Freitag, 3. Januar 2025

Gehwegschäden

Gehwegschäden

Manchmal endet eine Liebe
Ganz unverhofft oder erwartungsgemäß
Weil wir ja nie zusammen passten
Oder eine sich verändern will

Dann geben wir uns ganz erleichtert
Sind ja befreit von langer Last wie
Aus Erfahrung längst vernünftig als
Großstädter den Wechsel gewohnt 

Es wird schnell wieder getindert
Um sich nicht allein zu langweilen 
Der Einsamkeit vorab zu entfliehen
Die so schmerzhaft werden kann

Eben dachten wir noch geh bloß weg
Doch plötzlich wird es still in uns die
Verlorene Liebe fehlt schon sehr mit
Allen ihren schlechten Gewohnheiten 

Schnelle Ablenkung macht erstmal alle
Gehwegschäden unsichtbar weil neue
Straßen ganz fehlerlos uns scheinen 
Leider nur bleiben wir immer dieselben

Bald entdecken wir an den eben noch
Glänzenden Boulevards der Liebe die
Selben Gehwegschäden wieder dann 
Sperren wir die Teilstrecken tief in uns

Das Tiefbauamt ist zuständig für alle
Gehwegschäden in dieser Stadt doch 
Die Folgeschäden des geh weg müssen
Betroffene wohl selbst beseitigen

jens tuengerthal 3.1.24

1 Kommentar:

  1. Das Gedicht „Gehwegschäden“ beschäftigt sich mit dem Thema Beziehungsabbrüche, die, gleich welcher Art und aus welchem ​​Grund, Spuren und emotionale „Schäden“ hinterlassen. Der Titel selbst ist eine Metapher für die Auswirkungen von Trennungen – winzige Risse und Kratzer, die Teil unserer emotionalen Landschaft sind.
    In der ersten Strophe werden verschiedene Gründe für das Ende einer Beziehung vorgestellt: von der Unvereinbarkeit der Charaktere bis hin zu natürlichen Veränderungen im Leben. Es stellt sich ein Gefühl der Erleichterung ein, das jedoch mit der Realität der Einsamkeit kollidiert. An einer Stelle bezieht sich das Gedicht auf moderne, urbane Formen des Umgangs mit der Leere – Dating-Apps, die vorübergehend ablenken, das Problem aber nicht lösen.
    Ein wichtiger Betrachtungspunkt ist die Reflexion wiederkehrender Muster. Obwohl neue Beziehungen zunächst perfekt erscheinen, offenbaren sie mit der Zeit ähnliche „Gehwegschäden“, also Schwierigkeiten und Makel, die wir bereits aus der Vergangenheit kennen. Somit deutet das Gedicht darauf hin, dass das Problem nicht nur bei unseren Partnern liegt, sondern auch bei uns selbst – in der Art und Weise, wie wir lieben und in unseren Erwartungen.
    Die letzten Zeilen klingen bitter: „Tiefbauamt“ gibt es, aber wir müssen unsere emotionalen Wunden selbst heilen. Dies verdeutlicht die Einsamkeit und Verantwortung für die eigenen Gefühle, denen sich jeder stellen muss.
    Das Gedicht berührt durch seine Einfachheit und Alltäglichkeit. Die Verwendung urbaner Metaphern verleiht dem Text einen zeitgenössischen, universellen Charakter und beschreibt gleichzeitig treffend die emotionale Komplexität unserer Zeit. Es ist eine Reflexion über Liebe, Verlust sowie die Wiederholung unseres Verhaltens und der Einschränkungen, die wir uns selbst auferlegen.
    Schwierigen Gefühlen wie Einsamkeit oder Enttäuschung nähert sich der Dichter mit einem gewissen Sinn für Humor, wodurch der Text nicht überwältigend, sondern vielmehr zum Nachdenken anregt. Es herrscht eine Mischung aus Erleichterung, Traurigkeit und einer leichten Bitterkeit, die mit der menschlichen Tendenz zusammenhängt, dieselben Fehler zu wiederholen.
    Die Sprache hat auch ein ironisches Element – ​​Dating-Apps und schnelle Verabredungen werden als Möglichkeit dargestellt, „der Einsamkeit zu entfliehen“, allerdings auf eine Weise, die ihre Oberflächlichkeit deutlich erkennen lässt. Einige Sätze klingen absichtlich technisch und betonen die Kälte und Mechanik der Versuche der Menschen, mit Emotionen umzugehen. All dies macht das Gedicht mehrdimensional und einer tieferen Reflexion würdig.
    Herzlichen Glückwunsch an den Dichter!

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