Mittwoch, 30. Oktober 2024

Lektürentagebuch 29.10.24

Lektürentagebuch 29.10.24

Heute ganz auf den Zauberberg
Konzentriert wie ein Kapitel dort
Voller Genuss verschlungen mit
Dem verführerischen Titel Analyse

So fern mir die Psychoanalyse ist
Als geistige Sklaverei die abhängig
Vom Therapeuten macht als dem
Hohepriester des Unterbewußtseins

So reizvoll ist mancher Gedanke der
Auf den Spuren Freuds den Alltag
Neu sexualisierte auch wenn es
Nur um Liebe dabei gehen sollte

Der Zusammenhang von Liebe und
Sexualität ist ein weites Feld was
Hier nicht thematisiert werden soll
Weil vieles dabei Glaubensfrage ist

Natur und Triebe brauchen sicher
Keine Nachhilfe durch das Gefühl
Doch erleichtert es konventionell
Vieles eher der alten Moral wegen

Hans Castorp der etwas zu spät kommt
Gerade noch tolerierbar in den Raum
Schlüpft den nächsten freien Platz wählt
Landete zufällig hinter Clawdia Chauchat

Insofern es dafür keine andere Quelle
Als den Autor gibt muss ich diesen hier
Beim Wort nehmen denn warum auch
Sollte er das so blutverschmiert wollen

Peinlich eher war ihm wie Mann schreibt
Der Blick der Dame vom feinen Russentisch
Auf sein derangiertes Äußeres während
Krokowski über die Liebe schon referiert

Geradezu schamlos genau schaute sie
Den Wanderer an und taxierte ihn so
Der nun ihre geflochtenen roten Haare
Die sie mit der Hand stützt vor Augen hat

Er bemerkt ganz nah dafür ihre unfeine
Haltung mit schlaffem Rücken wie das
Abgekaute Nagelbett was schon tiefer
Blicken lassen könnte analysierten wir

Dafür fühlt sich Doktor Krokowski dafür
Zuständig über den Zusammenhang
Von Liebe und Krankheit als Ausdruck
Der unterdrückten Liebe zu referieren

Sollte Heilung dann der Ausbruch des
Lange unterdrückten in Freiheit sein
Würden Sanatorien zu Orten der Lust
Was keiner auszusprechen noch wagt

Dieser enge zeitliche Zusammenhang
Mit der Erinnerung an Pribislav Hippe
Wie der Erkenntnis der Gründe seiner
Kirgisischen Vorliebe fesselte ihn

Beim Blick auf die durchbrochenen
Ärmel der Bluse seines Schwarms
Fragt sich Hans nach den Gründen
Der Liebe in der Natur des Sexus

Ob der Reiz durch einen kranken Körper
Einer Tuberkulosepatientin vor ihm nicht
Gegen die Natur sei die sich doch nur
Gesund zur Fortpflanzung verbindet

Dürfen Kranke noch lustvoll sein oder
Eher nie weil innerlich verfault nicht
Zur Fortpflanzung bestimmt überlegt
Hans noch was uns heute fremd

Der Vortrag hatte als Aufruf gedient
Die Zuhörer zur Seelenzergliederung
Durch den Herrn Doktor zu laden den
Zusammenhang deutlich zu machen

Seltsam berauscht ist Hans nach
Diesen tiefgehenden Ausführungen
Denen er mit Blick auf Clawdias Haar
Wie gebannt gelauscht noch hatte

Zwischen den Vettern ist jedoch
Der Inhalt des Vortrags wie die
Sonstigen Erkenntnisse keinerlei
Thema es bleibt belanglos eher

Tiefe Bewegungen in ihm bleiben
Dort und werden nicht mit dem dort
Nächsten Verwandten besprochen
Dabei wird lieber Haltung bewahrt

Auch stellt ihm Joachim keinerlei
Frage zu den Blutspuren auf dem
Anzug so etwas wird übersehen
Unter kultivierten Menschen

Ob dies eher teilnahmslos scheint
Oder den Respekt belegt der sich
Im Wahren der Form ausdrückt ist
Eine wichtige Frage nur nicht hier

Genial inszeniert Thomas Mann
Die erste nahe Begegnung mit
Dem Schwarm die nahezu spurlos
Vorbeigeht als wäre nichts gewesen

Der sinnliche Zusammenhang dann
Von Liebe Krankheit und Lust im dort
Geballten Zusammenspiel schaffte
Eine Atmosphäre eigener Spannung

Sexualität wird nicht angesprochen
Bebt aber dabei deutlich immer mit
Wohin treibt das Boot der Lust nun
Wird es geführt oder eher verführt

Dies alles unter dem Titel Analyse
Als damit Anspielung an Freud die
In der Seelenzergliederung noch
Zusätzlich deutlicher auch wird

Es würde hier zu weit führen auf
Die Beschränkung der Freiheit
Durch das dazu nur erfundene
Unterbewusstsein einzugehen

Warum nehmen Menschen gerne
Ein Erklärungsmuster an das vom
Problem ausgeht wie diese zum
Zentrum seiner Analyse macht

Stets sucht die Analyse nur nach
Problemen die sie belegen möchte
Lösen kann sie nichts aber dafür
Sagen wie schwierig alles doch ist

Sexualisierung und Pathologisierung
Dieser im Ergebnis führt zu einer so
Seltsam unbefriedigten Sexualität die
Nur ihre kranken Muster fortschreibt

Statt Erfüllung und Erlösung sich zu
Schenken wird lieber problematisiert
Was zur moralischen Herrschaft damit
Der Therapeuten wie Priester zuvor führt

Die Beichte und die Psychoanalyse
Haben eine ähnliche Wirkung dabei
Warum die Psychoanalyse mit ihrem
Märchen vom Unterbewusstsein auch

Zur neuen Sekte der postresligiösen
Gesellschaft bruchlos werden konnte
Dabei ständig über Sex redet wie ihn
Zugleich pathologisch tabuisiert

Die Benennung der Hysterie nach der
Weiblichen Gebärmutter der Hysteria
Ist eines der Zeichen für das unfreie
Menschenbild dieser Sekte bis heute

Wo wird Hans Castorp hier den Weg
Der Mitte finden der seinem Wesen
Doch so sehr entspricht fragt sich ein
Leser der die Gefahr der Abwege sieht

Was wäre ein guter Mittelweg in dieser
Situation überhaupt zwischen Kranken
Welche die Lehre unterdrückter Gefühle
Zu gerne annehmen wie umsetzen

Was liegt im großen Nichtstun auch
Näher als sich zu verlieben um so
Ein wenig Aufregung noch zu haben
Statt des Einerlei im Sanatorium

Tod und Liebe und kleiner Tod in
Der Lust als deren Vollzug liegen
In vielem sich sehr nah was so
Weite Felder der Phantasie öffnet

Existentielle Erfahrungen dessen
Der sich doch gesund noch fühlt
Sind eine Form von Sexualität die
Viele Menschen am Berg suchen

jens tuengerthal 29.10.24

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