindend definiert, einen Krieg führt, wird es Zeit, laut und klar seine Solidarität mit Israel zu erklären und dennoch für Frieden zu kämpfen.

Es sterben Menschen im Krieg und es wird keinen Sieger geben. Jede Eskalation der Gewalt in Gaza wird die Macht der Radikalen von der Hamas stärken und jede Rakete auf Israel, die inzwischen weit über 50.000 sind seit dem Beginn vor wenigen Monaten und von denn nur rund 37% abgefangen wurden, wird die Radikalen dort stärken. Die Hamas profitiert von dem Konflikt sowohl medial im Westen, wo sich immer mehr mit den Opfern solidarisieren, ohne sie darum Täter zu nennen. Israel gibt an, sie wollten militärisch die Tunnel aus Gaza nach Israel zerstören, um die Gefahr neuer Attentate zu verringern, sagen also, sie kämpften unter hohem Risiko für mehr Sicherheit in ihrem Land.

Jede Eskalation dieses uralten Konfliktes hat die Schraube der Gewalt weiter angezogen, die Schleusen geöffnet und Hass gesät, wo es mehr Verständnis bräuchte, zwei auf einem kleinen Stück Land dringend zusammen arbeiten müssten. Die religiöse Überladung der Region mit Kultorten der Weltreligionen tut ihr übriges, das je Unverständnis zu erhöhen, vernünftige Argumente nutzen wenig, wo es um den eigenen Aberglauben geht.

Es sterben mehr Menschen in Gaza als israelische Soldaten oder Israelis bis jetzt Opfer palästinensischer Raketen wurden. Das liegt an schlechteren Waffen der Hamas, der Unfähigkeit sie zu bedienen, der Überlegenheit der Israelis, dem intensiven Bemühen des Staates Israel seine Bürger vor Angriffen zu schützen. Es liegt nicht daran, dass es in Gaza weniger Bunker gäbe oder Israel überraschend und hinterhältig angriffe. Im Gegenteil, Israel kündigt jeden seiner Angriffe an und bittet die Bewohner ihre Häuser zu verlassen, aus der Schußlinie zu gehen, das Risiko zu minimieren. Die Hamas bemüht sich um das Gegenteil. Sie bittet die Bewohner vor Ort zu bleiben, behauptet sie würden sie verteidigen, versprechen Opfern das Himmelreich und positionieren die Abschußrampen der Raketen in bewohnten Gebieten, so dass Angriffe auf diese militärischen Ziele logisch Zivilisten treffen, wenn sie diese nicht noch überreden, sich heldenhaft vor den Raketen im Auftrag des Propheten zu positionieren. Es gäbe in Gaza genug Bunker. Diese sind mit Unterstützung der Bundesregierung gebaut worden. Insofern die Raketen aber aus Wohngebieten abgeschossen werden, nutzt die Hamas den größeren Teil der Bunker als Waffenlager.

Schauen wir auf die Dialektik der Eskalation könnten wir eine klare kausale Verantwortung für die vielen palästinensischen Toten im Verhalten der Hamas sehen. Sie sterben aber nicht von der Hand der Hamas, sondern durch gezielte israelische Bomben. Die Zahl der im bisherigen Konflikt getöteten Palästinenser unterschreitet die Zahl der in Syrien getöteten bei weiten, es ist nicht mal ein kleiner Teil davon. Für die Toten dort ging niemand auf die Straße, es wurde niemand angeklagt. Nicht berichtet wird in hiesigen Medien, dass Israel trotz des Konflikts die Krankenhäuser in Gaza weiter täglich mit Hilfsgütern beliefert. Zeitgleich ermordet ISIS in Jordanien und im Irak grausam Christen, sofern sie nicht zum Islam konvertieren, werden Frauen gesteinigt und Männer aufgehängt, soweit ihnen nicht noch die Flucht gelang. Auch für diese Toten geht hier niemand auf die Straße.

Es wird davon gesprochen, dass in Palästina unschuldige Kinder und Frauen Opfer israelischer Angriffe werden. Das ist richtig. Aber es gilt auch, kein Mensch verdient den Tod, so gesehen ist jedes Opfer im Krieg unschuldig, ob Soldat oder Baby. Die Soldaten gehen nur teilweise bewusst ein höheres Risiko ein. Israelische Wehrdienstleistende haben nicht die Wahl, ob sie dieses Risiko eingehen wollen. Palästinenser haben die Wahl, ob sie sich mit der Hamas solidarisieren oder bewusst Abstand halten. Auch das wird sie nicht immer schützen. Es gibt dennoch, auch im Krieg keine schuldigen Opfer, warum der Begriff des unschuldigen Opfers in die Irre führt. Die Palästinenser in Syrien waren am Konflikt völlig unbeteiligt, so gesehen, gäbe es unschuldige Opfer, wären sie es , für die keiner auf die Straße ging.

Es gibt inzwischen viele Israelis, die sagen, bei diesem Konflikt, kann keiner gewinnen. Auch Israel, auch wenn es als militärischer Sieger aus der Schlacht geht, kann nur verlieren, sagen sie, weil jede militärische Auseinandersetzung die radikalen Kräfte stärkt. Diese Nachdenklichen werden kaum gehört im Lärm des Krieges zwischen Totenmeldungen und Raketeneinschlägen. Auch in Palästina kann keiner gewinnen, weder militärisch, sie haben keine Chance gegen Israel, noch politisch, da die Radikalisierung und die Hinwendung zur Hamas auch die Chancen des Staates Palästina auf Demokratie und Fortschritt zerstört. Derweil sitzt der Chef der Hamas ungefährdet in Katar, koordiniert die Angriffe und hofft auf eine Stärkung seiner Position in der arabischen Welt als Opfer. Der türkische Ministerpräsident hat sich öffentlich solidarisiert mit Palästina, damit mit der Hamas und Israel für grausamer als Hitler erklärt. Damit müsste er sich als Dialogpartner unmöglich gemacht haben, setzt sich der Gefahr einer Strafanzeige in Deutschland aus, die zu seiner Verhaftung führen könnte, sollte er wieder hier werben wollen. Solidarität mit Israel heißt auch, diese dumme antisemitische Hetze, nicht zu tolerieren.

Keine Seite kann etwas gewinnen bei diesem Konflikt. Es sterben Menschen, um die Position der radikalen Feinde eines Friedens auf beiden Seiten zu stärken. Der Krieg ist also offensichtlich falsch und unsinnig, kann zu keinem guten Ergebnis führen, sondern wird die Situation nur verschlimmern. Fraglich ist, was die Alternativen wären.

Israel könnte den Angriff beenden, damit wäre die Hamas der Sieger, da ihr wilkürlicher Beschuss Israels keine Folgen hätte. In Israel bestünde die Gefahr, dass im Schatten der Angriffe die radikalen Kräfte noch weiter gestärkt werden, die sich wiederum für neue Landnahme des aus ihrer Sicht heiligen jüdischen Landes ausspräche, einen Frieden erschwerte. Ob ein nun Rückzug der Israelis die Hamas schwächen würde, scheint fraglich. Die Propagandamaschine der Hamas läuft so gut und erfolgreich, dass sie jeden palästinensischen Toten bejubeln werden, auch wenn sie öffentlich klagen. Bei einem Ende der Angriffe ohne Friedenslösung oder zumindest Waffenstillstandsgarantien für Israel, welche die Hamas trotz ägyptischen Bemühen bisher verweigert, erhöhte Israel das Risiko für seine Bürger ohne Gegenwehr.

Zum Gründungsmythos von Israel nach dem Holocaust gehört, dass sich dank dieses Staates und in diesem Juden nie wieder hilflos der Vernichtung und Verfolgung ausgesetzt sehen. Eine Hinnahme der Angriffe der Hamas als eine Art palästinensische Folklore, die dafür die jüdische Bevölkerung Israels mit steten Bunkergängen fit hält, ist dem Staat Israel nicht zumutbar. Stellen wir uns nur vor die Bayern erklärten sich für autonom und verbündeten sich mit Österreich und schickten von Süden aus täglich hunderte von Raketen über die Republik, um das nicht bayerische Volk zu töten mit dem in der Vereinssatzung erklärten Ziel den Rest der BRD zu vernichten und alle übrigen Deutschen ins Meer zu treiben, soweit sie nicht Bayern würden und sich dreimal gen Allianzarena verbeugten - wüsste gerne wie lange eine Regierung hier im Amt wäre, die solchen Beschuss tolerierte, der täglich die Bevölkerung im grenznahen Gebiet zu Bayern in die Bunker triebe. Das es auch nicht akzeptabel wäre, wenn dann nationale Patrioten sich Häuser in Bayern bauten, um preußische Inseln zu bilden, ist sicher richtig, muss diskutiert werden und zu einem friedlichen Ende gebracht werden, hat aber nichts mit einem potentiell tötlichen Raketenbeschuss zu tun.

Es werden sich ewig Gründe dafür und dagegen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern finden. Sie sollen das miteinander diskutieren und sich streiten, nur sollen sie aufhören, sich in die Luft zu sprengen oder einander zu beschießen, damit eine Koexistenz möglich wird.

Wer Frieden will, muss sich auf das wesentliche konzentrieren und erstmal reduzieren, um zumindest einen minimalen Konsens zu finden. Dazu wird Israel, ob es der Regierung passt oder nicht, mit der Hamas reden müssen, um die Bedingungen auszuhandeln für Waffenstillstand, Frieden und Koexistenz. Sobal verhandelt wir, werden die radikalen Kräfte schwächer. Wenn Israel das Tor zu Verhandlungen öffnet, haben auch die anderen wieder eine Chance zu Wort zu kommen, denn solange Raketen und Bomben fliegen, haben nur die Falken das Wort.

Sollte die Hamas jedes Gespräch verweigern und weiter Israel mit Raketen beschießen wäre Israel gut beraten, auch wenn sie es nicht brauchen, ein Bündnis zu seiner Verteidigung zu schmieden und medial besser zu arbeiten, als es bislang die Hamas tat. Gegen Dummheit hilft nur Aufklärung und der wohl leider auch in Deutschland noch latente Antisemitismus muss klar bekämpft werden. Es gibt dafür eine gesetzliche Grundlage und sie muss dann auch konsequent angewandt werden, damit Deutschland als erster Staat in Europa ganz klar zeigt für arabischen Antisemitismus gibt es hier null Toleranz und jegliche Form davon wird strafrechtlich verfolgt.

Wo wir Israel, der einzigen Demokratie im ganzen Nahen Osten einschließlich der Türkei, seit Erdogan seine Gesinnung offenbarte, dem einzigen Rechtsstaat dort weit und breit, solidarisch zur Seite stehen, statt mahnend und zögerlich, niemanden vergraulen wollen, muss Israel keinen Krieg führen, um verrückte Terroristen in die Schranken zu weisen. Wer nicht verhandelt, keinen Frieden sucht, wird erst offenbar, wenn verhandelt wird. Israel könnte die Initiative ergreifen dazu. Sie sind klar überlegen, würden militärisch rasch gewinnen, wenn sie es wollten. Der Preis eines Sieges wird die Stärkung der Hamas und die Fortdauer des Terrors sein. Der Gewinn des Friedens ist gar nicht, hoch genug einzuschätzen. In diesem Krieg gibt es außer den Radikalen keine Gewinner aber viele Verlierer. Einigen müssen sie sich alleine und miteinander irgendwie - aber wir können durch eine klare friedliche Solidarität mit Israel, die Frieden fordert, zumindest die Kräfte stärken, die dem Unsinn entgegenwirken, bei dem nur die gewinnen, die kein vernünftiger Mensch gestärkt sehen will.
jt 22.7.14

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