Lektürentagebuch 4.1.25
Im Zauberberg gelesen warum und wie
Hans Castorp die Moribunden besucht
Unter mehr oder weniger freiwilliger
Begleitung seines Vetters Joachim
Wie er die Sterbenden dabei den
Geburtstagskindern quasi gleichsetzt
Damen Herren und Knaben also ohne
Unterschied Blumen zum Besuch bringt
Wie er nett dabei plaudert manchmal
Erstaunt über komische Heiterkeit der
Sterbenden die ihm unwürdig scheint
Dem großen Tode unangemessen
Las wie Behrens ihn dafür lobt während
Settembrini kritisches anzumerken hat
Hans ein Sorgenkind des Lebens nennt
Der die Toten den Toten überlassen solle
Diese auch in Italien weit verbreitete Sicht
Nach der dem Tod lieber ausgewichen wird
Klingt jedoch mehr nach Aberglaube statt
Nach kritisch vernünftiger Aufklärung
So macht auch Hans sich hier von seinem
Erzieher unabhängig und selbständig im
Sinne seiner Überzeugung wie Erfahrung
Die er als Waisenkind schon früh machte
Sollte er sich nicht lieber den Schiffen
Zuwenden statt eine soziale Instanz im
Berghoff wie in Davos zu werden um
Einen Weg ins Leben zurück zu finden
Dem Tod keine Macht über das Leben
Zu geben war für Thomas Mann ein
Zentraler Satz im Zauberberg doch
Wie passt dieses Samaritertum dazu
Es gibt dem Leben hier oben eine
Rechtfertigung wie seinem Verbleib
Machte ihn zur sozialen Institution
Aus langer Erfahrung mit dem Tod
Erstaunlich belebend und motivierend
Wirken die Sterbemden auf Hans der
Zu seiner sozialen Rolle damit findet
Die ihm gerade so gut tut wie steht
Spannend die Rolle Settembrinis der
Als Erzieher pädagogisch nun gegen
Eine soziale Arbeit vorgeht wobei sich
Fragt welche Rolle seine Todesangst spielt
Wer wie ich es auch erleben durfte
Schon zu der Zeit als ich den Zauberberg
Das erste mal las mit gerade neunzehn
Sterbende begleitete lernt dabei viel
Über das Leben wie unsere Haltung
Zu diesem die von Aberglaube und Angst
Oft mehr geprägt ist als von Vernunft
Wie friedlich befreiend der Tod ist
In der Krebsbaracke in der ich arbeitete
Wurde regelmäßig und quälend noch
Unter Schmerzen gestorben wenn der
Tumor ihre Lunge langsam auffraß
Entspannt und erlöst habe ich darum
Den Tod ohne Schrecken kennengelernt
Wenn auch mit viel Aberglaube verbunden
Wie etwa dem Lüften der Fenster danach
Was das Pflegepersonal gerne tat wie
Aber auch eine nahe Oberärztin der
Herzchirurgie von sich erzählte was zeigt
Wie nah Aberglaube Wissenschaft kommt
Der Umgang mit Tod und Sterben wie
Die Entwicklung eines eigenen Weges
Aus seinen Erfahrungen gehört für mich
Zu den zentralen Stellen im Roman
Mit einer gewissen Ironie dennoch
Ohne großen Pathos schildert Mann
Diese Begegnungen wie auch die
Lehren die Hans daraus ziehen wird
Wie er sich von seinem Erzieher
Ganz bewusst distanziert um dafür
Seiner Überzeugung feinfühlig zu folgen
Um den Sterbenden Gutes zu tun
Den natürlichen alltäglichen Tod als
Solchen behandelt wie dies mit dem
Für Mann so typischen leicht ironischen
Humor der sich selbst nicht zu ernst nimmt
Das hat wirklich Größe und zeigt die
Bedeutung dieses Romans als eine
Reise durch das Leben bis zum Ende
Was zu einem Teil inmitten wird
Spannend ist wie viele Begegnungen
Einmalig bleiben trotz versprochenem
Wiedersehen weil der Tod unverhofft
Wie es seine Art ist dazwischen kam
So ist am Ende nichts zuverlässiger
Als das Ende was auf Sterbende mit
Ruhiger Sicherheit eben zukommt
Auf das dann nichts mehr folgt
jens tuengerthal 4.1.24