Montag, 6. Januar 2025

Lektürentagebuch 6.1.24

Lektürentagebuch 6.1.24

Im Zauberberg von weiteren 
Krankenbesuchen gelesen die
Beide Vettern dortigen moribunden
Patienten noch immer machten 

Ganz sine pecunia wie es der
Settembrini sagen würde sähe
Er nicht das Treiben der beiden
Samariter aufgeklärt kritisch

So besuchen Hans und Joachim
Mit Lauro auch den bildschönen 
Aber grauenvoll eitlen Sohn von
Der Tous les deux hier genannten

Mexikanerin die beständig diesen
Satz murmelte der ihr dann den
Seltsamen Spitznamen eintrug
Während Lauro wie ein Held

Vorzugsweise ein spanischer Held
Zu sterben gedachte was er ihnen
Lautstark verkündete bis ein Anfall 
Von Husten ihn zu  schweigen zwang

Häufiger dagegen besuchten sie den
Deutsch-Russen Anton Karlowitsch Ferge
Der von Reisen durch Russland plauderte
Was beide emotional sehr interessieren

So verbindet sich auch zu gerne das
Karitative Verhalten mit persönlichen
Interessen oder Bedürfnissen noch was
Beides sich gut und gerne ergänzt

Wer je mit Herzblut auch humanitäre
Aufgaben förderte wird dieses die
Ganze Persönlichkeit ergreifende
Interesse der Sache wegen gut verstehen

Wie vernünftig dieses jemals ist und
Wem es zuvorderst dient ist eine
Andere nicht wohltätige Fragen die
Eine Form von Umverteilung betrifft

Darüber gut und gerecht zu urteilen
Ohne persönliche Interessen wie die
Psychischen Zustände der Beteiligten
Zu berücksichtigen scheint unmöglich

Auch darum enthalte ich mich zu der
Typischen Chefarztgattinnenbeschäftigung
Auch aus persönlicher Betroffenheit lieber
Ganz zumindest schadet es keinem 

Hier tun es zwei Knaben aus einem
Wohlhabenden bürgerlichen Elternhaus
Pekuniäre Interessen sind wohl eher
Auszuschließen dafür strahlt das Gewissen 

Die Zeit die ihnen auf Erden noch bleibt
Sinnvoll wie effektiv zu nutzen klingt
Zwar schon fast pietistisch aber ich
Würde es lieber hanseatisch nennen 

Solche Anwandlungen auch aus der
Eigenen Familie gewohnt denke ich
Der Dienst am eigenen Gewissen
Schadet der Allgemeinheit nie 


Der Büchspazierer von Carsten Henn
Plaudert sehr nett über Bücher und ihre
Leser wie Carl Kollhoff den alten
Buchhändler der seine Bücher noch

Persönlich zu den guten Kunden bringt
Wie dieser Startwanderer der zugleich
Auch ein Bücherliebhaber ist durch die
Stadt innerhalb der Stadtmauer noch

Spaziert ist ganz zauberhaft erzählt
Lässt Bücherliebhaber für einen 
Kleinen Moment der Lektüre träumen
Was Freude genug doch dabei ist

So lebt es sich manchmal auch fein
Jenseits aller literarischen Erwartung 
Mit dem bloßen Vergnügen der Lektüre
Aus alt vertrauten Welten dabei


In Egon Friedells Kulturgeschichte der 
Neuzeit über fruchtbare Irrtümer gelesen
Wie Fiktionen die uns weiter tragen wie
Etwa die Annahme von Willensfreiheit

Oder die Existenz von Atomen sogar
Die eine unbeweisbare Fiktion sind wie
Die ganze Algebra die behauptet für 
Zahlen beliebig Buchstaben zu setzen

Alle wissenschaftlichen Klassifikationen
Sind bloß willkürliche Führungen immer
So macht das ‘als ob’ überhaupt erst die
Höherer Kultur in der Welt möglich

Auch tut sein Werk so als sei es eine
Kulturgeschichte obwohl es doch 
In Wirklichkeit etwas ganz anderes ist
Was zu erfahren Leser neugierig blieben

Der Barock macht das ganze Leben
Zu einem großen ‘als ob’ was dabei
Scheint was es in Wirklichkeit nie war
Spielt dafür mit dieser Realität die er
Zu gerne noch märchenhaft vergoldet


In Apropos Casanova vom großartigen
Miklós Szentkuthy aus der geliebten
Anderen Bibliothek gelesen das alle
Metaphysik grauenvoller tea for two sei

Dies weil Geschichte und Natur nur die
Dekoration eines Individuums sind bei
Dem Gott dem einzelnen gegenübersteht
Bis wir ihn durch etwas Sinnvolles ersetzen

Doch bis dahin noch betet er am Grabe
Tintorettos in Venedig ganz allein weil
Es ihm einzig geboten hier scheint als
Fahrender Scharlatan der Hochkultur

Mit der Zimperlichkeit von Jugendlichen
Die sentimental grenzenlos noch sind
Dogmatisiert er was allein wert hätte und
Verflucht darum alle Kunstgeschichte 

Diese grandiosen mutigen Gedanken
Sind so grenzenlos wie wundervoll und
Spielen dabei elegant mit unserer 
Wahrnehmung immer die illusionär bleibt

jens tuengerthal 6.1.24

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