Dienstag, 5. November 2024

Lektürentagebuch 4.11.24

Lektürentagebuch 4.11.24

In vier Büchern von vier Autoren
Mit Begeisterung gelesen um so
Aus Pommern in den Krieg wie
Durch seine Geschichte zu reisen
Schließlich in Davos anzukommen

Begonnen heute mit Franz Hessel
Planken im Sand einer Geschichte
Aus Ermunterung zum Genuss in
Welcher der junge Otto von seinem

Erfolgreichen Bruder dem Zahnarzt
Ans Meer nach Pommern geschickt
Wird dort wie von diesem so geplant
Tatjana, begegnet und eine Liaison

Nach anfänglichem Zögern beginnt
Mit dieser über Wald und Strand läuft
Die Planken im Meer dabei sieht alles
Wie ein zauberhafter Anfang scheint

Der sein sonst ewiges Zeitunglesen
Wie für sich sein unterbricht ihm
Ein schönes aufregendes Gefühl für
Erste Momente noch schenkt doch

Dann wechselt Franz Hessel plötzlich
Die Perspektive und beschreibt ihre
Sicht der Dinge die sein Zögern wundert
Nach den ersten schönen Küssen 

Otto flieht wieder um sich in industrieller
Schlichtheit am Fließband sinnvoll endlich
Zu betätigen Teil der Arbeitswelt zu sein
Keinen Urlaubsflirt mehr zu pflegen

Eine fein und zart erzählte Geschichte
Voller schöner Momente die er der dort
Teil der Pläne seines Bruders war dann
Überraschend wieder beendet

Kein weil oder warum wird geboten
Die Leser bleiben etwas verwirrt wie
Auch Tatjana die gesollte Liaison zur
Überbrückung im Urlaub gedacht

Bis der Bruder eine neue Stelle für ihn
In Berlin findet sollte er sich vergnügen
Wie das mögliche genießen was dem
Zauber eine seltsame Färbung gab


Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Erzählt in seinem Simplicissimus in der gut
Lesbaren Ausgabe der Anderen Bibliothek
Von Olivier wie der Schulzeit und Jugend

Wie er in Lüttich mit seinem Lehrer ein wildes
Leben führte und beinah umkam ihn nur ein
Freund des Vaters noch rettete er darauf
Wieder nach Hause zurückkehrte

Was zu sicher neuen Abenteuern bald führt
Die den Heranwachsenden schließlich zum
Nennbruder des Simplicissimus machten
Den er gerade im Kriege wiedertraf

Die leicht ironische Art mit der uns hier
Grimmelshausen die Abenteuer erzählt
Hat Witz und moralisches Urteil zeigt
Wie fern Krieg ein gutes Leben rückte

Der verwöhnte Liebling der Elter der
Ein gutes Leben führte aber damit
Nicht zufrieden war Abenteuer suchte
Spielt auf die Ritterromane noch an

Statt romantischer Lieben werden
Dort Huren besucht wie fehlendes
Geld durch Überfälle auf Studenten
Wieder ausgeglichen weiterzumachen

Ein Leben wie die Söldner im Krieg
In dem beide nun arbeiteten auf
Wechselnden Seiten auch dabei
Weil ohne echte Überzeugungen


Blieb im Dreißigjährigen Krieg nur
Vom Roman zur Geschichte die
Egon Friedell in seiner Kulturgeschichte
Der Neuzeit klug wie immer erzählt

Es ging um die Auswirkungen des
Schrecklichen Krieges in Deutschland 
Der ökonomisch katastrophal war und
Das finanziell in viele Kleinstaaten lange

Schon zerrissen Reich in eine Art von
Konstitutioneller Anarchie führte wie
Friedell es treffend bezeichnet beim
Bericht über den Verlauf des Krieges

Das föderale Deutsche Reich als eine
Form der konstitutionellen Anarchie
Gefällt dem geschichstbewussten
Anarchen in mir mehr als nur gut

Der westfälische Friede vollendete den
Ruin des Reichs und schnitt Deutschland
Vom Meer ab da der Zugang aller Flüsse
Schwedisch wurde an Weser Elbe und Oder

Im Anschluss entwickelt Friedell die Theorie
Vom Genie und wie sich das individuelle hier
Typisch deutsche skandinavische und englische
Vom romanisch geprägten unterscheidet 

Dazu trennt Friedell mit eher seltsamen
Vokabular die romanische Rasse von der
Germanischen Menschheit was ich hier
Lieber unkommentiert nur berichte

Dies von Egon Friedell der aus dem
Fenster sprang als er fürchtete die
Nazis wollten ihn abholgen und vor
Dem Sprung alle Fußgänger warnte

Eine kulturelle Prägung die sich auch
In der Literatur spiegelt rassisch für
Regionale Unterschiede zu begründen
Scheint für einen Verfolgten absurd

Doch spiegelt es eben auch das für
Normal gehaltene Denken wieder was
Wir erst langsam überwinden warum
Achtsamkeit dabei noch so nötig ist

Ist die heute konsequente Leugnung
Aller menschlichen Rassen eher eine
Moralische Polizei als Kulturgeschichte
Widerspricht sie der Anthropologie

Kann diese Betrachtung die Toleranz
Eher fördern als die heutige Leugnung
Aller Unterschiede für mehr Gleichheit
Die nach vielen Verbrechen geboten war

Kehren wir zurück zur Spaltung oder
Schreiten wir fort zur Einigkeit die nur
Inhalte nie Anschein unterscheidet
Was bleibt davon dann noch sichtbar

Ist was Europa als Ideal verkörpert
Diese Festung der Menschenrechte
Welche die Freiheit für alle verteidigt
Ein widerstandsfähiges Ideal noch

Können wir gegen die Kräfte des
Bösen gemeinsam kämpfen um
Die totalitäre Welle aus Asien vor
Europas Zivilisation aufzuhalten

Kann Vernunft den Aberglauben
Sei er islamisch oder christlich gar
Sonstiger asiatischer Art besiegen
Zum Wohle der Freiheit aller

Spannende Fragen die sich nach
Der Lektüre von Egon Friedell als
Betrachter der Epochen stellen die
In Parteilichkeit sich gern verlieren


Mit Thomas Mann ging es weiter im
Zauberberg über aufsteigende Angst
Bei den immer Mahlzeiten wie die da
Ganz zufällig bewusst inszenierten 

Begegnungen mit Clawdia Chauchat
Wie den inneren Wahnsinn dabei der
Jedem der sich schon vom Gefühl
Der Liebe treiben ließ bekannt ist

Wie er Geschichten erfindet die ihn
Völlig abseitige Wege nehmen lassen
Um die Wahrscheinlichkeit auch nur
Eines Zusammentreffens zu erhöhen

Diese Umwege des Lebens dabei
Ohne jede Absicht dennoch ganz
Aufgeregt verfolgt werden als ginge
Es um eine ganz große Geschichte

Bei diesem kleinen Urlaubsflirt in der
Voraussichtlich letzten Woche seiner
Anwesenheit der doch real eine völlig
Unmögliche Beziehung bedeutete

Die Aufregung dabei verhindert jedes
Kritische Denken zu seinem Tun noch
Was ihm sonst lächerlich schiene wird
Zur allerschönsten Beschäftigung

Verfolgt er sie schon oder ist doch eher
Die verliebte Annäherung gewünscht
Auch von ihr die damit zu gerne spielt
Ihn als aufgeregten Verehrer zu halten

Wie gut kennen wir alle diese
Kunst der Damen von Klasse die
Sich ihre Verehrer gerne halten wie
Wir den Chor um sie bilden

Realistisch betrachtet wäre ihre Gunst
Tatsächlich zu erhalten nahezu immer
Weniger reizvoll als sie einfach nur
Anzuschwärmen als Göttinnen

Anatomisch und ganz real liegen
Die Ausscheidungsorgane so dicht
Beieinander dass vieles näher läge
Als gerade diese verklärt anzubeten

So wird zum höchsten Ziel aller
Träume der Mittelpunkt des Endes
Was auf dem Scheißhaus thront
Womit die Heilige verortet wäre

Deren Aufgabe ist nicht Hingabe
Sondern die Gunst ganz spärlich
Ihren Verehrern zu erweisen damit
Sie über kleinste Schritte jubeln

Genau dieses Spiel beherrscht die
Von Hans verehrte Clawdia vollkommen
Was ihn ganz in den Bann zieht ohne
Nur einen Moment noch mehr zu wollen

Vollzug und Befriedigung das reale
Ziel der gegenseitigen Hingabe liegt
Dort in Sphären jenseits der Vorstellung
Dafür wird das anstatt zum Ziel an sich

Als dieses aufregende Spiel das auch
Ein nachgeholtes um die Kirgisenaugen
Des Pribislav Hippe ist seinen Vollzug in
Einer Nacht findet tun sie es französisch

Sicher müht sich Clawdia nur im deutschen
Ist das französische als Sprache der Liebe
Vielfältig galanter noch doch drückt diese
Flucht für den Sex dessen Fremdheit aus

Es wird eine andere Welt betreten in der
Andere Sprachen gesprochen werden
Wie zwei sich als Fremde ganz nah
Kommen können auch ohne Folgen

Die Welt dieser Russin die einen
Fernen Gatten irgendwo im großen
Russischen Reich hat aber am guten
Russentisch sitzt bleibt fremd

Denke daran wie fremd mir hier die
Welten mancher Geliebter schon
Waren die nur in Vororten lebten
Dort ein ganz anderes Leben führten

Sogar eine hier am Platz einst noch
Die überall auf indische Art tätowiert
In spirituellen Welten lebte war wie
Eine ferne Eingeborene für mich

Unser Umkreis ist relativ klein immer
Selten nur verirrt sich eine aus den
Fremden Kreise in die eigenen noch
Doch wenn bleiben sie uns fremd

Als Fremde faszinieren sie sind so
Reizvoll wie die Prinzessin aus dem
Jemen eine Verwandte des Propheten
Die einmal überraschend nah mir kam

Oder jene aus der südlicher gelegenen
Alten Kaiserstadt die wunderbar küsste
Schien durch tief fremden Klang ihrer
Stimme noch viel reizvoller mir immer

Unerreichbar irreales anbeten um sich
An der Schwärmerei zu freuen die nie
Den erträumten Vollzug leben wollte
Wo doch gerne überraschend ernüchterte

Wenig passt wirklich je zusammen doch
Manches für Momente ganz perfekt
Ineinander dass alles vergessen wird
Was Beziehung an Qualen stets heißt

Auch genügt allein schon die Idee
Von Liebe und Anziehung diese als
Vollkommenes Glück bald zu spüren
Nur noch dafür leben zu wollen

Es ist egal ob das alles Unsinn ist
Die Liebe keine Zukunft hat wenn
Sie uns verzaubert fliegen lässt wird
Ihre Gegenwart uns höchstes Glück

Ob Weihnachtswunder oder ferne
Orientalische Märchen ein Traum
Wird wirklich wo wir ihn leben als
Sei es einfach das aller normalste

Hans Castorp weiß ganz genau
Clawdia Chauchat wäre eine ganz
Unmögliche Partie in seinen auf
Tradition bedachten Kreisen wohl

Ob genau das ihn so fasziniert
Es die magische Ähnlichkeit doch
Mit seiner Jugendliebe Pribislaw ist
Weil auch von slawischem Geblüt

Denke ich an meine guten Partien
Lagen sie so fern wie nah was der
Je sexuellen Anziehung entsprach
Waren sie immer zu anstrengend

Zugemutet habe ich der Familie
Beides ohne Unterscheidung dabei
Weil verliebt blind für jede Realität
Zeitweise an unmögliches geglaubt

Wie schön ist es angesichts von Hans
Irreal unmöglichen Versuchen dabei
Im Wissen um den realen Vollzug wie
Den vermeintlichen Ausgang zu träumen

Von verlorenen Lieben so sehr wie
Vom überraschenden Glück was sich
Manchmal sogar wiederfindet auch
Wo es eigentlich nie wirklich passte

jens tuengerthal 4./5.11.24

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