Freitag, 4. Oktober 2024

Lektürentagebuch 4.10.24

Lektürentagebuch 4.10.24

In zwei literarischen Bänden heute
In Berlin und Paris unterwegs wie
Durch die Zeit ein wenig gereist
Was uns Lesern ja sehr leicht fällt

Zuerst bei Alexander Kareno in
Auto halt! aus der Anderen Bibliothek
Von einem Gespräch mit dem alten
Droschkenkutscher gelesen der umstieg

Statt Menschen fährt er nun Gemüse
Wie andere Waren aus was ihm wie
Seinem treuen alten Pferd ein schönes
Gesichertes Einkommen garantiert

Zwar geben Tomaten und Kartoffeln
Keine Trinkgelder noch plaudern sie
Doch werden sie regelmäßig dafür
Gebraucht und ständig also bezahlt

Der Gaul sah auch gleich viel besser
Genährt aus als die letzten male und
Sie plaudern über die gute alte Zeit
Was nachdenken ließ ob sie es war

Er sieht die Vorteile des Pferdes was
Zwar genährt werden muss wie ein
Wagen eben getankt doch weniger
Allein in der Einsamkeit noch lässt

Wie sehr hätte er sich manchmal
Gesellschaft in Nächten gewünscht
Auf einsamen Straßen mit der er mehr
Reden kann als mit seinem Motor

Doch wartete Kareno der eigentlich
Exilierter russischer Literaturprofessor
War noch auf seinen Fahrgast der nur
Den Koffer abstellte und weiter ging es

Das ruhige Intermezzo der Plauderei
Mit dem Kutscher wie die Gedanken
Über den heutigen Verkehr der keine
Kutschen mehr braucht fand ein Ende


Dafür mit Franz Hessel in seiner
Vorschule des Journalismus die ein
Pariser Tagebuch eigentlich ist über
Hotelsuche für einen Freund gelesen

Die zart vorsichtigen Abwägungen
Was zu diesem passen könnte sind
Eine gute Ablenkung von den Pflichten
Denen er als Journalist nachkommen soll

Gerne schiebt er es vor sich her und
Sucht sich andere Aufgaben anstatt
Um nicht auftragsgemäß zu schreiben
Wie er seinem Leser dabei erzählt

Er schwärmt von Türen so sehr wie ihn
Deren Verhüllung im Trauerfall dann
Nachhaltig beeindruckt wie die Wege
Als Flaneur ziellos seine Freude sind

Dennoch macht er sich auf um auch
Im Auftrag seines Bruders dessen
Langjährigen Briefpartner zu treffen
Und spaziert dafür an der Seine

Wie sich herausstellt ist die sehr
Zentral gelegene Adresse die
Eines Instituts in dem er dann
Mitten in eine Diskussion über

Balzac unter darauf spezialisierten
Wissenschaftlern zu denen auch
Der Freund seines Bruders gehört
An der er sich noch rege beteiligt

Wo war Balzac wann welcher Ort
Regte ihn zu welcher Handlung an
Was sind die Vorbilder der Figuren
Haben sie solche und wo blieben sie

So wunderbar der Weg dahin schon
War mit Besuch bei den dort auch
Bouquinisten wie vielen Antiquariaten
Wird es zurück richtig aufregend

Er begleitet zuerst einen der älteren
Wissenschaftler und verliert sich dann
Ein wenig in Raum und Zeit doch
Noch ohne jede Sorge dabei

Auf dem Rückweg macht er an der
Bastille halt dort etwas zu essen mit
Einem Rotwein namens Piccolo den
Er als eher erdig aber rund beschreibt

Freut sich am Anblick der vielen jungen
Französinnen die gesehen werden wollen
Wie damit lächelnd spielen was dem Café
Eine wunderbar sinnliche Stimmung gibt

Auf dem Rückweg verirrt er sich ein wenig
Leider hält keines der Taxis denen er winkt
Bis er schließlich eine Kutsche findet und
Dort mit auf den Bock zum Kutscher steigt

Sich Paris als Flaneur zu erlaufen ist ganz
Wunderbar und ich durfte dieses Glück
Schon mehrfach in zauberhafter Begleitung
Erleben jedoch nie als Flaneur für mich

So schön und traumhaft die Damen alle
Waren die mich begleiteten so sehr war
Damit doch die Freude an den anderen
Die vielleicht gerne flirteten beschränkt

Vermutlich begeitete ich diese eher
Die dafür mir zeigten was ich alles
Ganz unbedingt sehen müsste wie
Welche Fenster den Blick lohnen

So mich die dort fein präsentierten
Waren weniger interessierten also
Keine Bücher waren freute ich mich
An der Beobachtung meiner Damen

Zwar gibt es schrecklichere Schicksale
Als durch Paris mit bekannten Liebsten
Zu flanieren doch fehlt damit etwas das
Paris angeblich ausmachen soll mir noch

Dies insbesondere da Flaneure doch ihre
Nächte meist alleine verbringen und ich
Das Glück hatte französische Betten mit
Den Prinzessinnen noch teilen zu dürfen

Manchmal aber denke ich an meinen
Großvater der die Stadt als Student mit
Winzigem Zimmer am Montmartre noch
Ganz alleine erobern durfte was mir nie

Vergönnt war der immer entweder als
Besucher zu kam oder als Tourist in
Begleitung dort weilte was aber dem
Flaneurgefühl nicht wirklich gleicht

Doch wer wollte dafür die heißen
Nächte im Frühling nahe der Oper
Missen wollen in denen sich der
Gesang mit Lärm der Straßen mischte

Von den vielfältigen Geräuschen aus
Den Fenstern dieses sehr günstigen
Hotels lieber ganz zu schweigen wo
Zimmer statt Klo ein Bidet hatten

Oder die Nächte in Saint Cloud als
Paris uns zu Füßen lag noch in dem
Kleinen Schloss eines Freundes bei
Dem die damalige Verlobte lebe

Die wunderbaren Nächte auf jener
Dachterrasse im VII. Arrondissement
Mit den drei Modells unter Sternen
Paris hat zauberhafte Erinnerungen

Auch die langen Kaminabende noch
In der Rue Cadet beim Grand Orient
Wo ich mit dem Großmeister plauderte
Bei wunderbarem alten Rotwein

Will dennoch das hektische Paris
Was selten nur noch lächelt nicht
Mit dem in der Zeit verlorenen Berlin
Je vergleichen nichts läge sich ferner

Schön aber war es sich an die vielen
Orte zu erinnern die ich dort sah wie
Die mit ihnen verbundenen Erlebnisse
Alle wunderbaren Frauen auch dort

Vielleicht ist es schöne noch etwas
In Paris nicht zu kennen niemals allein
Als Flaneur dort gewesen zu sein um
Sich am Moment zu freuen der vergeht

Weiß nicht ob ich noch einmal nach
Paris fahren werden es gibt dafür so
Wenig Gründe wie irgendwo sonst
Etwas offen zu haben bleibt spannend

jens tuengerthal 4.10.24

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