Sonntag, 29. Dezember 2024

Faustlesarten

Faustlesarten

Jede Generation findet ihren
Faust den sie aus guten Gründen
So oder ganz anders interpretiert

Gerade las ich eine sich für neu
Haltende marxistische Interpretation 
Tief verseucht vom Geist der 68er

Hier wird der Faust zur dialektischen
Figur und Goethe mit Hegel ausgelegt
Was so absurd wie langweilig war 

Dies im bekannten Vokabular der
Totalitären Sekten die Marx folgen 
Sich gerne links darum noch nennen

Erspare den Leserinnen lieber die
Wiedergabe der zutiefst ideologischen
Argumente die uns genau dies zeigen

Doch groß ist der zutiefst bürgerliche
Faust weil er so viele Zugänge noch
Ermöglicht auch 200 Jahre danach 

Auch Menschen noch beschäftigt die
Selbst zum Faust es schaffen das Wort
Antifaschismus unterzubringen

Diese Rechtfertigungen für alles 
Von Mauerbau bis RAF wäre wohl
Keinem im Kontext zu Goethe eingefallen

Doch die quasi bibelfesten Marxisten
Schaffen es ihr magisches Wort auch
Zum Faust noch unterzubringen

So las sich das Interview mit dem
Marxistischen Germanisten wie eine
Bibelstunde des Marxismus halt 

Hier wird das antikapitalistische im
Faust II zum Schlüssel für eine neue
Antibürgerliche Lesart des Faust

Ein so bürgerliches Stück seiner
Herkunft zu berauben um es dafür 
Ins marxistische Korsett zu zwängen 

Erfordert in blinder Dreistigkeit einen 
So festen Glauben dass ich diese
Lesart des Faust religiös totalitär nenne

Es aber bezaubernd finde wie bunt
Große Literatur noch immer anregt 
Ohne etwas neues zu lernen dabei

Alle bleiben in ihrem Denken stecken
Aus dem sie sich ihren Faust auslegen
Der ihnen logisch schlüssig erscheint

jens tuengerthal 29.12.24

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