Donnerstag, 24. Oktober 2024

Lektürentagebuch 22/24.10.24

Lektürentagebuch 22/24.10.24

In vier Büchern gelesen deren zwei
Literatur und zwei über diese waren
Auch wenn das eine Kulturgeschichte
Dies auf literarische Art noch war

Im Zauberberg über zwei Tage noch
Zwei wunderbare Kapitel gelesen den
Exkurs über den Zeitsinn wie dieser
Sich unter Umständen verändert

Wie es dabei mit oder ohne Langeweile
Sich je unterschiedlich verhält wie sich
Das Empfinden auf den Ablauf auswirkt
Also die Relativität der Zeit zu der etwa

Zeitgleich auch Einstein in Berlin forschte
Auch wenn dieser sie bereits 1905 fand
War relative Zeit ein großes Thema der
Zeit was Mann hier noch genial variiert

Die strengen Zeiten des Tages dort im
Sanatorium mit Mahlzeiten die immer
Wieder Liegekuren dazwischen werden
Zum Kontrapunkt des Sein damit

Ist der Rahmen schlicht lächerlich
Ein bloßes als ob in losgelöster Welt
Oder ein letztes Band der Zivilisation
In abgelegenen Bergen nahe dem Tod

Das Zusammentreffen mit Clawdia im
Treppenhaus die unauffällig schleicht
Nicht wie mit der Glastür noch um mehr
Aufmerksamkeit hier buhlen muss

Die rothaarige Russin mit dem so
Rätselhaften französischen Namen
Chauchat von ihrem Gatten der doch
Angeblich im Kaukasus sitzen soll

Langsam werden die Leser auf ihre
Doch bedeutende Rolle mit Humor
Wie Ironie aufmerksam gemacht
Eine der vielen Verwandlungen

Beim an das Essen anschließenden
Spaziergang mit Tous les deux die
Mexikanerin deren beiden Söhne krank
Sind getroffen und so gesprochen

Diese Attraktion auch erlebt wie sich
Vorbildlich korrekt gezeigt ist Hans
Für einen Moment sehr zufrieden
Mit sich in der Welt hier oben

Dieses Gefühl der Zugehörigkeit
Wie korrekter Zufriedenheit ist für
Den früh Waise gewordenen Hans
Wichtiger als Freiheit und Gesundheit

Zumindest ist es ein wiederholtes
Motiv was für den Weg vom bloß
Besucher zum Patienten wichtig ist
Der sich hier schon ankündigt

Natürlich wartet dort unten eine
Gute Stelle auf Hans mit einem
Leben wie es von ihm erwartet
Als dann korrekter Schiffbauer

Doch dazuzugehören als Teil
Einer Gemeinschaft mit eigener
Ordnung ist mindestens ebenso
Erstrebenswert für ihn gerade

Was macht das gute Leben aus
Ist es dazuzugehören wie damit
Vertraut begrüßt zu werden statt
Nirgendwo wirklich da zu sein

Haben wir Stammbars oder auch
Kneipen weil diese so viel besser
Sind als andere oder eher nur weil
Wir uns gern dazugehörig fühlen

Gemeinschaft als Geschenk was
Zufriedenheit genug gibt andere
Mängel leicht zu kompensieren
Was ist da eine Tuberkulose

Hans Castorp wächst langsam
In die Gemeinschaft derer da
Oben hinein die er nur besuchte
Als Gast dort hospitierte für die

Dort undenkbaren drei Wochen
Welche kein Zeitmaß sind was
Irgendwer ernst nehmen könnte
Dabei wünscht er sich genau das


Weiter ging es im anderen großen
Zeitroman dieser Epoche nämlich
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Marcel Prousts großem Meisterwerk

Im Schatten junger Mädchenblüte dort
Weitergelesen und mich einige Seiten
Über Bemerkungen zu Büchern gekämpft
Wo der hohe Adel den Knaben begehrt

Diese leicht schwüle Atmosphäre einer
Noch unausgesprochenen schwulen Erotik
Die hinter eitlem literarischen Geschwätz
Nur mühsam versteckt wird ist schon für

Jeden unbeteiligten Leser eher schwer
Erträglich als begeisternd auch wenn
Dies natürlich zeitgemäß zu lesen ist
Im Schatten der offiziellen Intoleranz

Dies sind kulturgeschichtlich wie für die
Sexuelle Emanzipation queerer Menschen
Sicher bedeutende ganz zarte Zeilen doch
Den Dichter als schlichte Hete öden sie an

Nicht weil mir diese Welt fremd wäre
Sondern weil Proust dabei so ganz
Entschieden unentschieden rumeiert
Was erwartungsgemäß zu nichts führt

Werde gelegentlich weiterlesen auch um
Den Protagonisten als fast alten Freund
Wiederzusehen der in einer nicht völlig
Unähnlichen Welt einst aufwuchs doch

Auch wenn die meine zugegeben
Einige Nummern kleiner war als
Jene der Familie Proust gibt es doch
Erstaunliche Parallelen immer wieder

Vielleicht regt einen auch mehr auf
Was einem wirklich nahe kommt
Denke ich dabei peinlich berührt
Aber auch eher gelangweilt noch

Braucht die Suche nach der Zeit die
Manchmal mehr Zeit als lesenswert
Noch war dann ist es mal wieder 
Zeit für eine Proust Pause er nervt


Mit großer Freude dafür wieder in der
Kulturgeschichte Friedells über den
Kollegen Shakespeare gelesen wie
Seine Begeisterung für die Figuren

Warum solche wie er gleich seinem
Hamlet aus dem Stoff gemacht sind
Aus dem die Träume werden ist nicht
Nur als Grabinschrift für ihn passend

Wesen die mit der Phantasie tanzen
Die sie in schönste Worte kleiden wie
Im Scherz weit jenseits der Realität
Sich ihre Heimat einrichten können

Die Welt als Traum deutet so
Friedell auch als Gegensatz zum
Denken der Renaissance sieht 
Shakespeare als Verkünder des Endes

Als 1550 Vasaris Werk die große
Italienische Renaissance beschrieb in
Seinem Werk war sie schon am Ende
Bildet ihre Beschreibung den Schlusspunkt

Ob nicht schon der sacco di Roma
Anfang des Untergangs der einst so
Lustvoll schönen italienischen Epoche
Der Renaissance war lässt Friedell offen

Eigentlich erwähnt er es nicht mal um
Dafür das Ende aus der Gegenreformation
Wie ihrer Strenge und Moral als Reaktion
Auf die Reformation abzuleiten

Dabei liegt er sicher richtig und ob
Die Phantasie eines Shakespeare
Aus der Renaissance ins Barock
Schon weist bleibt weiter fraglich

War das Theater aus dem Zeitalter
Elisabeths nur Unterhaltung die den
Erfolgreichen Imperialisten die real
Besser Piraten hießen Spaß machte

Manches Urteil zur Geschichte die
Egon Friedell so ganz nebenbei
Ohne alle Belege einstreut wird wohl
Jeden Historiker eher empören

Doch dieses feine Balancieren
Zwischen Meinung und Fakten
Die literarisch elegant dazu noch
Verbunden machen ihn so groß

Genieße es wer kann und lerne
Wer davon noch lernen kann doch
Hüte sich jeder es für wahr noch
Zu halten was Produkt der Phantasie

Es stimmt alles so ziemlich und gibt
Einen guten Rahmen um sich damit
Selbst eine Meinung zu bilden die
Uns zu denkenden Wesen macht

Allein dafür ist Friedell lesen immer
Wieder so lohnenswert wunderbar
Er stößt Gedanken an die weiter
Führen als nüchterne Fakten je


Ein tadelloses Glück kam zu mir
Von Heinrich Breloer der schon
So vielfältig über die Manns wirkte
Wie es ideal passt als Geschenk

Alle Geschenke mit Liebe verzaubern
Schon durch die Flügel die sie uns
In der Erinnerung damit verleihen
Was für Bücher gleich doppelt gilt

Weiß nicht ob ich darum immer
So gerne Bücher schenke oder
Eher doch weil es das einzige ist
Wovon ich ein wenig Ahnung habe

Dahingestellt was wirklich ist
Bereitet dieses Buch über den
Zauberer Thomas Mann mir
Vielfältig Freude sogleich

Ein wütender Vater der dem mit
Handpuppen die Zauberflöte
Aufführenden Sohn gerade das
Schlechte Zeugnis laut vorhielt

Als Einstieg ist schon gewagt
Doch der Trotz mit dem der
Spätere Autor einfach weiter
Spielt bezeugt große Konstanz

Denke bei Thomas fünfen in
Mathematik und Sprachen an
Die eigenen lange ähnlichen
Zeugnisse und das Theater

Er war wie es auf dem Grab
Von Shakespeare auch stand
Gemacht aus jenem Stoff der
Träume uns formen kann

Was wird aus dem begabten
Wie für die Schule vollständig
Unbegabten Kind einst werden
Warum ist er mir doppelt nah

Aus einer Familie die auf sich hält
Voller Erwartungen in den Sohn
Die er alle enttäuschen sollte um
Seinen Weg in der Kunst zu suchen

Die Gewichtung auf Manns auch
Neigung zur Homosexualität ist
Für mich nie wichtig gewesen
Er hat sich für Familie entschieden

Andere stürzen sich gerne darauf
Ob aus eigener Betroffenheit oder
Weil Sex sich immer gut verkauft
War mit die Literatur wichtiger

Doch erzählt Breloer kenntnisreich
Von einem anderen Mann mir der
Auf die Lektüre neugierig macht
Was schon Freude genug wäre

Wie es zu mir kam verzauberte
Daneben die Lektüre zusätzlich
Wie schön ist es wenn Bücher
Uns vielfältig erfreuen können

jens tuengerthal 24.10.24

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